"Komm", forderte mich Kate auf. Staunend folgte ich ihr durch die Menge. Ich spürte die neugierigen Blicke einiger Menschen auf mir, doch ich ignorierte sie. Zwar war ich gut darin die Aufmerksamkeit auf mich zu ziehen, wie sich heute herausgestellt hatte, doch ich konnte nicht damit umgehen. Es war mir unangenehm und machte mich nervös.

Kate stieg die Treppen nach oben und ich folgte ihr zögerlich. Zwar hatte ich keine Höhenangst, aber dennoch Respekt vor der Tiefe, da die Treppe nicht einmal ein richtiges Geländer hatte. Ich schluckte und sah noch einmal nach unten. Die Mutter und der kleine Junge sowie deren Begleiter waren direkt hinter mir. Ich nahm meinen letzten Rest Mut zusammen und erklomm die Treppe, Stufe für Stufe.

Oben angelangt wanden wir uns nach links, tiefer in die Erde hinein. Der Gang wurde wieder schmaler und enger und außer uns war niemand mehr zu sehen. Fackeln an den Wänden leuchteten uns den Weg, ansonsten war es dunkel. Erst nach einer Weile fiel mir auf, dass in regelmäßigen Abständen Türen in den Wänden auftauchten. Vermutlich lebten die Leute hier.

Kate blieb stehen und fast wäre ich in Gedanken versunken gegen sie gelaufen. Sie klopfte an die hölzerne Tür vor uns. Es dauerte eine Weile, dann ertönte eine männliche Stimme: "Herein!" So eindrucksvoll die Brücke auch gewirkt hatte, als Kate die Tür geöffnet hatte, erkannt ich, was sie mit wirklich spektakulär meinen musste. Der Raum war riesig und voller Licht. Die Luft wirkte frisch und die Wände sahen aus, wie aus Glas, dabei bestanden sie aus einem riesigen Bildschirm, der einem vorgaukelte man könne das Meer sehen. Ab und zu flogen Vögel vorbei und die Wellen rollten in regelmäßigen Abständen auf den weißen Sandstrand.

"Ihr habt hier Strom?", rutschte es mir staunend heraus. Ein Lachen ertönte und ich erblickte einen Mann, nicht älter als dreißig, mit dunkelbraunen Haaren. Er lehnte lässig in einem weiß gestrichenem Torbogen, der in einen weiteren Raum führte und grinste mich belustigt an. "Und ob. Wir verschwenden ihn nur nicht für Beleuchtung im Gang." "Woher?" Das Ganze wirkte so unrealistisch. Wie ein Traum. "Wir machen ihn selbst. Unterirdische Wasserwerke am Jann und natürlich die Abzweigung eines kleinen Anteils der Energie der Russen." Ungläubig starrte ich ihn an und er begann noch mehr zu lachen. "Es sind einige schlaue Köpfe mit uns hier hinunter geflohen."

"Emanuel...", setzte Kate an, doch er bedeutete ihr mit einer Handbewegung zu schweigen. Sie war anscheinend doch keine Anführerin; Emanuel dagegen war mit Sicherheit einer der führenden Köpfe. "Wie heißt ihr?", erkundigte er sich nun bei mir, der Mutter und dem kleinen Jungen. "Anja Steinbrecht und das ist mein Sohn Phillip." Ich zögerte. Anonymität war wie unsichtbar sein. Niemand konnte einen wiederfinden, geschweige denn seine Familie ausfindig machen. Allerdings glaubte ich nicht, dass mir diese Menschen hier etwas Böses wollten. "Lia. Lia Hempten." Emanuel nickte, als Zeichen, dass er es zur Kenntnis genommen hatte.

Schließlich räusperte er sich und richtete das Wort wieder an mich: "Ich wurde bereits unterrichtet, was auf der Straße passiert ist. Lia, du bist eine der Wenigen, die sich in aller Öffentlichkeit bereits gegen das jetzige Régime aufgelehnt haben. Etwas so mutiges für einen Fremden zu tun ist einfach nur bestaunenswert." Geschmeichelt senkte ich den Blick. Ich wusste nicht, was ich darauf erwidern sollte, aber Emanuel war noch nicht fertig: "Doch die Leute bewundern dich nicht nur, ab jetzt werde sie zu dir aufsehen." Irritiert schüttelte ich den Kopf. Niemand sah zu mir auf. "Das glaube ich kaum. Wieso sollten sie?"

