23. Kapitel

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Arne seufzte: "Dir bleibt nur eins übrig. Zieh mit. Du musst besser werden. Unentbehrbar."

"Aber ist doch cool, das du jetzt hier unten wohnst", stellte Jassi fest, während wir im Klassenzimmer saßen und auf Kumar warteten. Ich hatte gestern Abend lange nachgedacht um mir zurecht gelegt, was ich heute tun wollte. Arne hatte recht, die einzige Möglichkeit mich und meine Familie zu schützen, war mitzuspielen und besser zu werden. Ihr Vertrauen zu gewinnen.

In dem Moment betrat Kumar den Raum und ich stand auf. "Was machst du denn?", wunderte sich Jassi und ich zischte ihr schnell zu: "Ich muss noch was mit Emanuel besprechen und frage ihn, ob ich früher gehen kann." Ich sah sie leicht lächelnd an. "Also jetzt gehen kann." Jassi lachte leise auf und ich widmete meine Aufmerksamkeit wieder Kumar.

"Hallo", begrüßte ich ihn. "Hallo", erwiderte er den Gruß, schaute jedoch nicht einmal von seinen Waffen auf, die er ordentlich auspackte. "Ich wollte fragen, ob ich etwas früher gehen kann, da ich eigentlich noch etwas mit Emanuel besprechen muss. Es dauert auch nicht lange und im Schießen bin ich eh ganz gut", bat ich ihn und sah ihn bettelnd aus großen Augen an. "Also wenn es um Emanuel geht, kann ich ja schlecht nein sagen, was?", meinte Kumar und mein Magen drehte sich bei seiner schrägen Stimme um. Kumar war zwar echt nett, aber manchmal wunderte ich mich, ob er nicht im Stimmbruch stecken geblieben war.

"Dankeschön", lächelte ich und verließ den Raum. Draußen war es im Gegensatz zu dem Unterrichtsraum extrem ruhig. Ich rollte meine Schultern nach hinten, hob das Kinn an und marschierte los, während ich schon einmal nach den passenden Worten suchte. Diesmal ging es nicht nur darum das Gespräch hinter mich zu bekommen, diesmal musste ich ihn überzeugen, was definitiv nicht so einfach war. Emanuel war gut, sehr gut und ich bezweifelte, dass ich besser war. Das musste ich aber auch nicht sein, ich musste nur so gut seien, dass er mich nicht durchschaute.

Ich erklomm die Treppenstufen nach oben. Ob ich mich erst einmal für die Höhle bedanken sollte? Oder sollte ich gleich zum Punkt kommen? Und was sollte ich tun, wenn er mich wieder manipulieren wollte? Seit ich wusste, dass er das tatsächlich tat, wirkte es bei mir zwar nicht mehr, aber vielleicht hatte er sich ja auch verbessert. Ich schüttelte den Kopf. Ich würde einfach improvisieren, das war die beste Idee.

Nervös stand ich vor Emanuels Tür. Ich musste einfach nur klopfen. In Gedanken zählte ich von zehn hinunter und schlug kurzerhand gegen das Holz. Sofort wurde mir wieder flau im Magen und ich starrte auf die Tür. "Herein", ertönte es und ich betrat zögerlich sein Zimmer. Mir fiel auf, dass seine Höhle im Gegensatz zu meiner extrem hoch war. "Ach Lia, zu euch wollte ich auch noch kommen", hörte ich Emanuel sagen und sah, wie er sich vorbeugte, um Jess, der vor ihm stand, noch etwas zuzuflüstern. Dieser nickte leicht und verließ den Raum, wobei er mir noch ein freundschaftliches Lächeln schenkte.

"Also, was kann ich für dich tun?", erkundigte sich Emanuel, kaum war er mit mir alleine in dem Zimmer und nahm einen Schluck von seinem Kaffee. Innerlich regte mich sein freundliches Lächeln so auf, aber ich gab mir alle Mühe es mir nicht anmerken zu lassen. Ich holte tief Luft und begann ihm meine Lüge aufzutischen: "Emanuel, ich muss mich bei dir entschuldigen. Ich habe die Regeln nicht ernst genommen, weil ich nicht realisiert habe, dass sie Russen wirklich solche Monster sind. Doch nach diesem Anschlag, hat sich meine Sichtweise definitiv geändert." Ich fuhr mir mit der Hand über die Augen, um so zu tun, als wäre ich tief betroffen und verstört.

"Weißt du, fast wäre mein Bruder gestorben, dabei ist er erst sieben Jahre alt. Ich meine, wie können die Russen nur so etwas tun? Wie konnte ich nur vorher nicht erkennen, was für rücksichtslose Mörder das sind?" Ich schniefte, denn eine Träne konnte ich nicht aus mir herauspressen. Leicht schielte ich zu dem Braunhaarigen und sah Emanuels verstörten Blick auf mir. Vielleicht hatte ich ja doch ein bisschen dick aufgetragen.

DefeatedWhere stories live. Discover now