Aus den Augen, aus dem Sinn

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Aus den Augen, aus dem Sinn



Finn Winston rannte förmlich auf das Haus der Dilaurentises zu. Die Schatten der Bäume fielen auf das Haus und machten die ganze Atmosphäre nur noch bedrückender. Durch den Anruf von Hanna hatte er gerade alles stehen und liegen lassen, um nach seiner kleinen Schwester zu sehen. Hanna hatte ihm erzählt, was vor einer guten halben Stunde im Krankenhaus passiert war und das sie und die anderen Mädchen sich große Sorgen um Belle machten. Diese nahm nämlich weder Anrufe noch Nachrichten entgegen. Auch Finns Gesicht spiegelte große Sorge wieder. Er hatte gewusst, dass Jason seiner Schwester irgendwann das Herz brechen würde und nun war es an der Zeit. Unzählige Male hatte er sie vor seinem ehemaligen besten Freund gewarnt, doch Liebe stand meist über dem Verstand. Natürlich würde Finn Belle nie einen Vorwurf machen, vor allem nicht jetzt. Die Haustür war nur angelehnt, sodass er ohne Probleme hineinkonnte. Schon im Flur konnte er das klägliche Schluchzen von ihr hören, dass aus dem Obergeschoss kam. Also sprintete er die Treppe nach oben und erkannte im schwachen Licht, das von Draußen durchs Fenster strahlte, seine Schwester auf dem Boden kniend. Sie war in sich gesunken. Dicke Träne kullerten ihre Wangen herunter und hinterließen Mascaraspuren darauf. Ihr Gesicht war durchs weinen gerötet, ansonsten jedoch blass, wie das eines Geistes. Als Belle mit verschwommenen Blick aufsah und ihren Bruder erkannte stürzte sie in seine Arme und vergrub ihr Gesicht in seiner Brust. Der Streit zwischen ihnen war vergessen, nichts zählte mehr. ,,Schtscht" flüsterte Finn, während er behutsam über ihren Rücken strich und sie fester an sich zog. ,,Alles wird gut. Ich bin jetzt hier. Ich passe auf dich auf." Belle versank immer tiefer in ihre Trauer, bis sie schließlich in den Armen ihres Bruders vollkommen zu verschwinden schien. In ihrem Leben hatte sie sich noch nie so verloren gefühlt.


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Meine Augen fixierten einen imaginären Punkt auf meiner Tür, während ich wie ein Stein in meinem Bett zwischen unzähligen Kissen lag. Auf meinen Wangen waren die Tränen getrocknet, als hätte ich sie letzte Nacht aufgebraucht. Ich versuchte meine Kopfschmerzen und das elende Gefühl in meinem Körper zu ignorieren und einfach liegen zu bleiben. Ich wollte niemanden sehen und auch mit niemanden reden. Doch wie meist kam es anders, denn Finn kam nur wenig Minuten später vorsichtig in mein Zimmer. ,,Guten Morgen." Ich drehte mich von der Seite auf den Rücken, um ihn nicht ansehen zu müssen. ,,Belle, du solltest wirklich aufstehen. Du hast schon die erste Stunde verpasst." Seine Stimme klang ungewohnt sanft. Er setzte sich zu mir aufs Bett und sah mich lange Zeit an, sodass es mir schon fast unangenehm wurde. ,,Kannst du mich nicht für heute entschuldigen" fragte ich schließlich, wobei mein Hals kratzte. ,,Ich weiß nicht, ..." ,,Bitte, nur für heute" unterbrachte ich ihn flehend. ,,Finn, ich schaffe das sonst nicht." Für einen Moment dachte er über meine Bitte nach, bis er schließlich einknickte. ,,Gut, aber nur heute." Mein Bruder richtete sich wieder von meinem Bett auf und verließ mein Zimmer geräuschlos. ,,Danke" hauchte ich unhörbar, bevor ich mich wieder unter meiner Bettdecke verkroch und mich meinem Schmerz überließ.

Irgendwann schaffte ich es aus dem Bett zu kriechen und aufzustehen, nicht das es mir leicht fiel. Alles um mich herum wirkte plötzlich zu einengend und erdrückend, dass ich am liebsten wieder zurück gekrochen wäre. Doch ich musste raus, wenigst um einen Schluck Wasser zu mir zunehmen und die Mascarareste aus meinem Gesicht zu entfernen. Letzteres erledigte ich gleich, da ich nicht auch noch elendig aussehen wollte, wenn ich mich schon so fühlte. Danach lief ich schleppend in die Küche. Im Haus war es ruhig, schließlich waren mein Dad und Finn in der Kanzlei. Wenigstens wurde mir der Wunsch nach Stille erfüllt. Desinteressiert schaute ich auf mein Handy. Von Jason kam, was für eine Überraschung, nichts. Weder ein Anruf noch eine Nachricht. Dafür hatte ich jedoch etliche Nachrichten von Hanna, Aria, Emily und sogar Spencer auf meinem Display, sowie eine volle Mailbox. Ich machte mir nicht die Mühe Nachricht für Nachricht anzuhören, sondern löschte alle und legte mein Handy dann wieder zur Seite. Beim Anblick des Kühlschrankes rebellierte mein Magen sofort und ich nahm mir nur eine Flasche Wasser heraus. Während ich mir ein Glas eingoss, warf ich einen flüchtigen Blick auf die Titelseite der Zeitung, ein Bild von Wilden war dort aufgedruckt und ich verzog angewidert das Gesicht. Er war mir einfach zu wieder. Als ich dann aufsah und mein Blick aus der Terrassentür fiel, bemerkte ich das lebendige Gesicht von Wilden. Mit wutverzerrtem Ausdruck stand er dort und fuchtelte wild mit den Händen herum.

Never trust a pretty girl with an ugly secret → 2Onde histórias criam vida. Descubra agora