Im Dorf

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Jenny PoV

Es ist jetzt drei Tage her seit der Prinz und seine Ritter hier waren. Flori und ich sitzen beim Mittagessen. Wir schweigen vor uns hin und hängen unseren Gedanken nach. Und die sind alles andere als positiv. Ich hatte am Tag der Abreise unserer hochgestellten Gäste entdeckt, dass Vater sich mit meinem Vorrat an getrockneten Stechapfelpflanzen beinahe vergiftet hat. Es hätte mir viel früher auffallen müssen. Aber ich hatte mir einfach keine weiteren Gedanken darüber gemacht, dass er sich nur in seinem Zimmer einschließt. Er hat die berauschende Wirkung der Pflanzen genutzt, um über seine Trauer um den Tod von Mama hinweg zu kommen und beim letzten Mal eine viel zu hohe Menge genommen. Ich benutze Stechapfel nur sehr selten bei meinen Salben und Tränken. Es wirkt berauschend und dient als leichtes Betäubungsmittel, wenn jemand sehr starke Schmerzen hat. Ich habe Flori davon erzählt und er hat mir Vorwürfe gemacht, dass ich diese Pflanzen nicht sicherer aufbewahrt habe. Wie konnte ich denn wissen, dass Vater die Wirkung kennt?

Ich räume gerade die benutzen Teller ab, als Flori das Schweigen endlich bricht „Ich habe gehört, dass zu Ehren des königlichen Besuches morgen ein großes Fest im Dorf statt findet. Es gibt Wettbewerbe und Ritterkämpfe." Ich horche auf. Der Prinz ist noch da? Sofort macht mein Herz wieder einen unkontrollierten Satz. Ich würde ihn so gerne noch einmal sehen. Das Problem ist nur, dass Frauen diese Kämpfe und Wettbewerbe nicht besuchen dürfen. Möglichst teilnahmslos frage ich ihn „Gehst du gucken?" Er nickt und hilft mir das Geschirr abzuwaschen mit dem Wasser, das ich dafür auf dem Herd erhitzt hatte. „Ja, ich gehe. Vielleicht sehe ich Ritter Maurice und Michael wieder. Sie sind so toll." Er seufzt und ich muss lächeln. Ich weiß, dass Flori schon seit er ganz klein ist davon träumt ein Ritter zu werden. Das wird natürlich nie der Fall sein, aber was wäre das Leben ohne einen Traum? Als ich mich an meine Träume der vergangenen Nächte erinnere, steigt mir wieder die wärmende Röte ins Gesicht. Ich hatte in jeder einzelnen Nacht nur vom Prinzen geträumt und einmal hat er mich sogar geküsst. Zum Glück bekommt mein Bruder nicht mit, dass ich gerade wieder knallrot anlaufe, sonst hätte er wieder nur neugierige Fragen gestellt.

Nachdem die Hausarbeit getan ist, ziehe ich mich in mein Zimmer zurück und blättere in meinem Buch. Aber ich kann mich nicht auf das Geschriebene konzentrieren, denn meine Gedanken sind wieder einmal nur bei dem schönen Prinzen mit den grünen Augen. Frustriert seufze ich und klappe das Buch zu. Diese Träume und Gedanken sind nervtötend. Ich kann nichts mehr machen ohne an ihn zu denken. Was ist das bloß? Klar, er sieht gut aus und ist auch sehr interessant. Aber verdammt noch mal er ist der Prinz und ich nur ein Bauernmädchen. Es ist so sinnlos mich in ihn zu verlieben, aber mein dummes Herz reagiert da leider nicht auf meine vernünftigen Gedanken. Nur ein einziges Mal möchte ich ihn wiedersehen. Nur wie?

„Das ist nicht dein Ernst. Vergiss es, ich nehme dich nicht mit." faucht mein Bruder mich wütend an. In der letzten Nacht ist mir die grandiose Idee gekommen, mich doch einfach wieder als Junge zu verkleiden. Dann könnte ich den Wettbewerben zu sehen und wenn ich ganz viel Glück habe, noch einmal den Prinzen aus der Entfernung sehen. Schmollend antworte ich „Man Flori, warum nicht? Das fällt eh niemanden auf. Es wird wahnsinnig viel los sein. Meinst du da achtet irgendjemand auf mich?" „Und was, wenn dich jemand anspricht? Dann merkt doch jeder sofort, dass du ein Mädchen bist." kontert er. Ich überlege kurz „Dann bleibe ich immer bei dir und du sagst, dass ich stumm bin. Ich bin ein Cousin, der mit seiner Familie auf der Durchreise ist." Genervt stöhnt er auf. Ihm fällt nichts mehr ein, was noch dagegen spricht und ich weiß auch, dass er mich eigentlich ganz gern dabei hätte. Grinsend stülpe ich mir die Kapuze über den Kopf und klettere hinter ihn auf unser braves Arbeitspferd. Zum Glück ist sie kräftig genug uns beide zu tragen bis ins Dorf ist es nämlich ein ganz gutes Stück. Flori lässt sie in einen zockeligen Trab fallen und es ist verdammt rutschig auf ihrem blanken Rücken. Ich klammere mich an meinen Bruder, der sich in ihrer langen Mähne hält und beide müssen wir lachen. Es ist endlich mal eine aufregende Abwechslung von unserem Alltag.

Vor der großen Mauer, die das Dorf vor feindlichen Angriffen schützen soll, lassen wir Tosca auf den Weiden frei. Es gibt hier viel Gras, da läuft sie garantiert nicht weg. Und schon schließen wir uns dem Strom der Männer an, die sich durch das einzige Tor in die Dorfmitte drängen. Ich halte meinen Kopf gesenkt, damit niemand merkt, dass ich ein Mädchen bin und erst als wir in einer etwas abgeschiedenen Gasse angekommen sind, schaue ich hoch auf die Burg. Sie ist majestätisch... und irgendwo da ist mein Prinz. Schon wieder steigt diese Wärme in mir auf und ich lasse meinen Blick schnell wieder auf den Boden sinken und folge Flori, der zielstrebig zum Dorfplatz läuft.

Hier drängen sich schon hunderte Männer und verfolgen den Schaukampf einiger Ritter. Flori stupst mich leicht an und ich wage es meinen Kopf etwas zu heben. Er flüstert „Schau. Da kämpft Maurice gegen einen der Männer vom Grafen." Der großgewachsene Ritter bewegt sich elegant und sicher finden seine Schwerthiebe ihr Ziel. Er ist sehr flink für seine Größe und schnell hat er den Kampf für sich entschieden. Wie können Männer eigentlich Gefallen daran haben, sich nur aus Spaß zu bekämpfen? Es ist brutal und geht immer mit Verletzungen einher. Aber das können sie mir wahrscheinlich selbst nicht genau erklären. Meine Augen wandern durch die Menge und auf einer Erhöhung in einem zu allen Seiten offenen Zelt erkenne ich unseren verhassten Grafen und neben ihm sitzt mit ausdrucksloser Miene: Prinz Manuel.

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Was ist euch lieber? Soll ich mit dem Upload warten oder einfach hochladen, wenn ich ein Kapitel fertig habe? 

Der Prinz und das Bauernmädchen | GLP | FreedomsquadWhere stories live. Discover now