Kapitel 21 - Tyler

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Erin und Joshua hatten die Reparatur tatsächlich zeitnah fertig gestellt. Der Hosenscheißer hatte uns den Wagen heute Morgen in Herrgottsfrühe ins Industriegebiet gefahren und ihn im Container geparkt. Jetzt wartete ich zusammen mit Hunter auf Rodriguez und seine Leute, die den Container abholten und noch heute auf hohe See schickten.
Nach einigen Minuten des Wartens, tauchten sie mit einem großen, schwarzen Laster auf und fingen dann an, unseren Container zu verladen. In der Zwischenzeit besprach ich mit Mr. Rodriguez die weitere Vorgehensweise. Er wollte von mir wissen, ob ich ihm schon ein Datum für die Verschiffung des 2. Container's geben konnte, doch ich verneinte. Ich sicherte ihm zu, den nächsten Coup mit unserer Gruppe zu bereden und mich anschließend bei ihm zu melden. Ich wollte gerade zu Hunter in seinen Wagen steigen, da hielt Rodriguez mich zurück.
„Ach, Tyler, hier ist die Rechnung der Ersatzteile. Binnen 14 Tagen zu bezahlen." Er reichte mir das Schriftstück.
Super und ich dachte, ich würde heute ausschließlich mit guten Neuigkeiten zu Daxton gehen. Ich nickte und steckte die Rechnung widerwillig ein.
In Hunter's Auto kurbelte ich das Fenster bei Beifahrerseite runter und zündete mir eine Kippe an.
Hunter sah zu mir rüber. „Sag mal, ich hab gestern Mindy getroffen. Was hast du denn mit der angestellt, dass sie so pissig auf dich ist?"
Ich schmunzelte leicht. „Ich hab' sie Freitag nach einem Blowjob einfach sitzen lassen"
Hunter prustete los. „War sie so schlecht?"
Ich nahm einen tiefen Zug, inhalierte den Rauch.
„Nein, ich hatte einfach keinen Bock sie zu vögeln."
„Auf das Risiko hin, dass du mir gleich meinen Unterkiefer brichst... Das hatte nicht zufällig etwas mit einer gewissen Blondine zu tun?"
Ich verengte die Augen, sagte jedoch nichts dazu.
„Jessica war Freitag in der Bar, ihr habt nicht miteinander gesprochen."
Ich belächelte seine vorsichtige Herangehensweise.
„Wir hatten Differenzen", meinte ich und warf die Kippe aus dem offenen Fenster.
„Konntet ihr sie überbrücken?"
Ich dachte an Jess, an unsere Gespräche. Rasend vor Eifersucht hatte ich ihr tatsächlich Beleidigungen an den Kopf geworfen, was ich in der Sekunde, nachdem ich ich sie ausgesprochen hatte, schon wieder bereute. Sie hatte so verletzt ausgesehen, ich konnte nichts anderes, als dieses schöne und bezaubernde Mädchen zu verletzen. Als sie losgerannt und vor das heranfahrende Auto gelaufen war, war kurzzeitig mein Herz stehen geblieben. Wäre ihr etwas passiert, hätte ich mir das nie, wirklich niemals in meinem ganzen Leben verzeihen können. Als mir das Bild vor Augen trat, wie wir dastanden, uns umarmt haben und einfach auf die beleuchtete Skyline von Manhattan gestarrt hatten, bekam ich ein komisches, warmes Gefühl uns Herz.
„Ich denke schon", war meine Antwort auf seine Frage.

