Auf Leben und Tod

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Jenny PoV

Ich drücke mich tiefer in die trockenen Blätter auf denen ich liege und meine graubraune Kleidung ist eine gute Tarnung. Nur das leise Rascheln der Blätter macht mich nervös, wenn mich dadurch jemand von den Kämpfenden bemerkt, ist das mein Todesurteil. Ich traue mich kaum zu atmen aber ich verfolge aufmerksam jede Bewegung der Männer vor mir. Es ist ein ungerechter Kampf, vier Gesetzlose gegen zwei Opfer, aber die Männer in den königlichen Gewändern wehren sich tapfer gegen ihre Angreifer. Aber sie werden keine Chance haben. Die Gesetzlosen sind brutal und sie haben nichts zu verlieren, außer ihr Leben. Und dieses Leben ist noch um ein Vielfaches erbärmlicher, als das eines Lehnbauern unseres Grafen. Sie leben das ganze Jahr im kalten gefährlichen Wald. Viele verhungern oder erfrieren, werden krank oder sterben durch die Wächter des Grafen, wenn sie unvorsichtig sind.

Durch einen Schmerzensschrei seines Begleiters wird der gut aussehende Fremde abgelenkt und dieser Bruchteil einer Sekunde reicht, dass ihn ein heftiger Schlag von einem der Räuber zu Boden streckt und sein Schwert fällt ihm aus der Hand. Sofort ist der andere Angreifer bei ihm und zieht ihn an den Haaren auf die Knie. Das selbstgefällige Lachen der gesetzlosen Unholde ertönt „Na endlich Kleiner. Du siehst zwar aus wie ein Weib, aber hast ordentlich gekämpft." Er umfasst das Kinn des Fremden und raunt anzüglich „Da fällt mir ein, ich hatte lange keine Frau mehr. Wie wäre es, wenn du mir etwas zu Diensten bist? Vielleicht lassen wir dir dann ja dein Leben? Wer weiß?" Ich schließe meine Augen und krampfhaft umklammern meine Finger meinen Bogen. Diese abartigen Schweine...

„Lieber sterbe ich." Die feste Stimme des Fremden, lässt mich wieder aufschauen. Seine Augen funkeln voller Stolz und Verachtung den dreckigen Mann vor ihm an und er lässt sich keinerlei Angst anmerken. Diese Augen hypnotisieren mich. 'Bitte Jenny, pass auf dich auf.' klingen die Worte meines Bruders in meinem Kopf. Ich habe es ihm versprochen... Ich darf mich nicht in Gefahr begeben... Schon gar nicht für einen Wildfremden...

Die Zeit scheint für einen kurzen Moment viel langsamer zu vergehen. Ich springe aus meinem sicheren Versteck und spanne meinen Bogen. Der zerlumpte Strauchdieb hat das Schwert seines Opfers genommen und die Klinge blitzt kurz auf, als er zum tödlichen Schlag ansetzt. Aber getroffen von meinem Pfeil erstarrt er in der Bewegung. Das nutzt der attraktive Fremde aus und rammt dem anderen Räuber, der ihn festhält, das Messer aus seinem Gürtel in den Bauch und beide sinken tödlich verletzt zu Boden.

Zitternd stehe ich da und schaue auf den jungen Mann, der schwer keuchend auf dem Boden kauert, als dieser plötzlich ruft „Achtung, hinter dir!" Blitzschnell habe ich einen neuen Pfeil und erwische meinen Angreifer gerade noch rechtzeitig. Er fällt mir röchelnd vor meine Füße. Das ist zu viel für mich und ich renne weg. Ich renne und renne bis ich endlich aus dem Wald heraus bin. Erst als ich den Waldrand erreicht habe, werde ich langsamer und spüre wie meine Beine unter mir nachgeben. Schluchzend sacke ich auf den staubigen Boden. Ich habe zwei Menschen getötet! Zwar hatte ich damit das Leben des reichen Reisenden und auch mein eigenes gerettet, aber trotzdem fühle ich mich absolut erbärmlich. Eine heftige Übelkeit steigt in mir auf und ich übergebe mich in das trockene Gras. Nur mühsam rappele ich mich auf und gehe zu dem Versteck und vergrabe meinen Bogen und den Köcher in dem nun zwei Pfeile fehlen. Wieder laufen mir Tränen über mein Gesicht, die ich schnell weg wische. Ich muss mich etwas beruhigen bevor ich nach Hause gehe, damit Vater oder Flori nichts bemerken. Einige Zeit bleibe ich noch vor dem Strauch knien und atme ein paar mal tief ein und aus. Immer wieder versuche ich mir einzureden, dass es das Richtige war.

Mit wackeligen Beinen gehe ich langsam zurück. Ich schlüpfe schnell ins Haus, damit mich niemand sieht und ziehe mir in meinem Zimmer wieder das verstaubte Kleid von heute Vormittag an. Am liebsten würde ich mich jetzt einfach in mein Bett legen und die letzten Stunden einfach vergessen, aber immer wieder verfolgt mich das Bild von den sterbenden Männern. Ich gehe also nach draußen um Wasser aus dem Brunnen zu holen, da höre ich galoppierende Pferde. Mein Bruder kommt ebenfalls aus der Scheune, um nachzusehen wer da ist. Und ich spüre, wie mir das Blut aus dem Gesicht weicht. Es sind die beiden jungen Männer aus dem Wald. Einer von ihnen hält sich nur noch mit letzter Kraft auf seinem Pferd. Geradewegs kommen sie zu uns herüber und der schöne Fremde, dem ich das Leben gerettet habe, ergreift das Wort „Mein tapferer Ritter wurde schwer verletzt. Habt ihr etwas Wasser und könnt ihr Hilfe für ihn holen?" Ich kann nichts weiter, als ihn anzustarren bis ich meinen Bruder eifrig reden höre „Bringt ihn ins Haus. Meine Schwester wird sich um ihn kümmern." 

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Neues Kapitel ^^ Und danke für die süßen Kommentare und Bewertungen <3

Der Prinz und das Bauernmädchen | GLP | FreedomsquadOnde histórias criam vida. Descubra agora