Kapitel 18 - Jessica

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Seit Anfang der Woche hatten wir eine neue Aushilfe im Café. Ihr Name war Victoria. Ich konnte kaum im Worte fassen, wie scheiße ich das Mädel fand. Sie kam bisher jeden Tag zu spät zu ihrer Schicht, sie hatte weder Lust zu arbeiten, noch einen Plan vom Kellnern. Die meinste Zeit tippte sie Nachrichten auf ihrem Handy, machte Raucherpausen oder flirtete mit den Studenten, die oftmals vor oder nach der Uni vorbei kamen. Uns die Arbeit zu erleichtern, weshalb Roberta sie eingestellt hatte, tat sie nicht, sie erschwerte sie nur. Man konnte nicht leugnen, dass sie hübsch war. Sie hatte schöne, schulterlange Haare in einem dunklen Braunton, der manchmal fast schwarz wirkte, helle Haut und eine tolle Figur. Sie war verdammt nochmal Schneewittchen, hatte aber den Charakter der alten Hexe und anstatt vergifteter Äpfel verkaufte sie dir Kaffee und Bagels.

Ich hatte gerade einen Haufen Tische leer geräumt und abgewischt, da vibrierte mein Handy in der Hosentasche. Eine Nachricht von einer unbekannten Nummer.

Unbekannt:
Bist du heute im Café?

Jessica:
Wer bist du?

Unbekannt:
Gib mir einfach eine Antwort auf die Frage, Blondie. ;)

Jessica:
Nenn mich nicht so.

Tyler:
Bist du da oder nicht?

Jessica:
Ja.

Danach kamen keine weiteren Nachrichten. Ich fragte mich, woher er meine Nummer hatte und vor allem wieso er wissen wollte, ob ich heute arbeitete? Bei dem Gedanken daran, er würde vorbei kommen und mich besuchen kribbelte es in meinem Bauch. Ich konnte nichts dagegen tun, selbst wenn ich wollte. Ich versuchte, gegen die aufkommenden Gefühle in mir anzukämpfen, ich wollte nicht verletzt werden, aber seit dem Kuss, konnte ich an kaum etwas anderes denken, als an Tyler. Wir waren nicht dazu bestimmt, uns näher zu kommen, dass wusste er und ich wusste es auch, ich brauchte nur länger, um es zu akzeptieren.

„Hey, hilf uns mal lieber, anstatt in der Gegend rum zu stehen und Löcher in die Luft zu gucken."
Diese Aussage, wie sollte es anders sein, kam von meiner lieben Kollegin Victoria. Ich warf ihr einen scharfen Blick zu und ging weiter meiner Arbeit nach.

1 oder 2 Stunden später, ich war gerade dabei die Bestellung eines Tisches aufzunehmen, ertönte die Glocke, an der Eingangstür. Als ich den Blick von meinem Schreibblock löste und aufsah, stand Tyler im Raum. Und er war nicht alleine.
„Hey, was macht ihr denn hier?" Man konnte die Freude in meiner Stimme nicht überhören.
„Dachte, wir kommen mal auf einen Happen vorbei. Mir war so, als wolltest du da noch was erledigen." Tyler grinste schief.
Er hatte es nicht vergessen. Ich lief auf die beiden zu, umarmte erst Erin, dann Tyler.
„Wie geht's dir, hast du noch Schmerzen?" , fragte ich sie.
„Ach, alles halb so wild. Wir Blondinen treffen nicht nur unkluge Entscheidungen, sondern sind auch noch hart im Nehmen, oder?" Sie schmunzelte.
Jemand hatte ihr wohl berichtet, was dieses Arschloch Dearing über sie und mich zu sagen gehabt hatte.
„Ich geh mal eine Rauchen." Tyler wollte uns genug Raum zum Reden geben.
Ich formte ein tonloses „Danke" mit meinen Lippen. Er zwinkerte mir zu und ging dann vor die Tür. Erin suchte sich einen Tisch am Fenster aus, ließ sich auf den Stuhl sinken.
Ich gab in der Zwischenzeit rasch die Bestellung in die Küche, holte eine Karaffe mit stillem Wasser, die wir allen Kunden auf den Tisch stellten, und nahm dann ebenfalls an ihrem Tisch Platz.
Josh hatte mir bereits erzählt, dass er und Erin zusammen an der Reparatur des Cadillacs arbeiten würden, was sie ausschließlich tat, um Josh damit zu helfen und nicht, um Daxton Dearing zufrieden zu stellen.
„Ich muss mich vielmals bei dir bedanken, Erin. Du hast dich so schützend vor meinen Bruder gestellt, hast in Kauf genommen, verletzt zu werden. Es gibt nicht viele Menschen, die so gehandelt hätten."
Sie lächelte mich an. „Weißt du, ich mag Josh, er ist ein guter Junge, auch wenn er momentan in Schwierigkeiten steckt und das ein oder andere Problem an der Backe hat. Er erinnert mich an meinen kleinen Bruder."
Die Art, wie sie das sagte, rührte mich und mir fiel der traurige Unterton in ihrer Stimme auf.
„Ihr steht euch nicht sehr nahe?" erlaubte ich mir, sie einfach zu fragen.
„Leider nicht, er lebt zusammen mit meiner Mutter und ihrem neuen Mann an der Westküste."
Kurz darauf kam Tyler zurück ins Café und setze sich zu uns. Da ich sowieso dringend weiter arbeiten musste, bevor die Bagel verkaufende Hexe mich wieder dumm von der Seite anmachten konnte, erhob ich mich und fragte die Beiden, was sie essen wollten.
Nachdem ich ihnen die Bestellungen serviert hatte, wurde es im Bistro voller und ich hatte keine Zeit mehr, mich nebenher, an ihren Tisch zu stellen und zu quatschen.

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