Im Himmel

Kapitel 25, Im Himmel

Alton wachte um etwa fünf Uhr morgens auf. Er rollte sich hin und her im Bett aber konnte aus unerklärlichen Gründen nicht wieder einnicken. Er schaute auf sein Handy. Eine Nachricht von Clara?! Hastig öffnete er sie. Eine sprachmemo...

Hallo Alton. Ihre Stimme War schwach und müde. Ich denke, du bist es wert die Wahrheit zu erfahren. Irgendwer muss es wissen. Meine Geschichte kennst du schon. Ich habe eine interessante Vergangenheit, oder? In letzter Zeit ist echt viel passiert. Und, du wusstest nichts davon. Ich hab Kay getroffen. Und, ich war mit ihm Feiern. Ich hab Drogen genommen. Und das erste Mal war alles schön, ehrlich. Ich hatte so viel Spaß. Und mein erstes Mal hatte ich auch. Aber... Danach... Wurde ich vergewaltigt. Ich wollte es nicht. Ihre Stimme zitterte. Ich verstehe es einfach nicht... Wieso ich... Mir ist so schlecht, Alton, das glaubst du nicht... Aber du kannst mir nicht helfen. Niemand kann mir helfen. Ich bin allein. Ich wollte nicht schön sein, beliebt sein, so sein wie alle... Ich wollte einfach... Ich selbst sein. Ich wollte glücklich sein. Aber das wollte die Welt nicht für mich. Es tut mir leid. Ich hätte mein erstes mal gerne mit dir gehabt. Ich wäre gern echt mit dir zusammen gewesen. Es tut mir leid. Ich habe dich geliebt. Er konnte sie immer schwerer atmen hören. Etwas war falsch. Alton sprang auf und zog sich schnell was über nur um zu ihrem Haus zu Rasen. Im Auto hörte er ihre Nachricht weiter. Claire sprach langsam und mit Pausen, man konnte sie kaum verstehen. Ich wollte... Ich.... Ich bin so müde. Von allem... Ich habe es so lange versucht... So lange... Durchgezogen... Aber es wurde nur schlimmer... Ich habe etwas Geld gemacht als ich das Haus verkauft habe. Nimm es bitte. Bald bleibt mein Herz stehen... Dann wird alles zu Ende sein... Wir sehen uns Alton... Wir sehen uns... Im Himmel.
Altons Augen weiteten sich. Er wollte dem was er hörte nicht glauben. Ist es das wofür er es hielt?



Momente später klopfte er wie wild an der Tür doch es wurde nicht aufgemacht. Alton wurde überfüllt von Emotionen. Er hatte Angst, panische Angst. Der Mann rannte zum nächsten Fenster und brach ein. Ihn hatten bestimmt schon Nachbarn bemerkt doch das war scheiß egal. Nun stand er schon in der Küche, auf dem Fußboden waren Haarfetzen, IHRE Haarfetzen. "Clara?! CLARA?!", Alton brüllte ihren Namen. Keine Antwort. Er rannte durch alle Zimmer bis er letztendlich in dem Alten Zimmer von Frau Hermann ankam. Die Tür wurde Aufgeschmissen und der verzweifelte Mann platzte herein. Da lag sie! Auf dem Boden! Alton schmiss sich auf die Knie neben sie und nahm sie in seine Arme. Ihr Körper war eiskalt. Neben ihr eine Flasche Vodka und drei Packungen schlaftabletten. Alles leer. "Clara...", flüsterte er. Seine Stimme war komplett verschwunden. Tränen kämpfen sich aus seinen Augen. "Clara Clara Clara..." Er zitterte am ganzen Körper. "Was hast du nur getan mein Schatz...", er drückte sie fest an sich. Weinte. Draußen hörte man besorgte Nachbarn. Alton rief den Krankenwagen. Er hielt sie. Den seelenlosen toten Körper. Und heulte sich das Herz leer. Es fühlte sich an als würde jemand seinen Brustkorb zusammendrücken. Clara war nicht mehr da. Alles weitere schien wie hinter einem Schleier zu geschehen. Der Rettungsdienst, die Fragen... Doch es war zu spät. Claire White ist einfach verschwunden, als wäre sie nie da gewesen...
Sie ist gegangen und hat nichts da gelassen außer ein gebrochenes Herz. Sie war nur ein Gedanke, ein Moment, ein winziges Stäubchen in dem Ozean der Menschheit, dem unendlichen Raum der Zeit, und doch war sie... Wichtig. Ein kleines, geflüstertes, unerhörtes Wort. So wundervoll in sich. Nach ihrem Tod ist eine gesamte kleine Welt zerfallen. Die Leute die sie kannten packten sie ein in einen Karton auf dem hintersten Regal in ihren Erinnerungen, und ihre Wirkung wird kaum merklich sein. Doch vielleicht werden diese Menschen ihre Kinder ein bisschen anders erziehen. Vielleicht werden sie etwas mehr Gefühl für das Leben haben. Und vielleicht erinnert sich der eine oder andere an sie und besucht ganz selten mal ihr Grabmal.

Was wurde aus den restlichen Charakteren dieser Geschichte? Die Mädels verloren nach der schule kontakt. Es ist gut möglich dass sie irgendwann wenn sie etwa 30 sind zurückdenken an die Geschehnisse mit diesem sonderbaren Mädchen und ihr Handeln überdenken. Sarah verdammt sich bis zum Ende ihres Lebens für ihre Taten. Kay trauerte eine ganze Weile lang. Er hörte auf Drogen zu nehmen und wurde nach dem Studium zum ausgezeichnetem Psychologen und ist glücklich in seiner Familie mit fünf Kindern. Und Alton? Er verkaufte alles was er hatte und zog an die Nordsee. Dort eröffnete er mit seinem Bruder ein Kino. Besonders liebte er die Kindergeburtstage und die Freilichtshows in den Sommernächten. In seinem Herz lebte Clara auf ewig. Und immer wenn er auf zu den Sternen sah konnte er sich kristallklar an ihre Augen erinnern. Dort, im unendlichen Kosmos, lebte sie. Das irdische Leben war einfach nicht für sie, und sie ist dorthin gegangen wo sie hingehört. Ihre sanfte Stimme klang immer noch in Altons Kopf.

Wir sehen uns im Himmel.