16. Kapitel

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Und ich merkte, dass Emanuel erkannte, dass ich die Worte nicht mehr ernst meinte, doch er konnte es nicht ändern, denn ich glaubte ihm nicht mehr. Es war wie ein Bann, der gebrochen war.

Durchnässt rannte ich durch die menschenleeren Straßen zu unserem Haus. Es schüttelte wie aus Kübeln und meine gesamte Kleidung, die wieder aus meinem T-Shirt und einer kurzen Hose bestand, da ich meine Einsatzklamotten nach dem Besuch bei Emanuel abgeben hatte müssen, war durchnässt. Außerdem war es kalt. Ein eisiger Wind wehte und ließ mich erschaudern. Man merkte schon jetzt, dass sich der Sommer langsam dem Ende näherte.

Ich schlang die Arme um meinen Oberkörper, doch auch das schützte mich nicht vor dem strömenden Regen. Meine Zähne klapperten, als ich zu meiner Haustür stolperte und Sturm klopfte. Es war heute bereits spät, laut meiner Uhr halb neun, aber Emanuel hatte mich nicht früher gehen lassen.

Die Tür wurde geöffnet und ich sah in das besorgte Gesicht meiner Mutter. Sie war also schon zu Hause. Ich rang mir ein Lächeln ab und schob mich an ihr vorbei in den Hausflur. Hier war es ein bisschen wärmerem aber auch nicht wirklich warm. Die zerstörten Wände speicherten eben kaum noch Wärme.

"Wo warst du solange?", erkundigte sich meine Mutter forsch. "Bei einer Freundin", schwindelte ich, wie so oft in letzter Zeit. Doch nachdem, was sich heute ereignet hatte, wollte ich noch weniger, dass sie etwas von der UK erfuhren. Ich selbst wünschte mir schon fast dort nicht hinein geraten zu sein.

"Bei welcher Freundin?", fragte meine Mutter weiter. Ich hob die Augenbraun. Das hier war kein lockeres Gerede, sondern Misstrauen. "Warum fragst du?", stellte ich die Gegenfrage. Meine Mutter lief wortlos in die Küche und ich folgte ihr. Auf dem Küchentisch lag ein Zettel, den sie mir wortlos überreichte. In Großbuchstaben stand dort "Gesucht".

Aufmerksam laß ich mir den Text durch. Sie suchten nach mir, beziehungsweise nach dem Mädchen auf dem Fotot und das war ich. Sie nannten die UK eine radikale, gemeingefährlich Gruppe und ich war mir nicht einmal sicher, ob sie nicht recht hatten. Außerdem stand die Lebensstrafe darauf mir oder einem der anderen Zuflucht zu gewähren und ein hohes Kopfgeld war auf mich ausgesetzt.

"Kannst du mir das erklären?", erkundigte sich meine Mutter wütend. Stumm schüttelte ich den Kopf und fuhr mir durch die Haare. Wie sollte ich mich hier denn wieder rausreden? "Das bist du, oder?", hakte meine Mutter nochmal nach und ich begann sofort zu protestieren: "Nein, das ist nur jemand, der mir ähnlich sieht." "Verdammt ähnlich", stellte meine Mutter kühn fest. Ich zuckte mit den Schultern. "Naja, beispielsweise der Pullover oder insgesamt die Anziehsachen sind überhaupt nicht mein Stil und besitze ich auch nicht." Meine Mutter sah mich misstrauisch an. "Ist das alles, was dir dazu einfällt?" Ich nickte: "Schließlich kann ich es nicht gewesen sein, ich war ja bei meiner Freundin."

Meine Mutter hob die Augenbraun und schenkte mir einen vorwurfsvollen Blick. Sie glaubte mir kein Wort. "Wenn es aber so ist", keifte ich sie an. Etwas besseres fiel mir auf die Schnelle nicht ein. "Und wer war der Typ gestern in deinem Zimmer?" Überrumpelt öffnete ich den Mund und schloss ihn wieder. Der Blick meiner Mutter sprach Bände. Leugnen war zwecklos. "Woher...", stammelte ich. "In einem so kaputten Haus hört man viel, vor allem wenn zwei Leute ständig laut lachen. Hat er etwas mit diesen maskierten Rebellen zu tun? Warst du deshalb da?" Ich stöhnte laut auf und verdrehte die Augen. "Ich war nicht da und er hat auch nichts damit zu tun. Er ist nur ein Freund, den ich bei meiner Freundin kennengelernt habe." Ich war echt überrascht, wie gut ich inzwischen lügen konnte. Wenigstens in etwas hatte mir die UK definitiv weitergeholfen.

DefeatedWhere stories live. Discover now