Nachdem wir im Fort Hamilton's angekommen waren, suchten wir Dearing's Büro auf. Ich war nicht gerade scharf darauf, ihm die Rechnung zu übergeben, die ich von Rodriguez erhalten hatte, tat es aber dennoch.
„1085,50$ für 2 Ersatzteile?", spie mir der Boss entgegen, woraufhin ich mir ein Verdrehen der Augen unterdrücken musste.
Ich hatte die beschissenen Preise nicht gemacht.
„Dieser kleine Bastard wird mir jeden Penny zurückzahlen."
Das hatten wir doch schon mal.
„Von welchem Geld denn, Daxton?", spottete ich.
Dearing war mir einen scharfen Blick zu, als sich Hunter zu Wort gemeldete.
„Wir haben die Bilder der Überwachungskamera vom Parkhaus des Hotels. Sag ihm, er hat weiter zu deiner Verfügung zu stehen, bis du keinerlei Verwendung mehr für ihn hast, wenn er ablehnt, legst du ihm die Bilder auf den Tisch."
Daxton's kalte Augen begannen zu funkeln und ein widerliches Grinsen legte sich auf seine Lippen. Alles, was ich mich fragte war, was Jess davon halten würde, wenn sie das erfährt?

Am nächsten Tag trafen wir uns zur Besprechung des letzten Diebstahls. Wir saßen in einer Runde bestehend aus Daxton, Hunter, Gage und mir.
„Dann lass mal hören." Ich deutete auf Gage
„Und Gnade dir Gott, du übersiehst diesmal wieder relevante Details", fügte Daxton bissig hinzu.
Gage wirkte eingeschüchtert, fuhr sich mit der Hand über den Hinterkopf und fing dann an, seine Unterlagen auf dem Tisch auszubreiten.
„Die letzten beiden Wägen auf unserer Liste, gehören Monica und Kurt Turner. Er 63 Jahre alt, sie 56 Jahre alt, seit 36 Jahren verheiratet. Sie wohnen in einer großen Stadtvilla in Brooklyn, mit anliegender Garage. Sicherheitssysteme veraltet." Er blickte in die Runde und wartete auf Fragen.
„Wie kommen wir rein?", warf Daxton ein.
„Die Beiden veranstalten nächsten Samstag ihre alljährlich Halloween Party, wir schleusen jemanden ein, der sich dann im Haus umsehen und gegebenenfalls Vorkehrungen treffen kann."
Nachdem Gage ausgesprochen hatte, zeigte ich auf Hunter und erteile Anweisung.
„Ich will, dass du dir eine Einladung zu dieser Party besorgst und nimm ein Mädchen mit, um nicht aufzufallen."
„Alles klar, Ty."
Daxton räusperte sich, alle Blicke glitten zu ihm.
„Der Kleine kann nicht beide Karren auf einmal da rausholen."
Ich wusste, auf was der Boss hinaus wollte, wartete aber ab, was er noch zu sagen hatte.
„Wir brauchen einen 2. Fahrer." Jetzt sah er mir direkt in die Augen. „Tyler, ich will, dass du das machst."
Mir gefiel der Gedanke nicht, trotzdem biss ich die Zähne zusammen und nickte. Ich würde nicht immer drumherum kommen, mir selber die Hände schmutzig zu machen. Ich war nun mal nicht Daxton Dearing, der die Drecksarbeit stets auf die anderen schieben konnte.

Wir lösten die Runde auf, Daxton fuhr zu einem Außentermin und auch Hunter machte sich auf dem Weg. Ich blieb mit Gage in der Bar zurück, der sich merkwürdig verhielt und langsam auf mich zukam. „Sag mal Tyler, kann es sein, dass Erin lesbisch ist?"
Ich konnte mir ein Lachen nicht verkneifen.
„Sag bloß, dass hast du jetzt erst bemerkt?", fragte ich ihn und schlug ihm auf die Schulter, woraufhin er mir einen Text von Erin auf seinem Handy zeigte.

Erin:
Liebster Gage,
du fragst dich sicher, wieso ich dich bisher mied'. Nun, die Antworte ich diese: Ich steh' nicht auf dein Glied. Willst du wissen, wieso ich nicht mit dir tanz'? Ganz einfach, ich stehe nicht auf deinen Schwanz. Ich erzähle dir jetzt etwas, dass bereits jeder wissen müsste: Ich stehe ausschließlich auf Brüste.

