35# - Seine größte Schwäche

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,,Miss...", nehme ich Sebastian am Rande wahr.

,,Ich... sollte lieber gehen.", sage ich leise und drehe mich um. Ich öffne die Tür zum Treppenhaus und stürme runter. Lasse meiner Enttäuschung in Form von Tränen freien Lauf.

Er hat dir ganze Nacht ihren Namen gerufen? Wie konnte ich... wie konnte ich mir so sicher sein, dass ich es sei, die er bei sich haben will?
Wie konnte ich mich nur so vor Selbstsicherheit blenden lassen? Natürlich ruft er mich nicht! Wie konnte ich glauben, dass er sich auf's neue in mich verliebt hat? So etwas ist gar nicht möglich...!

Ich halte mich am Treppengeländer fest. Setze mich auf die Stufen und weine mich aus.

Er hat dieses Mädchen vorgezogen...
>>Weil er mich liebt.<<

Und wenn es wirklich stimmt? Er war so empfindlich als ich mir diese Fotos angesehen habe. Er hat mir von seiner Vergangenheit erzählt, von seiner Mutter. Aber sie hat er nicht ein einziges mal erwähnt. Sie muss ihm wichtig sein, sehr wichtig. Sonst würde er doch keinen Anfall kriegen.
Wenn sie wirklich das Mädchen aus seiner Kindheit ist, dann... dann...

,,Hey.", höre ich eine bekannte Stimme sagen. Ich sehe auf.
,,Warum sitzt du hier so rum und weinst? Darrow geht es doch gut.", sagt Darrows bester Freund. Ich wische mir die Tränen weg.

,,Geht dich nichts an.", zische ich und sehe ihn nicht an. Er setzt sich neben mich auf die Stufe.

,,Ist es wegen diesem Mädchen?", fragt Liam mich. Ich antworte nicht.
,,Jetzt hör auf zu weinen. Deine schönen Augen haben es nicht verdient so rot anzulaufen.", sagt er sanft und reicht mir ein Tuch mit seinen Initialen.
,,Ich hasse es wenn ein Mädchen, dass ich mag, weint."

Ich sehe ihn skeptisch an und nehme das Tuch. Ich wische mir die Tränen weg, aber sie kommen immer wieder.

,,Jetzt sag' Onkel Liam was dir auf dem Herzen liegt.", sagt er ruhig.

,,Er wollte sie unbedingt sehen. Er hat die ganze Nacht ihren Namen gerufen...", sage ich schniefend. Liam sieht mich seufzt und sagt eine Weile lang nichts. Dann spricht er.

,,Das ist es also... Nun ja, er dachte schließlich sie wäre die ganzen Jahre lang tot gewesen. Das muss ihn sehr geschockt haben. Ich meine, da taucht plötzlich jemand auf und behauptet die Person zu sein, die man Jahre lang gesucht hat. Das muss hart für ihn gewesen sein. Nimm es ihm bitte nicht so übel...", erklärt er.

,,Hat er sie gesucht weil er sie liebt?", frage ich ihn.
,,Sei ehrlich...!", verlange ich.

,,Ich weiß es nicht. Aber eins ist verdammt sicher...", sagt er und sieht mich ernst an.
,,Darrow liebt dich. Ich habe ihn noch nie so erlebt, glaub mir. Neben dir ist er wie neu geboren. Ich habe noch nie gesehen wie sehr er um etwas gekämpft hat, als um dich! Als er dachte du würdest ihn mit Ryan betrügen... Er war komplett außer sich. Er hat alles versucht um dich zu vergessen, bis er sich selbst vergessen hat. Seit er in diesem Krankenhaus ist, ist er unter Entzug, aber das weiß er nicht, weil er es vergessen hat. Ich habe mit den Ärzten gesprochen, seitdem bekommt er Medikamente verabreicht ohne es zu wissen.", sagt Liam ernst. Ich sehe auf den Boden.
,,Was ich damit sagen will ist, dass das, was er für dich fühlt, mit nichts zu vergleichen ist. Als du da unten bei Frederico warst, glaub mir, er hat sich jeden Tag selbst bestraft. Hat sich jeden Tag mehr und mehr gehasst und niemanden an sich ran gelassen. Er war schlicht und ergreifend tot, weil er es nicht ertragen konnte die Liebe seines Lebens in den Armen eines anderen Mannes zu sehen. Darrow ist ein kranker Bastard von Psychopath, und du bist seine größte Schwäche. Das wird immer so sein."

Ich sehe Liam verwirrt an. Ich hätte nie gedacht, dass er Darrow so gut kennt. Sie sind wohl wirklich beste Freunde.

,,Danke Liam.", sage ich und schenke ihm ein dankbares Lächeln.

,,Kein Ding.", antwortet er grinsend und wuschelt mir durch die Haare. Ich lache.
,,Und jetzt tu' mir den gefallen und geh zu ihm. Er braucht dich, süße.", sagt er, steht auf und reicht mir die Hand um mir hoch zu helfen.

Ich rapple mich auf, nehme seine Hand und nicke ihm lächelnd zu. Ich folge ihm aus dem Treppenhaus in den Flur.

Im Aufzug fängt er wieder an zu sprechen.
,,Ähm...", beginnt er. Ich sehe ihn fragend an.
,,Also deine Freundin da... Ella hieß sie, glaube ich...?", sagt er grübelnd. Ich hebe skeptisch eine Augenbraue.

,,Sie ist glücklich vergeben.", sage ich direkt.

,,Darum geht es mir gar nicht...! Ich finde sie nur nett! Ich möchte sie auf freundschaftlicher Basis kennenlernen!", sagt er ganz unschuldig. Ich seufze.

Er hat mir geholfen, also was solls?

,,Was willst du wissen, du Charmeur?", frage ich amüsiert. Er grinst.

,,Auf was für Kerle steht sie so?", fragt er mich neugierig.
,,Steht sie eher auf blond oder braun? Hat sie irgendwelche tiefen Wünsche die sie mal erfüllen möchte? Und was für-"

,,Sie steht auf softies, also eher ruhig und anständig. Sie bevorzugt blonde Typen und liebt es wenn sie das Sagen hat. Hmm... Wünsche... ach stimmt ja! Sie wollte schon immer mal lernen wie man Piano spielt, aber die Stunden waren viel zu teuer. Außerdem träumt sie davon, eines Tages ihr eigenes Krankenhaus zu eröffnen. Sie will Kinderärztin werden, weißt du.", erzähle ich vor mich hin. Kinderärztin zu werden war auch mein Traum, aber das kann ich jetzt vergessen.

Ich habe gar nicht bemerkt wie er ein kleines Notizbuch herausgeholt hat und mitschreibt. Ich muss schmunzeln.

Also süß ist er ja! Zu schade für ihn, dass Phill zuerst da war.

,,Piano... und... Kinderkrankenhaus...", murmelt er und beendet seine Notizen. Bevor er mich noch weiteres Fragen kann, öffnen sich die Türen und ich trete heraus. Liam folgt mir und murmelt zu sich selbst.
,,Also bin ich gar nicht ihr Geschmack... mal sehen was sich da machen lässt..."

,,Ist sie noch da drinnen?", frage ich diesen Mann namens Carl.

,,Ja Miss.", antwortet er. Ich nicke genervt und setze mich auf einen der Stühle an der Wand.

Tief durchatmend warte ich, bis diese Frau endlich raus kommt und ich zu ihm rein gehen kann.

His PrisonerWhere stories live. Discover now