Kapitel 29

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Überraschenderweise wusste ich, noch bevor ich richtig wach war, wo ich mich befand. Darum kam nichts als ein leises Seufzen über meine Lippen, als ich die Augen aufschlug und sich nichts verändert hatte. Ich war noch immer in Jacobs Haus. Niemand hatte mich im Schlaf gekidnappt oder umgebracht. Und ich war auch nicht gefesselt. So weit, so gut. Langsam stand ich auf und krückte durchs Haus nach unten. Das Bein tat kaum noch weh. Auf der Anrichte in der Küche lag ein kleiner Zettel. Bin heute Abend zurück. Jacob. Immerhin würde er zurückkommen.

Ich lief zum Schrank und stöberte nach was zu essen. Er hatte kaum noch was da. Sogar den Saft von gestern hatten wir ausgetrunken. Eine Dose Erbsen, eine angefangene Tüte Salzstangen und eine Packung Sahne. Ich rümpfte die Nase. Die Sahne war schon ein halbes Jahr abgelaufen. Igitt.

Ich ließ den Wasserkocher zur Hälfte volllaufen und stellte ihn an. Während ich darauf wartete, dass das Wasser kochte, kippte ich das blutige Wasser, in dem das Hasenfleisch gelegen hatte, in den Ausguss und begann, das Fleisch auf einem Brettchen in Streifen zu schneiden. Also mal wieder totes Tier zum Frühstück, Mittag- und Abendessen. Ich beschloss, nicht alles sofort zu braten, sondern noch etwas übrig zu lassen, um es später zuzubereiten, also packte ich einen Teil in einen Gefrierbeutel und legte es erst mal beiseite. Denn Kühlschrank und Tiefkühler waren nicht mehr am Stromnetz angeschlossen, da es sowieso nichts gäbe, was man hätte hineintun können.

Doch bevor ich zu kochen anfing, durchstöberte ich noch die anderen Schränke. Gewürze hatte Jacob reichlich und auch an Speiseöl fehlte es nicht. Das war ja schon mal was. In einem anderen Schrank entdeckte ich Paniermehl. Glückstreffer! Zwar hatte ich kein Ei, um das Fleisch zu panieren, aber Wasser tat es auch einigermaßen. Noch ein bisschen würzen. Öl in eine Pfanne, Herd an, braten. Es machte mich irgendwie total glücklich, mal wieder an einem funktionierenden Herd zu stehen. Welch ein Luxus! Wir hätten schon viel eher darauf kommen können, die Solartechnik zu nutzen. Während das Fleisch garte, kippe ich ein wenig Wasser aus dem Wasserkocher in ein Glas und trank die noch ziemlich heiße Flüssigkeit. Ich wollte keinen Teebeutel verschwenden, um ein wenig Geschmack an mein Getränk zu bekommen, daher musste es einfach so gehen. Als das Fleisch fertig war, stellte ich den Herd aus, zog die Pfanne von der Platte, schnappte mir Teller und Besteck und nahm mir eines der Fleischstücke, welches ich auf dem Sofa sitzend verspeiste, da hier das linke Bein hochliegen konnte. Es war der pure Genuss. Zwar schmeckte es nicht wie Hasenbraten aus dem Restaurant oder eben wie ein Schweineschnitzel, doch es war definitiv besser als das, was ich in den letzten Tagen zu essen bekommen hatte. Moment mal - in den letzten Tagen hatte ich fast gar nichts zu essen bekommen. Kurzentschlossen stand ich auf und holte mir noch ein Stück Fleisch. Ein Wunder, dass ich nicht längst verhungert war. Nachdem ich ein drittes Stück weggeputzt hatte, zwang ich mich, nicht noch eines zu essen. Sonst blieb ja nichts mehr für den Mittag. Rasch wusch ich das Geschirr und stellte es zurück in den Schrank. Und nun? Langsam lief ich hoch und fand mich in Jacobs Zimmer wieder. Es war sicherlich falsch, in seinen Sachen zu stöbern, doch ich hatte noch immer das Gefühl, ihn kaum zu kennen. Zu meiner Überraschung lagen jetzt keine Klamotten mehr überall verstreut. Die befanden sich jetzt nämlich alle auf einem Haufen in einer Zimmerecke. Die Gitarre, auf der er gestern geklimpert hatte, stand in einer Halterung zwischen Bett und Schreibtisch. Dieser wiederum war unter Bergen von Zeitschriften, Müll und anderem Kram kaum zu erkennen. Ich ging näher ran. Hauptsächlich Playboy-Hefte und ähnliches. Ich verzog das Gesicht. Selbst in der Apokalypse vertrieben sich alle Jungs die Zeit auf gleiche Weise. Ich drehte mich weg. Auf seinem Bett lag ein iPod mit Kopfhörern und es hätte mich brennend interessiert, was für Musik er mochte. Doch dann hörte ich, wie unten die Haustür aufgeschlossen wurde und jemand hereinkam. Bevor ich jedoch panisch werden konnte, rief er bereits: "Max? Ich bin es, Jacob!"

Obwohl mich das davon abhielt, sofort nach etwas zu suchen, mit dem ich mich verteidigen könnte, war ich doch ziemlich beunruhigt. Wieso war er schon zurück? Ich dachte, er wollte erst heute Abend wieder da sein?

Never Feel SafeOnde as histórias ganham vida. Descobre agora