Kapitel 24 - Jessica

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Als ich am nächsten Morgen meine Augen öffnete, war es bereits hell. Das große Fenster lag in meinem Blickfeld und ich stellte mit Bedauern fest, dass es regnete. Bei so einem Wetter würde ich wahrscheinlich niemals die Motivation finden, dieses Bett zu verlassen. Ich lag an Tyler's warmen, nackten Körper. Mein Kopf ruhte auf seiner Brust, unsere Beine waren wirr verknotet. Gedankenverloren begann ich, mit meinem Finger kleine Kreise auf seinen von Tattoo's übersäten Oberkörper zu ziehen. Ich konnte nicht glauben, dass ich tatsächlich mit ihm geschlafen hatte. Mit diesem großen, muskelbepackten Mann, der gestern ganz genau gewusst hatte, was er mit mir anzustellen hatte. Kurz hintereinander von 2 so intensiven Orgasmen überrollt zu werden, ich glaube, das war bei mir noch nie vorgekommen.
„Was grübelst du?" fragte Tyler mit verschlafener Stimme.
„Gar nichts."
„Ich denke, du hast gerade an letzte Nacht gedacht. Deine Wangen sind rot."
Ich kicherte, vergrub mein Gesicht tiefer in seiner Brust. Tyler legte seine Hand an meinen Hinterkopf und strich über mein Haar. Nach einigen Augenblicken, lösten wir uns voneinander und legten uns beide seitlich hin, sodass wir dem Anderen in die Augen schauen konnten.
„Du hast unheimlich schön ausgesehen, als du gekommen bist."
Seine Aussage brachte mich in Verlegenheit und ich knabberte an meiner Lippe, was ich zuvor nie gemacht hatte. Tyler brachte augenscheinlich neue Seiten an mir zum Vorschein. Ich betrachtete sein Gesicht, streckte meine Hand aus und fuhr
mit meinem Finger ganz sanft die Narbe über seinem Wangenknochen nach.
„Stammt sie aus jener Nacht?" Die Frage verließ meinen Mund, ohne dass ich drüber nachdachte.
Tyler schluckte. „Ja."
Ich beugte mich vor, hauchte einen Kuss auf sie. Danach verteile ich einzelne Küsse über seine Wange, sein Kinn und schließlich küsste ich ihn auf den Mund. Tyler stieß ein tiefes Brummen aus und küsste mich zurück. Schnell wurde es innig, er rollte sich über mich, ohne den Kuss zu unterbrechen. Seine Hände wanderten an meine Brüste, kneteten sie. Ich konnte spüren wie hart Tyler war, mein Plus beschleunigte sich.
Dann klingelte sein Telefon.
Wir fuhren aus einander als hätten wir etwas Verbotenes getan. Tyler stand auf und nahm den Anruf mit zusammengebissenen Zähnen entgegen. Ich konnte sehen, wie sein Kiefer mahlte.
„Was ist?", pamte er den Anrufer an.
Er hörte sich an, was die Person am anderen Ende der Leitung zu sagen hatte und rieb sich dann seinen Hinterkopf.
„Nein, ich bin in Manhattan", ließ er den Anrufer wissen.
Ich verfolgte das Gespräch.
„Ich schick dir die Adresse. Und Hunter? Bring Kaffee mit." Mit diesem Satz beendete er das Telefonat.
Ohne mich eines Blickes zu würdigen ging Tyler ins Bad und kam danach mit seiner Boxershorts bekleidet wieder raus.
„Ich muss in die Bar. Geh duschen, wenn du willst. Hunter kommt einer halben Stunde und holt uns ab."
Er stellte sich ans Fenster und steckte sich eine Zigarette an, danach schaute er mir das erste Mal nach seinem Telefongespräch wieder in die Augen. Auf einmal fühlte ich mich nackt. Was daran lag, dass ich tatsächlich nackt war, aber jetzt fühlte ich mich unwohl dabei. Ich wollte mich vor seinen Blicken schützen, also nahm ich die Bettdecke, wickelte sie mir um, suchte meine Klamotten zusammen und verzog mich ins Badezimmer.
Was war gerade passiert? Ich versuchte mich zu sammeln und nicht die Nerven zu verlieren. Rasch ging ich duschen und zog mich danach an. Ich wusste nicht, ob Tyler ebenfalls noch duschen wollte, deshalb beeilte ich mich, das Bad schnell wieder frei zu machen.

