Gefühlskalt?

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Jenny PoV

Ich habe die Wunde von Patrick ausgewaschen und verbunden. Und immer unter den aufmerksamen Blicken des Prinzen. Aber das stört mich nicht, denn ich weiß genau was ich mache. Trotzdem zucke ich leicht zusammen, als ich seine Stimme höre „Wohnst du mit deinem Bruder hier eigentlich allein? Das lässt der Graf zu?" Ich spanne mich an und muss mit aller Kraft einen dummen Spruch unterdrücken. Was denkt er sich eigentlich? Selbst wenn es so wäre, dass wir hier allein sind, der Graf kann mich mal kreuzweise. Mit leicht zusammen gebissen Zähnen murmele ich „Nein. Mein Vater ist auch hier. Aber seit dem Tod meiner Mutter..." Ich hatte noch nie mit einem Fremden darüber gesprochen und ich spüre jetzt einen dicken Kloß in meinem Hals und Tränen aufsteigen, aber ich beende den Satz mit heiserer Stimme „...Er schließt sich nur noch in seinem Zimmer ein." Patrick nimmt meine Hand und drückt sie leicht. Diese liebevolle Geste tut mir in diesem Moment wirklich gut. Der Prinz hingegen macht nur „Mhm.." und steht dann einfach auf und verlässt den Raum. Fassungslos schaue ich ihm hinterher. Er hatte mich nach meiner Familie gefragt und dann verschwindet er einfach ohne ein Wort des Mitgefühls. Wie kalt kann ein Mensch sein? Aber was habe ich erwartet? Ich kenne ja unseren Grafen. Ich denke alle Leute der „besseren" Gesellschaft sind einfach nur gefühllose Ungeheuer. Patrick sagt nur ruhig „Nimm es nicht persönlich, Jenny. Manu kann mit Gefühlen nicht gut umgehen. Er..." Aber er bricht abrupt seinen Satz ab. Neugierig sehe ich ihn an und er sieht schuldig drein „Entschuldige, aber ich sollte das eigentlich nicht erzählen." Ich lächle ihn an. Er ist so ein herzlicher lieber Mensch. Ich denke aber über seine Worte nach. Was meint er damit, dass der Prinz nicht mit Gefühlen umgehen kann? Jeder Mensch hat Gefühle. Man ist glücklich, traurig, wütend. Man kann es doch nicht einfach abstellen. Ich werde Pat aber nicht danach fragen, denn ich sehe, dass er sowieso schon ein schlechtes Gewissen hat, weil er mir schon zu viel gesagt hat. Ich frage ich, um auf ein anderes Thema zu lenken „Ist es erträglich oder hast du noch starke Schmerzen?" Tapfer schüttelt er den Kopf und grinst jetzt wieder breit „Schmerzen nicht, aber ich habe Hunger." Ich muss jetzt auch grinsen, seine fröhliche Art ist einfach ansteckend „Ich schaue mal, was ich für dich habe." Mit einem treuen Hundeblick strahlt er mich jetzt an. Man kann ihn einfach nur mögen. Warum dient er einem so herzlosen Herren und verteidigt ihn auch noch, als wäre er ein guter Freund?

Ich gehe nach draußen auf der Suche nach den beiden anderen Rittern. Sie hatten doch Wild dabei, vielleicht geben sie mir ja was für ihren Gefährten. Als ich zum Stall unserer Stute kommen, die uns bei der Arbeit auf dem Feld hilft, höre ich laute Männerstimmen. Dabei schnappe ich einiges ihrer Unterhaltung auf. „Maurice, du musst was essen. Ich brate jetzt etwas von dem Fleisch." Die andere Stimme hört sich verzweifelt an „Micha, du weißt doch, dass ich keine Tiere esse." Der ist mir auf jeden Fall sympathisch. Ich räuspere mich und als sie mich bemerken, sage ich „Euer Begleiter ist hungrig. Ich wollte euch um etwas von eurem Wild für ihn bitten. Ich habe auch reichlich Kartoffeln da. Bei dem Wort „Kartoffeln"beginnen die Augen des blonden Ritters zu leuchten und ohne einen Kommentar von seinem Freund abzuwarten, gibt er mir gleich alle ihrer gejagten Tiere. Ich danke ihnen und gehe zurück zum Haus. Ein wenig abseits an unserer Koppel kann ich den Prinzen sehen. Er steht da und streichelt Gedanken verloren unsere Stute Tosca, die die Aufmerksamkeit sichtlich genießt. Ich schüttele meine aufkommenden Fragen durch ein Kopfschütteln ab und mache mich daran das Wildbret vorzubereiten. Es kostet mich einiges an Überwindung den Kaninchen das Fell abzuziehen, aber im Laufe der Jahre hatte ich mich etwas daran gewöhnt. Trotzdem mache ich es immer noch sehr ungern.

Nach zwei Stunden ist das Essen fertig und ich bringe Patrick eine große Portion. Er braucht es schließlich am meisten, um wieder zu Kräften zu kommen. Angelockt vom Essensgeruch poltern auch die beiden Ritter mit meinem Bruder im Schlepptau ins Haus. Sie setzen sich an den Tisch und sehen mich erwartungsvoll an. Ich will gerade sagen, dass ich nicht dazu hier bin, um sie zu bedienen. Als in dem Moment die Türe wieder geöffnet wird und Prinz Manuel eintritt. Er wirft einen kurzen Blick in die Runde der am Tisch wartenden Männer und sagt dann streng „Wenn ihr Hunger habt, nehmt euch gefälligst selbst euer Essen. Jennifer ist nicht eure Dienstmagd." Sofort springen sie auf und nehmen mir Teller und Besteck ab. Ohne noch etwas zu sagen geht er in das Zimmer zu Patrick. Ich kann ihm nur sprachlos nachschauen.

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Noch ein kurzes Kapitel für euch. Bald geht es mit sehr viel Drama weiter ;)



Der Prinz und das Bauernmädchen | GLP | FreedomsquadOpowieści tętniące życiem. Odkryj je teraz