Kapitel 15

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Sofort hatte ich das Messer in der Hand und hielt es vor mich. Mit weit aufgerissenen Augen starrte ich die Tür an. Langsam wurde die Klinke wieder losgelassen. Der Knall kam unerwartet und reflexartig kniff ich die Augen zu. Als ich sie wieder öffnete, hing das Schloss zerfetzt im Holz der Tür. Meine Ohren klingelten vom Lärm. Langsam wurde die Tür aufgezogen. Ich verstärkte zitternd den Griff um das Messer. Ich musste jetzt stark sein. Kämpfen, für Adam.

Ein Mann mit Gewehr erschien im Türrahmen. Die Waffe, die schwarze Schussweste und das dunkle Tuch vor dem Gesicht ließen mich sprungfederartig aufspringen und das Messer auf den Hals der Person zu sausen lassen. Mühelos riss der Mann den Arm hoch und fing meine Hand ab.

"Max! Max, ich bin es!", rief eine vertraute Stimme.

Ich starrte ihn an. Braune verstrubbelte Haare. Braune Augen, die mich mit festem Blick anstarrten. Die Größe. Die Statur.

Langsam ließ er meinen Arm los und zog sich das Tuch vom Gesicht. Floh. Ich hätte beinahe Floh umgebracht.

Meine Knie gaben nach und ich sackte wortlos vor seinen Füßen zu Boden. Ausdruckslos starrte ich sein Gewehr an, sein geliebtes MR223, und sah es doch nicht richtig. Ich war ein Monster.

Vorsichtig hockte er sich neben mich, zuckte dann aber zusammen und ließ sich auf den Hintern fallen. Er sog zischend die Luft ein und lehnte sich vorsichtig am Türrahmen an. Wie aus Reflex starrte ich ihn besorgt an, auch wenn mein Blick sich erst kurz später fokussierte.

"Wo bist du verletzt?", murmelte ich und streckte die Hand nach ihm aus, zog sie aber dann schnell wieder zurück. Blut färbte sein Shirt unter der Weste dunkel.

"Es ist nichts", murmelte er verbissen und legte das Gewehr weg.

Ich bohrte nicht weiter. Seinen Stolz in dieser Nacht zu verletzen, konnte ich mir nicht auch noch leisten.

"Ich liebe dich", flüsterte ich, konnte ihn dabei aber nicht ansehen. Mein Gott, ich hätte ihn beinahe erstochen!

Wortlos streckte er die Hände nach mir aus und zog mich in eine Umarmung. Ich ließ es geschehen und klammerte mich an ihn, als würde ich ertrinken. Mein Floh. Mein tapferer, süßer, starker Floh.

Er machte mir keine Vorwürfe, dass ich das Zimmer verlassen hatte. Er fragte nicht, wie ich hierhergekommen war oder wieso Blut an meinem Messer klebte. Gleichermaßen fragte ich nicht, von wem er die Schussweste hatte, wie er sich die Verletzung zugezogen hatte oder warum er vermummt herumlief.

Ein paar Augenblicke saßen wir schweigend da, glücklich, uns wiederzuhaben. Dann gab er mir einen kurzen Kuss auf den Scheitel.

"Es tut mir..."

"Nein", bat er, "sag es nicht."

Ich schwieg kurz. "Herr Pfaff?"

"Kümmert sich um Dirk. Er hat eine Wunde am Bein, die nicht aufhört, zu bluten."

"Louis? Martin?"

"Sind jetzt auch endlich wach. Observieren die Angreifer."

"Robin und Noah?"

"Auch."

"Anna?"

Er seufzte. "Noch immer in den Händen dieser Bastarde. Kurz sah es so aus, als hätten wir sie befreien können, doch die hätten sie umgebracht, wenn wir weiter vorgerückt wären."

Ich schwieg. Dann sah ich endlich zu ihm auf. "Du siehst unglaublich böse aus in diesem Aufzug. Wie ein Terrorist oder ein Racheengel oder so."

Er verstand das versteckte Kompliment und lächelte schief. "Genau das, was wir gerade brauchen. Einen Racheengel." Sein Blick verlor sich kurz. "Du bist hier nicht sicher."

Never Feel SafeWhere stories live. Discover now