Passage 30

1.6K 90 6
                                    

Im Laufe des Tages holen mich die Erinnerungen an den Streit mit Jess letzte Nacht wieder ein

Hoppla! Dieses Bild entspricht nicht unseren inhaltlichen Richtlinien. Um mit dem Veröffentlichen fortfahren zu können, entferne es bitte oder lade ein anderes Bild hoch.

Im Laufe des Tages holen mich die Erinnerungen an den Streit mit Jess letzte Nacht wieder ein. Obwohl ich mich dagegen wehre, werde ich wütend und fühle mich gleichermaßen verletzt.
Hardin, der mir mit einer Tasse Kaffee gegenüber sitzt, bemerkt meine traurige Stimmung sofort und versucht mich abzulenken.

"Hast du Lust heute einen Film zu schauen? Ich habe gelesen, dass etwas im Open Air Kino läuft. Das wird dann auch nicht so spät."

Die Idee ist prima.

"Was läuft denn?", frage ich begeistert.

"Chelsea Girls"

Ich schaue ihn nur fragend an, da mir der Titel so gar nichts sagt.

"Ein Klassiker. Ich glaube aus 1966", erklärt er.

"Um was geht es denn?", möchte ich wissen.

"Um die Bewohner des Chelsea Hotels in New York. Das war eine Künstler Absteige. Gewalt, Drogen, Nazismus war da an der Tagesordnung. Ist echt cool gemacht. Wird dir bestimmt gefallen."

Wieder bewundere ich seine Leidenschaft für diese alten Filme und ich bin schon sehr gespannt.

Die Vorstellung ist allerdings anders, als ich es mir vorgestellt hatte. Der Film zeigt die Abgründe des Lebens in der Metropole. Es wird Kokain konsumiert, sich beleidigt und terrorisiert. Die Leinwand ist zweigeteilt und die Handlungen laufen parallel. Hardin erzählte mir, dass früher wohl Aufführungen von der Polizei wegen Verbreitung obszönen Materials gestürmt wurden. Ich muss gestehen, dass ich das auch gut nachvollziehen kann.
Da das Open-Air-Kino nicht allzu weit von Hardins Wohnung entfernt ist, spazieren wir nach Hause.
Die Abendluft ist wunderbar mild und hier in der Gegend scheint immer Betrieb zu sein. Beiläufig nimmt Hardin meine Hand, verhakt unsere Finger und küsst zärtlich meinen Handrücken. Sofort sind da wieder dieses Schmetterlinge, das Gefühl, dass mich überkommt, wann immer er mich berührt, das meine Sinne betäubt und jeden Zweifel ausschaltet.
Ich habe mich hoffnungslos in ihn verliebt und jede Faser in mir brennt für ihn. Ich genieße es, wie wir zusammen Blödsinn beim Kochen machen oder abends einfach nur da sitzen und reden.
Es ist so unwahrscheinlich vertraut zwischen uns geworden. Ich kenne ihn und er kennt mich. Und damit meine ich nicht kennen im Sinne von etwas über jemanden zu wissen, nein, ich habe das Gefühl wirklich sein Inneres zu verstehen.
Sein Kontrollzwang, den er mir gegenüber oftmals an den Tag legt und der ständige Drang mich beschützen zu wollen, ist ein Resultat seiner Jugend, da bin ich mir sicher. Er hatte nie für jemanden Gefühle zugelassen, weil er Angst hatte, alles könnte kaputt geht und ihm alles wieder genommen wird, so wie damals bei seiner Mutter. Sie wurde ihm vom Alkohol genommen, er konnte sich nie auf sie verlassen und später wurde sie von einem ihrer Liebhaber auch noch angefixt und drogensüchtig. Es war erschreckend, das alles zu hören. Ich musste regelrecht mit den Tränen kämpfen, als er mir davon erzählte.
Daher kann ich sein Verhalten auch nachvollziehen aber er musste einsehen, dass er mir vertrauen kann, so wie er es von mir erwartet, dass ich ihm vertraue. Man muss die Vergangenheit abschütteln damit man wieder offen für Neues sein kann. Das habe ich auch erst gelernt und Hardin wird seine Vergangenheit auch hinter sich lassen müssen, die ihn so knebelt.

