Ein Ende und ein neuer Anfang

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Emma

„Liam? Kommst du endlich? Wenn wir jetzt nicht losfahren kommen wir zu spät." Gestresst stand ich am Fuß der Treppe unseres neuen Hauses und räumte eines der Spielsachen, das Loki hatte liegenlassen aus dem Weg.

Mein Mann polterte die Treppe herunter und hauchte mir einen kurzen Kuss auf die Lippen. „Wir stellen uns nur vor Emma, wenn wir ein bisschen zu spät kommen, geben sie uns bestimmt keine schlechte Note."

Leise schnaubte ich auf und wartete ungeduldig, dass Liam endlich seine Schuhe anzog. „Aber es macht keinen guten Eindruck. Wir wollen ein Kind adoptieren, was wenn sie glauben, wir würden das Kind auch immer zu spät abholen oder gar vergessen? Niemand will Eltern, die ihr Kind vergessen."

Liam lachte. Warum lachte er denn jetzt? Es wäre ganz bestimmt nicht Lustig, wenn wir als unfähig abgestempelt werden würden, nur weil mein Mann ein Fußballspiel zu Ende gucken musste.

„Entspann dich Emma." Sanft legte Liam seine Hände an meine Schultern und küsste mich auf die Stirn. „Du wirst eine ganz wundervolle Mutter Emma. Und jeder der das nicht sieht, ist blind. Wir werden heute einen guten Eindruck machen und wer weiß, vielleicht sind wir in einem Jahr schon Eltern."

Lächelnd schlang ich meine Arme um Liam, der mich sogleich fest in den Arm nahm. „Jetzt wird alles gut", wisperte er leise in mein Ohr und ich lächelte. Ja, es würde alles gut werden. Wir würden Eltern werden, auch wenn es nicht unser leibliches Kind war, aber Gene spielten keine allzu große Rolle.

Das hatte ich vor allem durch Finn begriffen. Zwar war Louis sein leiblicher Vater, aber Niall übernahm nahezu die gesamte Erziehung und liebte Finn so abgöttisch, als wäre Finn sein Sohn. Nein, für Niall war Finn sein Sohn.

Leibliche Eltern waren nicht unbedingt gut Eltern, wie Louis immer wieder eindrucksvoll bewies. Er hatte Maya ganz allein gelassen mit den Kindern und hatte am Ende sogar Mias Geburtstag verpasst.

Sanft schob ich meine Hand in die von Liam und verschränkte unser Finger miteinander. „Ich schätze wir sollten wirklich mal los. Mehr als fünf Minuten Verspätung sind schwer zu entschuldigen."

Liam lachte erneut und zog mich mit sich die Treppe nach unten. Ich kannte ihn gut genug um zu wissen, dass auch er nervös war. Zwar stellten wir uns heute wirklich nur bei einer Adoptionsvermittlung vor, aber wenn es gut lief konnte es nicht mehr lange dauern, bis wir endlich Eltern sein würden.



Müde kroch ich zu Liam ins Bett und kuschelte mich eng an meinen Mann, der genauso fertig aussah, wie ich mich fühlte. Lächelnd schob ich eine Hand unter sein Shirt und fuhr über seinen Bauch. „Das lief doch gar nicht mal so schlecht heute."

Liam brummt zufrieden auf und zog mich dicht an sich. „Genau genommen lief es sogar sehr gut", murmelte er in mein Haar. Ich lächelte müde und griff nochmal nach meinem Handy. Heute hatte ich keine Zeit gefunden, mit meinen Freundinnen zu schreiben und herauszufinden, was bei ihnen so los war.

„Gibt's was Neues?" Liam zog mich eng an sich und linste neugierig auf mein Handy. Ich rutschte ein wenig höher und hielt mein Telefon so, dass er mitlesen konnte.

„Louis ist zurzeit auf Hawaii und Maya hat einen Kindergartenplatz für Noah bekommen, anscheinend ist er mit Freddie in einer Grupp." Ich zoomte das Bild, welches Maya mir geschickt hatte, näher heran und schmunzelte, als ich sah, wie Noah Freddie eine Schaufel über den Kopf zog und Freddie einen Eimer, auf dem deutlich ein N zu erkennen war, umklammert hielt.

