Passage 4

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Jetzt stehe ich ziemlich verloren hier rum, bis zum Glück Chris zu mir kommt

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Jetzt stehe ich ziemlich verloren hier rum, bis zum Glück Chris zu mir kommt.

  „Was ist eigentlich los mit dem Kerl?“, frage ich Chris sichtlich sauer, als er mir mein Glas hinstellt.

  „Hardin? Der ist erst seit zwei Wochen hier. Cooler Typ. Der ist voll in Ordnung.“

  „Oh ja, genau diesen Eindruck habe ich auch“, sage ich so sarkastisch ich nur kann, bevor ich zurück zu Jessica und den anderen gehe.

Doch ich kann sie nicht finden.
Erst versuche ich die Tanzfläche zu überschauen, dann suche ich abseits an den Stehtischen.
  Es dürfte eigentlich nicht so schwer sein sie zu finden, da es nicht mehr so überfüllt ist aber ich kann sie nicht entdecken.
  Mir ist immer noch schummrig im Kopf und meine neuen Silberpumps schnüren in meine vom Tanzen geschwollenen Füße.
  Entmutigt lasse ich mich auf den Barhocker an einem hinteren Stehtisch gleiten. Es erscheint mir schon ziemlich seltsam, dass ich Jess nicht finde. Vielleicht hat sie sich mit Marlon in eine ruhige Ecke verzogen.
Matt schnaubent stütze ich mein Kinn auf meine Hand, und versuche von hier aus noch einmal die Menge zu überblicken.

  „So so, du stehst also auf Arschlöcher“, höre ich es plötzlich hinter mit raunen.

  „Und solltest du nicht besser arbeiten?“

Ich habe ihn an seiner tiefen Stimme erkannt, ohne mich umzudrehen zu müssen.

  „Meine Schicht ist zufällig gerade zu Ende“, flüstert er ganz nahe von hinten an meinem Ohr, geht etwas um mich herum und lässt sich provokant auf den Hocker neben mir plumpsen.

  „Und da hast du dir gedacht, du kommst hier her um mich zu nerven?“

Demonstrativ verdrehe ich die Augen.

  „So in etwa“, lacht er, „Ich kann dich gar nicht verstehen. Du scheinst mich nicht zu mögen. Dabei finden mich die meisten Leute sofort toootal sympathisch.“

Herausfordernd dreht er sich zu mir, wobei er ein spielerisches Lächeln aufsetzt.

  „Willst du dich jetzt über mich lustig machen? Das ist mir hier echt zu dumm“, blaffe ich zickig, stehe auf und lasse ihn alleine sitzen.

Auf halben Weg über die Tanzfläche, packt er mich am Arm. Ich will mich losreißen aber es gelingt ihm mit Leichtigkeit mich zu sich zu ziehen.

  „Und was jetzt? Du willst doch nicht ernsthaft mit mir tanzen oder?“, spottet ich.

  „Ich tanze nicht“, erwidert er mit ausdrucksloser Miene.

Ruckartig zieht er mich näher an sich, bis uns nur noch einige Zentimeter trennen. Er ist einen ganzen Kopf größer als ich, so dass ich fast mit der Nase an seinen Hals gestoßen wäre. Er riecht gefährlich gut, und obwohl ich stocksauer bin, weiche ich nicht zurück. Er senkt seinen Kopf herunter ganz nah an mein Ohr. Mein Herz schlägt mir bis zum Hals.

  „Viel Spaß mit deinem Arschloch", verhöhnt er mich und lässt mich mal wieder stehen.

Was war das eben zwischen uns? Ein leichter Schauer durchfährt mich und schnell schüttle ich den Gedanken an sein wahnsinnig männliches Aftershave von mir ab.

  „Jessica geht es nicht gut. Sie ist oben an der Luft, Marlon und Dean sind bei ihr. Sie hat zu viel getrunken und Marlon hat ein Taxi gerufen und bringt sie jetzt nach Hause“, erklärt mir Alex aufgeregt, als er auf mich zukommt.

Besorgt um meine Freundin eile ich trotz Schwips die Treppen hoch aber, wie mir Dean mitteilt, sind Jess und Marlon gerade ins Taxi gestiegen.

  „Alex, fährt bei mir mit. Sollen wir dich zu Hause absetzten?“, bietet Dean mir an, was mich etwas schockiert.

  „Du hast doch auch getrunken“, erinnere ich Dean.

  „Naja, war nicht so viel, ich kann auf jeden Fall noch fahren“, lügt er, denn ich weiß, dass er sich nicht wirklich zurückgenommen hat.

  „Nein Danke, Dean, ich rufe mir dann auch ein Taxi. Ich brauche jetzt eh erstmal noch ein bisschen frische Luft.”

  „Ok“, sagt er, „Wenn du sicher bist. Dann fahren wir jetzt schon mal. Bis Freitag.“

Sie verabschieden sich und Alex geht etwas widerstrebend Dean nach.
Auch wenn mir selbst mein Schädel vom Alkohol brummt, nie würde ich mit jemandem ins Auto steigen, der getrunken hat. Aber eine Szene wollte ich uns auch ersparen. Also greife ich in meine kleine Clutch, um mein Handy herauszuholen.
  Da trifft es mich wie ein Schlag ins Gesicht.
  Jess hat immer noch meinen Wohnungsschlüssel einstecken!
  Hektisch entsperre ich mein Handy und rufe sie an. Jess geht nicht dran. Ich versuche es wieder und wieder. Beim bestimmt zehnten Versuch meldet sich nur noch die Mailbox.
Mir wird übel. Dean und Alex sind schon weg und ich habe weder von ihnen noch von Marlon eine Nummer.
  Jetzt stehe ich hier und könnte jeden Moment anfangen zu weinen wie eine Dreijährige. Was soll ich machen?
  Verzweifelt rufe ich nochmal Jess an. Wieder antwortet nur die Mailbox. Ich laufe noch ein paar Meter vom Eingang weg um mich auf einen Mauersims zu setzen. Ich muss mir unbedingt etwas einfallen lassen.
  Bis es hell wird dauert es bestimmt noch zwei Stunden, viel Geld habe ich auch nicht mehr einstecken und zudem kommt auch noch dazu, dass man um diese Uhrzeit in diesem Teil der Stadt als junge Frau nicht unbedingt alleine unterwegs sein sollte.
  Ich lege mein Gesicht in beide Hände um irgendwie einen klaren Gedanken zu fassen. Ich kann nicht hier sitzen bleiben, soviel steht fest, Jessica ist nicht zu erreichen, jeder andere schläft um diese Uhrzeit oder wohnt zu weit weg und ich kann auch nur schlecht vor meiner Wohnung sitzen, bis Jess sich irgendwann meldet. Soweit ich weiß ist alles in der Umgebung zu und selbst wenn nicht hätte ich nicht genug Geld. Mir ist kalt und mein Kopf ist immer noch etwas benebelt.
  Es wird das Beste sein mein letztes Geld erstmal nicht auszugeben.
  Also laufe ich die zwei Blocks um zu schauen wann die nächste Bahn kommt. Da sehe ich ihre Lichter schon von weitem, renne los, bleibe mit meinem Absatz in einem Gullideckel hängen und falle auf die Knie. Ich rapple mich schnell genug wieder auf um direkt an der Haltestation anzukommen als die Bahn die Türen schließt und wegfährt.
  Völlig außer Atem schaue ich an mir herunter. Meine Hose ist verdreckt und zerrissen, mein Knie blutig aufgeschürft. Kopflos marschiere ich los. Ich will einfach nur noch weg hier.

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Shards of Desire Where stories live. Discover now