Wir verschlafen beide den kompletten Vormittag. Während ich unter die Dusche will, möchte Hardin uns Brötchen kaufen. Liebevoll küsst er mich, bevor er sich seinen Kapuzenpullover überzieht und mir zum Abschied frech einen Klaps auf dem Hintern gibt. Als erstes schalte ich die Kaffeemaschine an, damit sie durchlaufen kann solange ich dusche, mir die Haare wasche und etwas Make up auftrage.
Ich komme gerade aus dem Bad, als der Wohnungstür aufliegt. Hardin stürmt herein und wirft die Brötchentüte mit voller Wucht auf die Küchenzeile. Dann wendet er sich mir zu.
Sein Gesicht ist wutentbrannt, seine Augen fixieren mich wölfisch:

„Was denkst du eigentlich hier für eine verdammte Scheiße abziehen zu können?"

Ich erstarre, habe keine Ahnung wovon er spricht. Vorsichtig gehe ich einen Schritt auf ihn zu. Er weicht zurück.

„Warum bist du jetzt so abweisend?", frage ich verunsichert.

„Abweisend? Das ist wohl kaum das richtige Wort. Ich koche. Vor Wut. Ich habe mich wohl richtig in dir getäuscht. Du bist auch einfach nur eine kleine Schlampe, die mit jedem fickt. Nimm deine scheiß Sachen und verpiss Dich, Tess!"

Sein zorniger Blick durchbohrt mich, sein Kiefer ist angespannt und seine Hände vor Wut zu Fäusten geballt.

„Hardin... Was...?"

Er unterbricht mich:
„Sei bloß ruhig! Du weißt ganz genau wovon ich spreche und jetzt nimm dein Zeug und hau ab."

„Ich habe nichts ...", versuche ich noch einmal mit ihm zu sprechen.

„Hau ab!", brüllt er und zerschmettert die Kaffeetasse, die neben der Kaffeemaschine steht, an der Wand.

Ich zucke zusammen, unterdrücke einen Schrei, indem ich mir die Hand vor den Mund halte. Mein ganzer Körper zittert. Bedrohlich kommt er auf mich zu, nimmt mich am Arm und zieht mich ein Stück weiter an die Tür, bevor ich mich losreißen kann.

„Hardin was ist los mit dir? Ich habe nichts getan!"

Rasend vor Wut tritt er den Couchtisch um, nimmt meine Tasche und schleudert sie zur Tür:

„Wie kannst du mir das antun?"

In seinen Augen steht so viel Schmerz, Hass und Verzweiflung, dass ich es kaum ertrage, ihn anzusehen. Ich hebe meine Tasche vom Boden auf und sag es so ruhig ich kann:

„Bitte Hardin, sag mir was hier los ist."

Meine Stimme bricht dabei.

„Was hier los ist?", presst er zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor, „Die einzige Frau, die ich näher an mich heran gelassen habe, ist eine Schlampe! Das ist los."

Er schlägt mit der Faust gegen den Schrank und es knallt so, dass ich fürchte, er schlägt direkt ein Loch in das Holz.
„Und jetzt hau endlich ab."

Ich kann nicht mit ihm sprechen. Er verletzt mich und ich weiß nicht warum. Sein Auftreten ist beängstigend. Ich öffne die Tür und will gehen, da kommt er auf mich zu und hält mir etwas hin. Automatisch greife ich danach.

„Am besten du rufst ihn gleich an, vielleicht kommt er ja direkt zum vögeln vorbei", keift er noch.

In meinem Kopf überschlagen sich die Gedanken. Ich öffne den Mund aber Hardin schlägt mir die Tür vor dem Gesicht zu. Ich höre, dass er auf der anderen Seite der Tür Dinge zerschmettert.

Heiße Tränen laufen mir über die Wangen, mein Magen zieht sich brennen zusammen. Draußen vor seinem Haus schaue ich auf das Stück festes Papier, das mir Hardin gegeben hat.
Es schnürt mir Kehle zu.
Ich kann kaum atmen.

Hoppla! Dieses Bild entspricht nicht unseren inhaltlichen Richtlinien. Um mit dem Veröffentlichen fortfahren zu können, entferne es bitte oder lade ein anderes Bild hoch.
Shards of Desire Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt