Christian klatschte in die Hände. Er schien amüsiert zu sein. Hatte alles beobachtet und sich wahrscheinlich seine ganz eigene Meinung über Floh und mich gebildet. Dann schritt er zu Floh und hob sein Gesicht am Kinn an, sodass er ihm in die Augen schauen musste. Sein Blick ging komplett durch Christian hindurch.

"Florian. Erkennst du mich? Wahrscheinlich nicht. Dummer Bengel. Aber deine kleine Freundin ist hier, schau." Christian bog Flohs Kopf in meine Richtung, doch Floh blickte emotionslos an mir vorbei. Verzweiflung stieg in mir auf. Wieso erkannte er mich nicht?

"Vielleicht bringt sie dich ja zum Reden." Damit zog Christian sich ein paar Schritte zurück. Flohs Kopf sackte wieder schlaff hinunter. Wann hatte er zuletzt etwas zu essen bekommen?

"Versuchen wir es vorher noch einmal so", begann Christian. "Gibst du zu, acht meiner Männer getötet zu haben?"

Was? Floh hatte angeblich acht Menschen getötet?!

Keine Regung seitens Floh.

Christian schnalzte missbilligend mit der Zunge. "Na, dann eben auf die harte Tour." Er blickte bedauernd zu mir. "Aus dir hätte wirklich eine Schönheit werden können. Na egal, fangt an."

Wie? Womit anfangen?

Einer der Männer stellte sich zwischen Floh und mich und ließ seine Fingerknöchel knacken. Wollten sie Floh vor meinen Augen foltern?! Scheiße! Ich versuchte mir blitzartig einzureden, dass er stark war und Schmerzen aushalten konnte. Er würde das schaffen!

In dem Moment kam der erste Schlag. Brennender Schmerz versengte meine Wange. Ich keuchte. Die wollten nicht ihn foltern, sondern mich!

Der nächste Hieb traf meinen Bauch. Der Schrei wurde von dem Stofffetzen in meinem Mund erstickt. Würgend kippte ich nach vorne; wurde nur von den Fesseln gehalten.

Keine Regung seitens Floh.

Jemand trat mich in die Seite und sofort versengte lodernder Schmerz meine sowieso schon geschundenen Rippen. Etwas spitzes pikte meine Lunge, jedenfalls fühlte es sich so an. Panisch beschleunigte sich meine Atmung.

Verdammt, wieso schwieg Floh so eisern?

Ein schneller Kinnharken folgte einer schallenden Backpfeife. Hustend und keuchend versuchte ich, den Stofffetzen auszuspucken. Konnte nicht atmen. Und diese Schmerzen...

Floh hing noch genauso wie vorher in seinen Ketten. Konnte ich ihm deshalb einen Vorwurf machen? Eigentlich nicht. Ihm ging es schlechter als mir.

Noch ein Schlag in den Bauch. Könnte ich doch nur vernünftig atmen... Ich musste jetzt stark sein. Für Floh. Adrenalin pumpte durch meine Adern.

Ein Tritt in die andere Seite. Röchelnd wurde ich zur Seite geschleudert und der ganze Stuhl kippte um. Hart schlug mein Kopf auf dem Steinboden auf und ich sah Sterne. Nur Sekunden darauf wurde ich samt Stuhl wieder hingestellt. Meine Lungen schrien nach Luft.

"Stopp!", sagte Christian plötzlich, als der Vermummte schon zu einem weiteren Schlag ausgeholt hatte. In letzter Sekunde konnte er seinen Arm noch bremsen.

"Nehmt ihr den Knebel aus dem Mund, das arme Kind kann ja kaum atmen."

Der Mann rupfte das Stoffknäul aus meinem Mund und warf es zu Boden. Japsend schnappte ich nach Luft. Dann würgte ich, hustete, spuckte... Plötzlich Blut auf dem Boden vor mir. Wie kam das dahin? War das etwa von mir? Panik breitete sich in mir aus. Wie lange würden die so weitermachen?

"Nun", setzte Cristian an, "wie wäre es vielleicht mit einer kleinen Gefühlsregung?", fragte er an Floh gewandt.

Dieser schwieg.

Never Feel SafeWhere stories live. Discover now