Prioritäten

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Ich öffnete meine Augen. Das erste, was mich beruhigte war, dass ich endlich aus diesem Alptraum raus war. Dass ich das alles hinter mir lassen konnte und wusste, dass das alles nicht wahr war. Nichts davon. Irgendwie.

Und damit kam auch gleichzeitig die Trauer. Die Trauer, die noch einmal unterstrich, dass ich meinen Vater nie wieder sehen würde und dass das alles nur eine billige Einbildung meines Kopfes war. Der Teil meines Körpers, der mich in den Wahnsinn trieb. Sofort fing ich an zu weinen. Ich weinte, weil ich nicht mehr damit leben konnte, diese enorme Aufmerksamkeit von allen zu bekommen. Diesen enormen Aufwand, den alle für mich betreiben mussten, konnte ich mir nicht weiter mit ansehen.

Aber wenn ich gehen würde, würde ich dann nicht einen Teil meines Lebens im Stich lassen? Würde ich mich dann nicht irgendwie selbst betrügen? 

"Finn?" Fragte ich leise. So langsam schärften sich die Gesichter über mir und ich vernahm nicht die liebliche Stimmes meines Freundes. Wieder schniefte ich. Hatte keine Kraft mehr, um zu weinen.

Das nächste, was ich wahrnahm war, dass ich nicht im Krankenhaus war, was mich mehr als nur ein wenig freute, denn das war echt das letzte, das ich brauchte.

"Alles okay?" MüWo, der mich sehr besorgt ansah, hätte mich sicher am liebsten für immer in diesem sterilem Gebäude gelassen. Dort, wo ich hingehörte: das Kranke Mädchen, mit den von Eis verbrannten Händen und dem kaputten Kopf.

"Alles bestens." Knurrte ich unfreundlicher, als ich Knurren wollte und stand sofort auf. Das tat ich so ruckartig, dass mir direkt wieder schwindelig wurde und ich mich direkt weder hätte setzen können. Aber ich wollte hier weg. Weg aus dem Tumult und erstmal an die frische Luft.

Ich schnappte mir mein Handy, ging auf mein Zimmer, setzte mich auf mein Bett, als wäre nichts gewesen und wählte die Nummer des Blonden. Er musste rangehen. Ich betete dafür, aber es nahm nur die Mailbox ab. Ich atmete einmal laut ein und laut aus. Es war sicher nichts mit ihm. Ich würde einfach nach Deutschland fliegen und nach ihm sehen.

"Wo willst du hin?" Ich erschreckte mich fast zu Tode, als Mario in der Zimmertür stand und mich argwöhnisch dabei musterte, wie ich in einen Nikerucksack die wichtigsten Dinge packte.

"Seit wann interessierst du dich für jemanden wie mich?" Fragte ich ihn leicht angefressen, weil ich echt keine Kraft dafür hatte, unüberlegt irgendetwas zu sagen.

"Seitdem jemand wie du auf einmal ohnmächtig vor mir lag." Das du betonte er einmal besonders. Er verschränkte provokant die Arme vor der Brust und sah mich schief an. "MüWo hat gesagt-"

"Ich bin vierundzwanzig." Grummelte ich und warf weitere Sachen in den Rucksack.

"Das habe ich auch ihr infrage gestellt." Murmelte Mario und zog eine Augenbraue nach oben.

"Was willst du dann von mir?" Fragend sah ich ihn an, präsentierte ihm ebenfalls meine nach oben gezogene Augenbraue und musterte ihn streng.

"Ich komme mit nach Deutschland." Entspannt zuckte er die Schultern und ließ Felix an sich vorbei huschen, der mir in die Arme fiel und mich fest drückte.

"Ich hatte so Angst um dich!" Sagte der junge Blonde und schniefte in meinen Pullover.

"Es ist doch nichts passiert, Kleiner." Murmelte ich leise und sah ihn lächelnd an. "Nur ein wenig der Kreislauf, weißt du?" Wieder sah ich ihn lächelnd an. Er nickte aber nur stumm und drehte sich dann zu Mario.

"Und du willst mit, ja?" Weniger begeistert sah der Jüngere seinen Bruder an. Scheinbar hatten sie sich immernoch nicht vertragen und scheinbar hatten beide etwas vor.

"Moment." Grummelte ich und sah die beiden fragend an. "Erstens. Was plant ihr? Zweitens, morgen spielt ihr, Mario! Du kannst hier nicht weg." Entgeistert sag ich Mario an, der abwinkte.

"Man muss Prioritäten setzen." Sagte er ruhig. "Und meine beste Freundin ist nunmal meine Oberstepriorität."

•••

MONDAY PARTY

WHOOOOO! MOTIVATION WHERE ARE YOU?

Oh man, ich hab die Englischklausur tatsächlich überlebt! Dass ich soetwas noch einmal erlebe. Und Freunde, ich hab ein echt gutes Gefühl! (Besser als in Mathe und Deutsch, was eigentlich auch nicht schwer ist.)

Was werdet ihr an einem so wunderschönen Montag Vorabend erleben?

Ich werde mich jetzt an Geschichte setzten. Dann an Pb, Deutsch, Bio und NaWi. Super Woche, nicht?

Schönen Montag noch! Und denkt dran: Totgesprochene Leben länger, also lästert nicht so viel!

Es könnte UNS geben, doch es gibt SIE.Where stories live. Discover now