Nachdem wir fertig waren, verließen wir das Zimmer und machten uns auf den Weg nach unten.
Im Fahrstuhl räusperte Tyler sich. „Hör mal zu, Jess, Hunter braucht nicht zu wissen, was heute Nacht passiert ist."
War es ihm etwa peinlich, war ich ihm peinlich?
Ich fühlte mich immer schlechter und nickte deshalb lediglich verständlich. Auch, wenn es mir alles andere als das war.

Draußen wartete am Straßenrand Hunter in seinem Auto auf uns. Es war derselbe Wagen, mit dem Tyler mich an meinem Geburtstag abgeholt hatte. Wir stiegen ein, Hunter begutachtete mich skeptisch, begrüßte mich aber dennoch freundlich. Er hatte uns 2 Becher Kaffee to Go mitgebracht, wofür ich ihm dankbar war. Tyler nahm auf dem Beifahrersitz Platz, ich hinten.
„Was haben wir für ein Problem?" erkundigte sich Tyler mit einem genervten Unterton bei Hunter.
„Auf die Party heute Abend zu kommen, wird leicht, aber ich habe bisher keine Begleitung gefunden. Mindy kann angeblich nicht und Avery, der Schnecke von letztens, traue ich nicht genug."
Tyler stieß geräuschvoll die Luft aus.
„Das ist deine Schuld Ty, Mindy hat nur abgesagt, weil du sie..."
„Hunter!" Tyler sprach bedrohlich den Namen seines Kumpels aus, so, als wollte er ihn davon abhalten, weiter zusprechen.
Ich wusste nicht, ob es sinnvoll war, jedoch brachte ich mich mit in ihr Gespräch ein.
„Kann ich euch vielleicht helfen?" fragte ich vorsichtig.
Tyler drehte sich nach hinten. „Du kannst überhaupt nichts tun. Halte dich da gefälligst raus." Die Härte in seiner Stimme machte mir Angst.
Jetzt meldete sich Hunter zu Wort.
„Alter, das ist doch gar keine schlechte Idee..." Tyler unterbrach ihn barsch.
„Sie wird bei der Sache nicht mitmachen. Ende der Diskussion", donnerte er.
Was hatte ich mir nur bei all dem gedacht? Heute Nacht hatte ich mich ihm hingegeben und jetzt ließ ich mich von ihm behandeln, wie eine Idiotin.
Und das war ich auch. Eine ziemlich Große sogar.

Nach einer Weile hatten wir schließlich Brooklyn erreicht und Hunter fuhr den Wagen auf direktem Wege zu meiner Wohnung. Seither hatte im Auto keiner mehr ein Wort gesagt und die Stimmung war gedrückt. Als wir hielten, musste Tyler aussteigen und seinen Sitz vorschieben, damit ich aussteigen konnte. Er reichte mir seine Hand, ich ergriff sie aber nicht. Ich sagte den beiden auf Wiedersehen und wollte mich gerade in Bewegung setzen, da legte Tyler seine Hand um mein Handgelenk. Mein Blick wanderte von seiner Hand, hinauf in sein Gesicht und wir starrten einander an. Keiner sagte etwas, obwohl es so viel zu sagen gab. Tyler strich sanft mit seinem Daumen über meinen Plus und ich schloss die Augen. Ich wollte ihn so gerne spüren.
„Es tut mir leid, Jess." Dann ließ er mich los und drehte sich um.

