Vom Pech verfolgt

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Grace

Mit einem Waschlappen fuhr ich mir über das verquollene Gesicht und versuchte, alle Spuren zu beseitigen. Harry würde bald nach Hause kommen und ich wollte ihm stark gegenübertreten. Er würde ohnehin sauer sein, weil ich ihn nicht mit zum Ultraschalltermin genommen hatte und dann musste ich ihm auch noch beichten, dass unsere Tochter nicht gesund zur Welt kommen würde.

Das Klicken der Tür ließ mich zusammenfahren. Hastig räumte ich das Badezimmer auf und strich mir einmal über den Bauch. „Dann gehen wir deinem Daddy mal beichten kleine Maus."

Tief durchatmend öffnete ich die Badezimmertür und prallte direkt gegen meinen Mann, der sich suchend umsah. Seine Hände schlossen sich warm um meine Oberarme und bewahrten mich vor einem Sturz. „Hoppla. Wo willst du denn so schnell hin?" Harry musterte mich kurz und ich wendete schnell meinen Blick ab. „Hast du geweint?"

Schlanke Finger legten sich unter mein Kinn und brachten mich dazu, Harry ins Gesicht zu sehen. Seine grünen Augen musterten mich sorgenvoll und ich biss mir verlegen auf die Lippe. Leicht bewegte ich meinen Kopf auf und ab zu einem Nicken. Ehe ich mich versah, fand ich mich in seiner sanften Umarmung wieder. Harry küsste mich auf die Schulter und hielt mich fest. „Was war los? Sind die sauren Gurken aus oder haben wir kein Erdbeereis mehr?"

Obwohl meine Hormone verrücktspielten, konnte ich darüber nicht lachen. Sicherlich machte ich Harry das Leben hin und wieder schwer, aber grade jetzt waren solche Sprüche völlig fehl am Platz. Erneut sammelten sich Tränen in meinen Augen, die ich aber tapfer zurückblinzelte. Leicht schüttelte ich meinen Kopf und löste mich ein wenig von Harry.

„Nein." Meine Stimme war so belegt, dass ich mich räusperte, bevor ich weitersprach. „Wie war es bei Gemma?"

Harry strich mir das Haar über die Schulter und zog mich mit sich ins Wohnzimmer, wobei er fröhlich vor sich hinplapperte. „Es war schön. Meine Schwester hat sich ihr eigenes, zugegebenermaßen ziemlich cooles Leben aufgebaut, das perfekt für sie passt. Sie fühlt sich total wohl und ich glaube, das ist das erste Mal seit langem, dass wir beide wirklich glücklich sind. Auch wenn ich ihren Freund ein bisschen komisch finde. Du würdest ihn aber wahrscheinlich mögen und dich gut mit ihm verstehen."

Mechanisch ließ ich mich auf dem Sofa nieder und strich mir über den Bauch. Harry war glücklich und ich würde das gleich zerstören. Ein komisches Gefühl in meinem Bauch ließ mein Herz schneller schlagen. Zu spüren, wie sich das kleine Wesen in mir bewegte war genauso beängstigend wie damals bei Maddie. Nur dass es jetzt zusätzlich noch Erinnerungen hervorrief, die ich lieber für immer wegschließen würde.

„Grace? Was ist denn los mit dir?"

„Was?" Erschrocken hob ich den Kopf und sah Harry an, der sich leicht zu mir neigte. Kurz glitten seine Augen zu meinem Bauch und ich sah seine Finger zucken.

Zittrig atmete ich durch und sah Harry einen Moment lang angespannt an. Nervös kaute ich auf meiner Unterlippe herum und verschränkte meine zitternden Hände im Schoß. „Ich muss mit dir Reden Harry."

„Oh oh, wenn du so anfängst, kann es gar nichts erfreuliches sein." Harry entwirrte meine Finger und ergriff meine Hand. Sanft aber bestimmt zog er mich in seine Arme und küsste mich auf die Schläfe. „Na dann leg mal los, Prinzessin."

Das nervöse Zittern meiner Hände ließ langsam nach und ich drückte seine Hand, auch um meine Nerven zu beruhigen. „Ich war heute für einen Ultraschall bei der Frauenärztin", wisperte ich leise. Harry spannte sich an, dass konnte ich deutlich spüren und ich rechnete es ihm hoch an, dass er mich nicht von sich schob.

„Warum bist du ohne mich gegangen? Vielleicht wollte ich dabei sein." Harrys grüne Augen funkelten mich an, er verbarg gar nicht, wie verletzt er war. „Ich hätte unser Kind auch gerne gesehen."

Imperfect PerfectionOnde as histórias ganham vida. Descobre agora