Amüsiert lachte der Braunhaarige auf. "Weil du ihnen Hoffnung gibst. Die Geschichte über das Mädchen, dass das Leben des kleinen Jungen rettete, verbreitet sich wie ein Lauffeuer. Die Leute reden. Sie reden über dich." Aus großen Augen sah ich ihn an. Das konnte nicht real sein. Ich wollte doch gar nicht, dass sie über mich redeten. Ich wollte diese Aufmerksamkeit nicht. "Du hast ihnen gezeigt, dass es noch Hoffnung gibt. Dass man sich nur wehren muss. Und ich sage dir eins. In wenigen Tage wird dich jeder in Deutschland kennen und", er schenkte mir einen bedauernden Blick, "Du wirst eine der meist gesuchten Personen der Russen sein." Meine Augen weiteten sich vor Schreck. Das hatte ich nicht beabsichtigt und das war definitiv nicht gut.

"Und deshalb biete ich dir an das neue Gesicht der UK zu werden. Du wirst unser Wahrzeichen, die Person, an die die Menschen glauben. Ihre Heldin. Im Gegenzug geben wir dir Schutz. Wir beschützen dich und deine Familie mit unseren Leben und du wirst Teil von uns. Was sagst du?" Perplex starrte ich ihn an. Das war zu viel auf einmal. Das ging mir alles zu schnell. Fragend sah er mich an, abwartend.

Ich holte tief Luft und schüttelte den Kopf. "Ich will nicht gesucht werden und nicht bekannt sein. Das ist nichts für mich, ich kann das nicht." Tränen stiegen mir vor Verzweiflung in die Augen. Emanuel löste sich von dem Türrahmen und trat auf mich zu. Beruhigend legte er mir die Hand auf die Schulter. "Ich glaube, wir sollten das noch einmal in Ruhe besprechen." Er hob den Kopf. "Kate, André, Tim, bringt Anja und Phillip raus und bietet ihnen ein Appartement an. Und solltet ihr Jess treffen, schickt ihn her."

Mit einem Nicken verließen die fünf den Raum und ich blieb mit Emanuel alleine. Unsicher sah ich ihn an. Was wollte er? "Du kannst dich setzen", bot er mir an und zeigte auf einen großen Ledersessel. Ich verneinte leise. Ich musste wieder nach Hause zu Nico, Rica und Timo. Ob es Meredith gut ging? Ich hatte gar keine Medikamente besorgt. "Musst du noch wohin?", erkundigte sich Emanuel, als er meinen ungeduldigen Blick bemerkte. Mit zusammengekniffenen Lippen nickte ich. "Meine Familie wartet und ich muss noch Medikamente besorgen." Beruhigend lächelte er mir zu. "Mach dir darüber mal keine Sorgen, ich werde dir welche geben lassen, wenn du gehst, doch erst müssen wir über meinen Vorschlag sprechen."

Unsicher sah ich ihn an. Ob er mir die Medikamente auch geben würde, wenn ich seinen Vorschlag abschlagen würde? Ich schluckte. Ob er mich erpressen würde? "Hey, ganz ruhig, ich tu dir nichts", schmunzelte der große Mann vor mir. Er laß mich wie ein offenes Buch, offenbar beherrschte er die Körpersprache.

"Ich möchte nicht irgendein Gesicht sein und auch nicht verfolgt werden", stellte ich schüchtern klar. Emanuel seufzte. "Ich schätze, dafür ist es zu spät. Seit du diesen Junge gerettet hast, spricht man von dir, überall. Ob du es mir nun glaubst oder nicht." Verzweifelt sah ich ihn an. "Und was kann ich dagegen tun?" "Nichts, außer das Beste daraus zu machen." Ruhig sah er mich an und auch ich wurde langsam wieder ruhiger. Seine Art wirkte beruhigend. "Ich weiß, ich hab das vorher ein bisschen überstürzt, aber was ich dir eigentlich sagen wollte, war, dass wir dir unseren Schutz anbieten. Du kannst bei uns leben, Kämpfen und Verteidigen lernen und den Menschen Hoffnung schenken." Ich schluckte: "Und ihr versprecht auch meine Familie zu beschützen?" "Natürlich." Ich wusste, dass es die beste Möglichkeit war. Es gab kaum eine Alternative. Ich würde etwas sinnvolles machen. Ich würde vielleicht Menschen helfen und meine Familie hätte Schutz.

Ich holte tief Luft, dann sprach ich die Wort, die mein Leben für immer verändern sollten: "Dann werde ich es machen. Ich werde das Gesicht der UK werden und euch beitreten."

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1832 Wörter🌺

Das Kapitel war jetzt nicht das spannendste, aber ich verspreche, da kommt noch mehr🌸

Ich bin gerade total im Schreibfieber, ich glaub ich schreibe gleich das Kapitel🌼

An alle Leser: Fühlt euch geknuddelt🌻

Das Buch hat bereits über 30 Reads🌹

Vielen Dank dafür🌷

Gewidmet wird dieses Kapitel MAXIMILIANPonomarev . Danke für die Votes. Sowas freut mich immer total und ich hoffe dir gefällt die Story auch weiterhin🍄

Geschrieben am 04. August. 2017💐

DefeatedNơi câu chuyện tồn tại. Hãy khám phá bây giờ