Spielst du mit?

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Spielst du mit?



Unsere Blicke wanderten verzweifelt umher. Riesige Bäume türmten sich dicht hinter dem meterhohen Zaun auf. ,,Es gibt keinen Weg nach Draußen" sagte ich atemlos. Mein Körper bebte. ,,Aber ich gehe auf keinen Fall wieder darunter" sprach Aria angeschlagen unser aller Gedanken aus. So als würde -A unsere Meinung teilen, schlossen sich keine Sekunde später quietschend die beiden Türseiten. Ein Rums erfüllte die kalte Nacht und wir zuckten zusammen. Spencer rannte entgeistert auf die Tür zu und rüttelte energisch daran, doch es rührte sich nichts. ,,Selbst wenn du ein Kerl bist, du bist ein Miststück" rief Hanna wutentbrannt. Schlagartig erlosch das Licht der Scheinwerfer, die Musik verstummte. Alles was übrig blieb, waren unsere verängstigten Silhouetten. Wir sechs rückten automatisch näher zusammen. ,,Mädels" setzte Spence aufgeregt an. ,,In der Stahlkammer war ich Charles so nah, ich konnte seinen Atem spüren." ,,Hast du irgendwas an ihm erkannt" fragte Mona hastig. ,,Einen Geruch, vielleicht?" ,,Sie ist nicht Jenna" unterbrach ich sie barsch. ,,Ich kann es nicht genau sagen" antwortete Spencer nachdenklich. ,,Aber irgendwas an ihm wirkte vertraut." ,,Wie er sich bewegt hat, oder was" hakte Aria verwirrt nach. ,,N-nein, eher so als träfe man einen Brieffreund, einen Cousin oder jemanden, den man als Kind gekannt hat." ,,Warte, du sagst, du kennst Charles irgendwie. Und irgendwie sogar sehr gut" entgegnete Hanna verständnislos. ,,Ich kann es nicht erklären" winkte Spencer kopfschüttelnd ab. ,,Es war bloß ein Gefühl."

Von weiter weg nahm ich einen Donnergroll war. ,,Hier wird es heute Nacht eiskalt" erklärte Emily, während sie sich fröstelnd über ihre Arme fuhr. Langsam konnte ich fühlen, wie mein Körper taub wurde. ,,Was glaubt ihr, wo wir sind" fragte Mona verunsichert. Ihre Augen wanderten dabei nach oben, zu dem Wolken behangenen Himmel. ,,Wir wissen ja nicht, wie lange wir bewusstlos waren auf dem Weg hier her, also ..." antwortete Aria ahnungslos. ,,Vielleicht sind wir am Amazonas, oder so" warf Hanna ein, während sie zitternd auf und ab wippte. ,,Nein" korrigierte ich sie entschieden und deutete in den Himmel, wo gerade der Mond durch die Wolken strahlte. ,,Nördliche Himmelsphäre, abnehmender Mond." ,,Ich meinte das metaphorisch" erwiderte sie trotzig. ,,Wow, ein Zwölfbuchstaben Wort, Hanna" meinte Mona anerkennend, ehe über uns ein gewaltiger Blitz einschlug. Erschrocken wichen wir zurück. ,,Oh mein Gott" hauchte Em, mit vor Schreck geweiteten Augen. ,,Dieser Zaun ist wie ein gigantischer Blitzableiter." Ich rang nach Luft und starrte auf den Zaun. Hannas Griff verfestigte sich um meinen Arm. ,,Sollen wir hier draußen geröstet werden" schrie sie in -As Richtung. Ein zweiter Blitz traf direkt neben uns in den Zaun. Es gab keinen anderen Ausweg für uns, als hier zwischen den Blitzen auszuharren und darauf zu hoffen, die Nacht zu überstehen.

Vom Regen, der mit dem Donner und den Blitzen eingesetzt hatte, wandte sich das Wetter am nächsten Tag zu einer schwülen Hitze, die uns Stück für Stück austrocknete. Das Verlangen nach Wasser brannte in meiner Kehle. Ich lag zusammengekauert zwischen Emily und Aria, während die heiße Sonne auf uns niederfiel. Hoffnungslosigkeit breitete sich zwischen uns aus, vermischt mit dem Drang nach Essen und Flüssigkeit. ,,Wie lange kann man ohne Essen überleben" fragte Hanna erschöpft, als wir am Abend wieder eng aneinander gedrängt auf dem Boden kauerten. Denn die Nacht war ebenso bitterkalt, wie die Letzte. ,,Drei Wochen" antworteten Spencer und Mona gleichzeitig. Ihre Stimmen klangen schwach und kratzig. ,,Mit Wasser ist es was anderes" fuhr Spence fort. ,,Manche Menschen halten es nur wenige Tage ohne aus." ,,Du weißt, dass du stirbst, wenn du keinen Hunger oder Durst mehr hast. Das heißt, dass die Organe versagen" warf ich fertig ein. Mein Magen fühlte sich flau an. ,,Meine funktionieren auf jeden Fall" erklärte Aria müde. ,,Ich habe so einen Durst, ich überlege, ob ich nicht doch meinen Pipi trinken soll." ,,Ich würde gerade sogar an einem Pipieiswürfel lutschen" meinte Hanna. Ein ermattetes Kichern rauschte durch unsere Reihen. ,,Ich würde Schweiß von einem Hodenschutz lecken" sagte Em ernst. ,,Okay, Emily. Du gewinnst" erwiderte Hanna schmunzelnd und angewidert zugleich. ,,Ich weiß nicht, wie lange ich das noch aushalte" platzte es plötzlich völlig aufgelöst aus Aria. Ihre Augen glitzerten in dem schummrigen Mondlicht. ,,Du hältst es aus, Aria" sagte Mona ruhig. ,,Wir alle ertragen es." Frierend zog ich den dünnen Tüllstoff meines Kleides, das an etlichen Stellen zerschlissen und mit Erde bedeckt war, enger an mich heran. Unsere ermüdeten Blicke trafen sich entschieden. Mona hatte recht, wir würden es alle irgendwie durchstehen.

Never trust a pretty girl with an ugly secret → 2Donde viven las historias. Descúbrelo ahora