In meiner Wohnung angekommen, setzte ich mich auf meine Couch und genoss die Stille. Was war bloß in Tyler gefahren, mich so zu behandeln? Ich wollte nicht wahr haben, mich so in ihm getäuscht zu haben.
Es war bereits kurz nach 10:00 a.m., was hieß, dass ich in weniger, als einer Stunde bei der Arbeit sein musste. Schnell zog ich mir frische Klamotten über, richtete mir mein Haar und aß eine Kleinigkeit, bevor ich dann zum Bus lief.

In Café begrüßete mich eine Elena, die ich so nicht kannte.
Sie war blass, wirkte kraftlos und träge.
„Oh Gott, was ist denn mit dir los?" erkundigte ich mich bei meiner besten Freundin und umarmte sie fest.
„Hör bloß auf, ich glaub, ich hab mir was eingefangen. Seit heute Nacht ist mir wortwörtlich regelrecht zum kotzen."
Sie klang total erschöpf. Ich legte meine Hand an ihre Stirn, doch ich fühlte keine erhöhte Temperatur.
„Geh nach Hause und schlaf dich aus. Du wirst sehen, es wirkt Wunder." Ich lächelte ihr bestärkend zu.
„Keine Chance, Süße. Victoria hat vorhin angerufen und sich ebenfalls krank gemeldet. Sie hat angeblich Migräne."
Die Migräne die sie hatte, nannten andere Menschen Kater.
„Dann sollte sie vielleicht mal weniger saufen." Ich schüttelte ungläubig den Kopf, woraufhin Elena kicherte.
Ich ließ meinen Blick durch das Bistro schweifen, sah dann wieder Elena an.
„Es ist nicht viel los, ich bekomm das schon alleine hin. Bitte geh heim und ruh dich aus, okay?"
Nach einigen Widerworten stimmte sie schließlich zu und verließ kurz darauf das Café.

In meiner Pause beschloss ich Erin anzurufen, um irgendjemanden mein Leid zu klagen.
„Ich hab mit ihm geschlafen, Erin." Ich kam gleich zum Punkt.
„Mein Gott, endlich." Ich hörte sie am anderen Ende lachen.
Mir war leider überhaupt nicht zum Lachen, also schwieg ich.
„Was hat er angestellt?", fragte sie direkt, als sie bemerkte, dass ich traurig war.
„Er hat heute Morgen einen Anruf von diesem Hunter erhalten, danach war er wie ausgewechselt. Hat mich kaum noch beachtet und wenn er mit mir gesprochen hat, hat er mich angeschnauzt."
Erin seufzte. „Ich denke, es geht um den letzten Diebstahl, den sie planen, Jessi. Hunter hat mich heute Morgen ebenfalls angerufen und mich gebeten einzuspringen, doch ich habe angelehnt. Tyler ist angespannt, weil es Probleme gibt. Es zerrt mehr als sonst an seinen Nerven, weil er diesmal ebenfalls mit drin steckt."
Was hatte sie da gerade gesagt?
„Was meinst du damit?", fragte ich nach.
„Daxton will, dass Tyler das Ding gemeinsam mit Josh durchzieht. Das hat mir zumindest Gage erzählt. Josh bekommt alle Einzelheiten immer erst, wenn der genaue Plan steht."

Wir unterhielten uns noch eine Weile, Erin berichtete mir, was sie wusste und sprach mir Mut zu, danach legten wir auf.Ich bewunderte Erin dafür, immer das Gute in den Leuten zu sehen. Das war bei meinem Bruder so und bei Tyler war es genau das Gleiche. Was sie mir jedoch noch erzählt hatte, bereitete mir Sorgen. Sie hatte von Probleme gesprochen, genau, wie es Hunter heute Morgen im Auto ebenfalls getan hatte. Jetzt betraf die Sache nicht nur einen Menschen, der mir wichtig war, sondern gleich 2. Tyler würde doch nicht zulassen, dass sie sich in Gefahr brachten, oder?

LONGING FOR CHANGEWo Geschichten leben. Entdecke jetzt