Ich glaube, ich hatte noch nie so laut und lange über etwas gelacht. Erin war der Hammer.

Am darauffolgenden Tag, machte ich eine kleine Spritztour zur Roberta's Café. Ich hatte Jess nicht Bescheid gegeben und freute mich jetzt schon über ihr zugleich erstauntes und erfreutes Gesicht. Genauso, wie sie ausgesehen hatte, als ich mit Erin letztens vorbeigeschaut hatte.
Ich stellte meine Hübsche vor dem Bistro ab und betrat den Laden. Ich ließ den Blick schweifen, entdeckte Jess jedoch nicht. Dafür sah ich Elena, Jess' beste Freundin, die auf mich zukam.
„Hi. Jessi kommt erst heute Nachmittag."
Ich war tatsächlich etwas enttäuscht, ließ es mir aber nicht anmerken. Ich war selber schuld, ich hätte sie anrufen und fragen sollen, wann ihre Schicht begann.
Ich strich mir durchs Haar. „Nicht so schlimm. Kannst du mir einen Gefallen tun?"
Sie hob die rechte Braue, schien neugierig zu sein, was ich von ihr wollte. „Kommt drauf an. Ich klaue keine Autos für dich."
Ich lachte trocken auf, schüttelte leicht den Kopf. Ich konnte nachvollziehen, wieso Jess das Mädel so mochte.
„Kannst du dafür sorgen, dass Jess am Freitag frei bekommt?"
Sie grinste mich an. „Das ließe sich durchaus einrichten. Was kannst du mir denn im Gegenzug anbieten?"
Ein Mädel, das was vom Verhandeln verstand, das gefiel mir.
„Jeder, selbst der Penner aus der letzten Ecke Brooklyns, kennt eure Brownie's. Ich komme wohl nicht drumrum, selber mal einen zu probieren, damit ich endlich mitreden kann. Verkauf mir einen und dein Trinkgeld wird saftig, das verspreche ich dir."
„Zum Mitnehmen oder hier essen?"
Ich gab ihr Antwort, woraufhin sie um die Theke herum lief und mir einen der Schokoladen Brownie's einpackte. Ich legte ihr ein paar Scheine hin, sie nahm sich jedoch nur das Geld für den Brownie und 1 Dollar Trinkgeld.
„Ich mache das gerne, Tyler. Aber bitte versprich mir, gut zu ihr zu sein, in Ordnung? Ich weiß nicht, inwieweit deine Synapsen verdrahtet sind, bei den meisten deiner Artgenossen, nicht allzu weit, aber sie mag dich. Nutz' das bitte nicht aus."
Hatte sie uns Männer gerade als dumm bezeichnet? Ich konnte drauf scheißen, denn 3 ganze andere Worte hatten mein Interesse geweckt. Mir war klar gewesen, welche Wirkung ich auf Jess hatte, sie fühlte sich zu mir hingezogen. Mir ging es ähnlich, auch wenn die ganze Sache neu für mich war. Ich hatte mir in meinem Leben noch nie so einen Kopf um eine Frau gemacht. Normalerweise musste ich bloß überlegen, wie ich eine Frau in mein Bett bekam und sie am Morgen danach wieder loswurde. Bei Jess ging es mir aus irgendeinem Grund nicht um den Sex. Natürlich habe ich mir mehr als nur ein Mal ausgemalt, wie es wäre, sie zu nehmen, wie sich ihr Körper unter meinem an fühlen würde. Aber es ging mir nicht darum, sie rum zu kriegen. Worum es mir überhaupt bei ihr ging, musste ich erst noch herausfinden.
„Ich habe nicht vor, ihr weh zu tun" erwiderte ich und drehte mich zum Gehen um.
Kurz vor der Tür blieb ich stehen.
„Ich bin nie hier gewesen. Und... danke."
Sie zwinkerte mir zu und winkte zum Abschied.

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