Kapitel 18

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Ein paar Tage später konnte ich endlich stillen, sodass Herr Pfaff mich bat, auch Svenja zu versorgen, denn Muttermilch sei immer noch das Beste, was Babys bekommen könnten. Somit verlegten wir Svenja auf unser Zimmer, denn es verging keine Stunde, wo nicht einer der beiden Hunger oder eine volle Windel hatte oder nicht schlafen konnte und dann lauthals losbrüllte. Insofern konnte ich kaum länger als eine halbe Stunde fort bleiben, bis Floh nicht rufend zu mir gerannt käme, weil er nicht wusste, was zu tun war. Als ob ich es gewusst hätte. Irgendwie erwarteten alle von mir, dass ich Ahnung von Neugeborenen hatte und es nur eine Blickes meinerseits bedurfte, um festzustellen, was den beiden fehlte. Doch ich rutschte nicht selten in eine totale Verzweiflung ab, da die Babys nicht aufhören wollten, zu schreien. Nachts konnte ich kaum gescheit schlafen, weil ständig irgendwer weinte. Floh bekam von alldem kaum etwas mit, da er meist schon früh morgens zur Patrouille aufbrach und erst abends zurückkehrte. Folglich schlief er wie ein Stein. Er hatte nicht einmal genug Zeit, sich ordentlich zu rasieren, weshalb ihm in der vergleichsweise kurzen Zeit ein Bart gewachsen war. Auch seine Haare wurden länger und hingen ihm jetzt wirr ins Gesicht. Das gab ihm einen verschlagenes, furchteinflößendes Aussehen, was ihm jedoch zu gefallen schien, denn er bat mich nie, seine Haare zu schneiden.

Es gab auch fast nichts gescheites zu essen, da alle frischen Lebensmittel schon vor Wochen aufgebraucht worden waren und Martin sich nicht zutraute, zu jagen, indem er mit seiner Jagdflinte schoss. Dadurch könnten wir die Aufmerksamkeit von Feinden auf uns ziehen, was es tunlichst zu vermeiden galt. Er stellte Fallen, doch oft fing er nicht mehr als ein oder zwei Eichhörnchen die Woche, welche ich den ausgehungerten Männern überließ. Obwohl sich Dirks Zustand besserte, brachte seine Genesung keine Entlastung für die anderen, da der Umkreis von Häusern, die sie nach noch haltbaren Lebensmitteln durchsuchten, mit jedem Tag größer wurde. Sogar die unzähligen Eintöpfe, die Floh und ich im alten Haus konserviert hatten, waren schon aufgebraucht. Deshalb war ich nicht selten völlig allein mit den Babys im Krankenhaus, um auf sie aufzupassen, da die anderen Nahrungsmittel suchten. Adam entwickelte schon nach zwei Wochen einen so gesunden Appetit, dass ich Angst hatte, seinen Durst nicht stillen zu können. Meine Erschöpfung nahm immer mehr zu, weshalb ich oft einfach nur die mir aufgetragenen Aufgaben erledigte und dann erschöpft auf mein Bett fiel. Floh beobachtete meinen Zustand mit wachsender Sorge, doch eine Entlastung meinerseits war nicht möglich.

Alle paar Tage fanden die Männer neue Spuren von dem Fremden, hielten sich selbst aber so gut es ging im Verborgenen. Als der Schnee völlig geschmolzen war und es keine sichtbaren Spuren mehr gab, setzte bei den meisten eine nervöse Gereiztheit ein und alle hatten ständig ihre Waffen dabei. Es gab fortan keine Mahlzeit mehr, bei der nicht sämtliche Gewehre griffbereit auf dem Tisch lagen.

So zogen die Wochen ins Land. Adam wuchs und wuchs, doch auch Svenja machte Fortschritte. Schließlich meinte Herr Pfaff, dass sie nun auch ohne Brutkasten auskommen würde, weshalb sie leider im Kinderwagen schlafen musste, da es nur eine Wiege gab. Der Wagen hatte schließlich doch noch ins Zimmer gepasst und da es sowieso keine Zeit gab, mit den Babys spazieren zu fahren, konnte er gut dort stehen bleiben. Immer, wenn ich tagsüber Zeit hatte, beschäftigte ich mich mit den Kleinen. Mittlerweile konnte Adam schon richtig lächeln und strahlte mich immer an, wenn ich kam, was mein Herz sofort höher schlagen ließ. Ich redete viel mit ihm, sodass er schnell auch eigene Laute machte. Dieses irrsinnig süße brabbeln hätte ich mir den ganzen Tag anhören können. Wenn Svenja und Adam nebeneinander lagen und Adam gurgelte, schaute sie ihn immer staunend an. Selbst hatte sie noch nicht begonnen, zu sprechen, was allerdings in ihrem Alter auch überhaupt noch nicht sein konnte. Dennoch lächelte sie manchmal flüchtig vor dem Einschlafen, was ich schon als riesigen Fortschritt wertete. Oft brachte Floh von den Patrouillen kleine Dinge für die zwei mit. Anziehsachen, Spielzeug, Kuscheltiere - bald häufte sich alles in und unter dem Kinderwagen und der Wiege. Ich nahm es ihm auch nicht übel, dass er meistens erst die Kinder begrüßen ging, bevor er zu mir kam. Er war schließlich genauso entzückt von den Kindern, wie ich. Irgendwann mussten wir schließlich aus dem Nebenraum die Betten rausschieben, um dort eine Spiellandschaft errichten zu können. Adams Bewegungsdrang war so groß, dass es ihm einfach nicht mehr reichte, ein wenig auf meinem Bett herum zu rollen. Deshalb trug ich den Männern auf, den dicksten und flauschigsten Teppich mitzubringen, den sie finden konnten. Was sie auch taten. Als ich lautes Gepolter im Nachbarzimmer hörte und nachsehen ging, traf mich fast der Schlag, als ich den riesigen, grasgrünen Teppich sah, der beinahe nicht in das Zimmer gepasst hätte. Nur mit vereinten Kräften schafften sie es, ihn so auszurichten, dass es passte. Naja, Adam fand's toll.

Never Feel SafeHikayelerin yaşadığı yer. Şimdi keşfedin