Liam lachte leise und nahm mir das Telefon aus der Hand. Neugierig klickte er das nächste Bild an und lächelte dann breit. „Schau dir mal Finnie an, Niall hat ihn in ein Dinokostüm gesteckt."

Um meine Mundwinkel herum zuckte es, als ich daran dachte, wie sehr Hayley Dinosaurier verabscheute. Trotzdem war ich mir sicher, dass auch Hayley ihren Sohn zum Anbeißen fand.

„Wenn ich es nicht besser wüsste, dann würde ich sagen, Finn hat Nialls Augen, aber da auch Louis blaue Augen hat, ist das wohl wenig verwunderlich", murmelte Liam nachdenklich.

Mein Handy vibrierte und Liam ließ er vor Schreck beinahe fallen. Ich lachte leis vor mich hin und reckte meinen Hals. „Liam runter, ich kann nichts sehen." Protestierend griff ich nach seinem Arm und zog ihn sanft herunter.

Was ich dann sah, entlockte mir ein entzücktes Seufzen. „Oh nein wie niedlich. Seit wann ist Amelia denn von den Schläuchen und Geräten los?" Gespannt entriss ich Liam das Mobilteil und hielt es mir dichter vor die Augen. Harry hielt seine Tochter, seine überaus winzige Tochter, stolz in den Armen und Amelia umklammerte seinen Finger fest. Ihre Hand reichte grade mal so um Harrys schlanken Zeigefinger herum, aber Harrys lächeln überstrahlte alles.

„Ich weiß nicht. Aber dann kann es wohl nicht mehr lange dauern, bis sie sie mit nach Hause nehmen können."

„Meinst du? Amelia ist doch erst drei Monate alt und...naja", ich brach ab und dachte daran, wie oft das klein Mädchen schon operiert wurde. Grace und Harry hatten einiges durchgestanden, aber ihr Kampf um ihre Tochter war wohl noch lange nicht ausgestanden.

„Hey, meine Patentochter ist eine kleine Kämpferin und sie ist schon wieder gewachsen. Schau doch mal, sie ist nur noch etwas kleiner als Harrys Unterarm, das ist langsam groß genug und sie hat wache Augen." Sofort verteidigte Liam seine Patentochter. Er war mindestens so stolz wie ihre Eltern über jeden ihrer Fortschritte.

„Vielleicht können wir ihr schon bald ihren Cousin oder ihre Cousine vorstellen", lenkte ich ein wenig vom Thema ab. Liam sprang sofort darauf an und lächelte versonnen.

„Ich hätte ja schon gerne einen Jungen zum Fußball spielen, aber vielleicht ist da auch ein Mädchen, zu dem wir uns hingezogen fühlen."

Leicht stützte ich mich auf seine Brust und sah ihn aufmerksam an. „Du hast also keinen besonderen Plan, wen wir zu uns nehmen wollen?"

Mein Mann strich mir eine Strähne aus dem Gesicht und lächelte. „Wenn du magst können wir gerne alles Mögliche planen, aber eigentlich will ich lieber auf mein Gefühl hören. Wenn ich das Kind mag und es sich so anfühlt wie bei Amelia, dann ist es richtig."

Sanft lächelte ich meinen Mann an und haucht ihm einen Kuss auf die Lippen. „Das ist schön. Also dass wir nach dem Gefühl gehen und nicht nach irgendwelchen Empfehlungsschreiben."

Liam zog mich eng an sich und ich schloss meine Augen. Schon bald ging seine Atmung gleichmäßig und ich war mir sicher, dass er eingeschlafen war. Auch ich driftete langsam ins Land der Träume. Mein letzter Gedanke war, wie sehr wir alle uns in den letzten zwei Jahren verändert hatten und was für einen langen Weg wir beschritten hatten.

Herzen hatten zueinander gefunden und andere hatten sich voneinander entfernt. Es waren neue Leben entstanden und andere von uns gegangen und in all den Veränderungen, den wechselnden Wohnorten und dem Gefühlschaos waren wir als Freundinnen noch mehr zusammengewachsen.

Wir alle hatten unsere Macken und Kanten kleine Detail in unseren Charakteren, die nicht perfekt waren. Aber genau diese Fehler machten uns und unsere Freundschaft nur noch perfekter.


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Imperfect PerfectionWhere stories live. Discover now