Kapitel 32

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Ich musste hier weg. Und zwar sofort.

Die Lichter waren noch weit entfernt; vielleicht am Anfang der Zufahrt zum Forsthaus. Und näherten sich langsam. Sofort knotete ich Lily wieder vor meinen Bauch, was ihr nicht sonderlich zu gefallen schien. Verwirrt hörte sie auf zu lächeln und stellte auch das Gezappel ein.

Ich rupfte den Autoschlüssel aus der Zündung, kletterte aus dem Wagen und schnappte so schnell es ging meinen Kram. Die Türen des Autos ließ ich offen stehen, denn ein Zuschlagen hätte zu viel Lärm gemacht. Glücklicherweise war es noch nicht so hell, dass man mich hätte entdecken könnte.

Mithilfe der Krücken humpelte ich hektisch um das Forsthaus herum. Sie durften mich nicht finden. Und vor allem durften sie Lily nicht finden. Ich musste uns beide retten. Die Pistole fühlte sich schwer an in meiner Hand, doch würde sie uns beschützen können?

Die Panik kam ohne Vorwarnung. Wie ein Blizzard fegte sie alle Gedanken beiseite und ließ nur klirrende Kälte zurück, die mich erstarren ließ.

Männer. Schmierig. Stark, viel stärker als ich. Und mit widerwärtigem Grinsen. Bilder fluteten mein Gehirn; ich sah von außen zu wie sie mich niederdrückten und gierig die Hände ausstreckten-

Ich musste sofort hier weg.

Regung kam in mich. Kein Platz für vernünftige Gedanken. Ich nahm die Krücken in die Hand und rannte.

Gab es hier einen Hintereingang? Ja, gab es. Panisch drückte ich die Klinke herunter und war einen kurzen Moment perplex, dass die Tür tatsächlich aufging. Auch die Angeln quietschten nicht; ein Geschenk des Himmels. Ich huschte ins Haus und machte die Tür leise wieder zu. Dann umgab mich völlige Finsternis. Kurz schnürte die Panik mir die Luft ab. Irgendwo vor mir schimmerte ein sehr schwaches Licht unter einem Türspalt durch. Erleichtert hielt ich darauf zu, in der Hoffnung, nichts umzustoßen oder irgendwo drauf zu treten. Nichts dergleichen geschah. Alles blieb ruhig. Unbemerkt landete ich im nächsten Raum. Spärliches Licht fiel durch schmale Fenster herein. Anscheinend die Küche. Im Dämmerlicht konnte ich große Kochfelder erkennen und Spülen und Schränke. Sollte ich mich hier verstecken oder noch weiter? Weiter.

Die nächste Tür brachte mich direkt ins Restaurant. Alles war aufgeräumt und sauber. Nichts deutete darauf hin, dass seit über einem Jahr keine Gäste mehr hier gewesen waren. Auf alles gefasst schlich ich zwischen den Tischen durch. Lily schwieg, was ein Segen war. Ich kam an einer Rezeption vorbei und entdeckte ein offiziell wirkendes Treppenhaus. Stimmt, das Forsthaus hatte auch ein paar Zimmer! Sollte ich mich in einem verschanzen? Würden die Feinde kommen, säße ich gehörig in der Falle. Männer, schmierig und stark, warfen mich auf ein Bett und-

Durch die Eingangstür sah ich plötzlich Lichter aufblitzen. Damit stand meine Entscheidung fest.

So schnell es mit den Krücken ging, lief ich ins Treppenhaus und zwei Treppenabsätze hoch, bevor ich in den Flur verschwand, die zweite Zimmertür aufriss und leise wieder schloss. In der Dunkelheit war es nicht leicht, mich zu orientieren. Geradeaus ein kleines Bad, rechts ging es zum Schlafbereich. Ein mit einer Tagesdecke zugedecktes Doppelbett nahm fast das ganze Zimmer ein. Wenn mich die Männer entdecken würden, dann-

Klammheimlich setzte ich mich zwischen den Kleiderschrank und die Wand, welche eine Nische bildeten, die vom Eingang nicht zu sehen war. Dann schob ich die Rucksäcke vor mich und Lily und prüfte die Waffe noch einmal.

Alles blieb still. Mein Atem rasselte unnatürlich laut. Die Feinde konnten das Auto unmöglich übersehen haben. Sie wussten, dass jemand hier war. Von meinem Platz aus konnte ich durch die Balkontür sehen und einen Teil des Parkplatzes ausmachen, allerdings befand sich der Wagen nicht mehr im einsehbaren Bereich. Jetzt konnte ich nur noch beten. Die Männer würden reinkommen, mich entdecken und-

Never Feel SafeWhere stories live. Discover now