Kapitel 30

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Manu war den gesamten Nachmittag still neben Alec hergeritten. Sie hatten beide nichts gesagt, das war auch nicht nötig gewesen, es hatte Manu gereicht zu wissen, dass er nicht alleine war. Das gleichmäßige klappern der Hufe hatte ihn schläfrig gemacht und so hatte er kaum Gedanken an Patrick verschwendet. Dieser war mit hängenden Schultern und gesenktem Kopf hinter ihnen hergeritten, mit einem riesigen Abstand, darauf bedacht, ihnen nicht zu nahe zu kommen. Irgendwann waren sie dann bei einem verkrüppelten Baum stehen geblieben, abgesessen und hatten ihre Pferde abgesattelt und zum grasen geschickt.
Hank hatte Feuer gemacht und Guss röstete nun Bohnen und Kartoffeln für sie.
Auch Patrick war angekommen, hielt aber weiter hin respektvollen Abstand. Dennoch lies er Flaming Star zu den anderen laufen.
Und dieses mal konnte Manu ihn nicht mehr aus seinen Gedanken verdrängt, wie er dort alleine saß, die Schultern hängen lies und seine Beine umarmte. Er spürte Patricks Blick auf sich ruhen und drehte ihm den Rücken zu. Gerne wäre er zu ihm gegangen und hätte ihn umarmt, doch er zwang sich dazu, sitzen zu bleiben. Die Sonne ging eindrucksvoll unter und Manu fröstelte in der einsetzenden Dunkelheit. Wie hatte er das nur eine ganze Nacht lang ausgehalten?
Ein grinsender Frank reichte ihm die Hand und zog ihn hoch, um ihn an das Feuer zu bringen. Dort drückte er ihm einen Plastikteller und eine Gabel in die Hände. Munter begannen die Cowboys zu essen und zu schwatzen. Hank erzählte alte Geschichten und zwischen Frank und Guss eingequetscht wurde Manu auch schnell wieder warm.
,,Was ist mit Patrick?" Er biss dich auf die Zunge. Er hatte die Frage nicht stellen wollen.
,,Was soll mit ihm sein?" Verwundert sah Alec ihn an.
,,Kriegt er nichts zu essen?" Es war Manu so peinlich, dass er die Hitze in seinen Wangen spürte.
,,Nö. Wenn er wirklich Hunger hätte, würde er sich überwinden und herkommen. Das was der da durchzieht ist Show, er weiß, dass er sich was zu essen holen darf." Manu war sich nicht sicher, ob die Cowboys Patricks Verhalten richtig deuteten, aber er hielt seinen Mund und aß weiter seine Böhmen und Kartoffeln.

Müde und erschöpft kroch Manu als es schon dunkel war in seinen Schlafsack und rollte sich da zusammen. Er hörte das ruhige Atmen der anderen Cowboys und das schnauben der Pferde.
Langsam ging ihm die Luft aus und so streckte er den Kopf wieder aus der Wärme in die kühle frische außerhalb seines Schlafsackes. Er konnte die zusammengekrümmte gestalt Patricks auf dem Boden etwa 20 Meter entfernt sehen, ohne Schlafsack, ohne Decke. Ob er wohl froh?
Er spitzte die Ohren und lauschte mit angehaltenem Atem in die Stille, um das leise schluchzen zu hören, welches von Patrick aus ging. Mitleid stieg in ihm auf, doch er kämpfte es mit aller Macht nieder und drehte sich weg. Vielleicht hatten die Cowboys ja Recht, dass Patrick nur ne Show abzog. Doch er wusste, dass das nicht stimmte.

Es war schon tief in der Nacht, als Manu aufwachte, weil ihm die Blase drückte. Er schälte sich aus seinem Schlafsack und die Kälte traf ihn, kein Wunder, es waren den ganzen Tag schon keine Wolken am Himmel gewesen. Er ging einige Schritte weg von den schlafenden Cowboy und erleichterte sich an einem kleinen Busch.
Dann drehte er sich um und sah zu Patrick.
Er lag noch genau so da, wie er gelegen hatte, als Manu eingeschlafen war. Die breiten Schultern bebten nicht mehr, und auch das Schluchzen war verstummt, doch der Körper zitterte immer noch, vermutlich vor Kälte. Warum musste es auch ausgerechnet in dieser Nacht so kalt sein?
Vorsichtig lief er zu seinem Schlafsack und holte seine Decke. Er würde auch ohne die Decke nicht frieren.
Dann schlich er zurück zu Patrick und legte vorsichtig die dünne Decke über den zitternden, der glücklicher Weise nicht aufwachte.
Natürlich nicht, schoss es ihm durch den Kopf. Er kannte niemand, der einen tieferen und festeren Schlaf hatte als Palle. Dieses Wissen verleitete ihn auch dazu, sich an Patricks Rücken nieder zu lassen, sich gegen ihn zu lehren und ihm vorsichtig durch die flauschigen Haare zu kraulen. Er wollte ihn hassen. Er wollte ihm zeigen, dass er ihm genausowenig bedeutete, wie Manu anscheinend Patrick, doch das konnte er nicht. Alec hatte Recht gehabt. Patrick bedeutete ihm verdammt viel. Er konnte ihn nicht hassen. Aber er konnte ihm gegenüber so tun. Und den Cowboys gegenüber konnte er es auch probieren.
Er stand wieder auf und ging traurig zurück zu seinem Schlafsack.

Das Leben ist kein Ponyhof ~ KürbistumorWhere stories live. Discover now