10 - Erster Trainingstag

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Ai war sehr quirlig und ging mir mit ihrem unendlichen Tatendrang jetzt schon ein wenig auf die Nerven. Am Tisch wurde ich noch einiges gefragt, auch über meinen vorigen Lebensort und ich konnte mich da sehr gut rausreden. Danach war ich nicht mehr das Thema, denn sie unterhielten sich untereinander über irgendwelche Dinge. Ich war froh, dass mir keine Fragen mehr gestellt wurden. Es hatte mir schon gereicht, als Ai mich durchlöchert hatte. Irgendwann hörte man von draußen Rufe. Schnell lief ich zur Tür und sah aus dem Fenster. Mein Puls erhöhte sich, als ich das Zeichen von Konoha auf den Stirnbändern erkennen konnte. Unter ihnen auch Tobirama und Madara! Ich konzentrierte mich auf mein Chakra und versuchte es zu unterdrücken, damit sie mich nicht fanden. Es dauerte nicht lange, bis sie auf das Haus zusteuerten und ich in Panik geriet. Schnell lief ich zurück ins Esszimmer. „Sie sind hier! Oh mein Gott, was mach ich denn jetzt?", rief ich verzweifelt und lief nervös hin und her. Bota hob beschwichtigend die Hände und stand von seinem Platz auf. In diesem Moment ertönte ein lautes Klopfen an der Tür. Erschrocken drehte ich mich zu dieser kurz um und blickte danach hoffnungsvoll zu den anderen. „Keine Sorge, wir verraten dich nicht. Los, lauf schnell nach oben!", meinte Bota und legte eine Hand auf meine Schulter und machte sich auf den Weg zur Tür, von welcher erneut ein noch lauteres Klopfen ertönte. Inzwischen huschte ich schnell in mein Zimmer, ließ die Tür jedoch einen Spalt offen, in der Hoffnung sie belauschen zu können. „Guten Abend. Was kann ich für Euch tun?", fragte Bota höflich. „Wir suchen ein weißhaariges Mädchen. Haben Sie sie vielleicht gesehen?", sprach jemand mit gefasster brummender Stimme, die ohne Zweifel zu Tobirama gehörte. Leise schlich ich den Flur entlang zurück zu den anderen. Dort versteckte ich mich hinter der Wand und lugte kurz um die Ecke. Tobirama legte Madara eine Hand auf die Schulter, der jedoch stieß sie wirsch von sich. Irgendwas musste ich verpasst haben. Bota machte ein nachdenkliches Gesicht, schüttelte dann jedoch den Kopf. „Sind sie sicher? Wir konnten ihr Chakra hier deutlich spüren", fragte Madara diesmal misstrauisch nach. Bota zuckte mit den Achseln. „Ich bin mir sicher. Mit Chakra und so etwas hab ich nichts zu tun, junger Herr!" Tobirama nickte ihm noch zu und verabschiedete sich dann. „Wenn sie gelogen haben, wird dies ernste Konsequenzen haben", sprach Madara, bevor auch er sich umdrehte und ging. Bota schloss die Tür und seufzte. Ich kam nach ein paar Minuten aus meinem Versteck hervor und ging wieder zu den anderen, wo ich mich mehrmals überschwänglich bedankte. Sie hatten wirklich etwas gut bei mir.

Nach dem Essen ging ich sofort zurück in mein Zimmer, wo ich mich stöhnend auf mein Bett fallen ließ. Tobiamas Anblick verschwand einfach nicht aus meinem Kopf. Unter seinen Augen erkannte man dicke Augenringe. Seine Miene war durchendweg kalt und unnahbar. Ich musste zugeben, dass er noch nie wirklich eine ausgeprägte Mimik besaß, dennoch hatte ich ihn noch nie so gesehen wie heute. Es brach mir echt das Herz ihn so zu sehen. Er suchte zwar nach mir, doch es hieß nicht, dass er mich mit freudigen Armen empfangen würde. Es machte mir eine unheimliche Angst, dass er aufgrund meines Verschwindens eine Wut auf mich entwickelt hatte und enttäuscht war. Auch wenn Misaki meinte, dass hier Zwangsheiraten nicht mehr üblich waren, konnte ich es nun auf einmal nicht mehr ganz glauben. Besonders wenn es um eine Heiratspolitik ging und für das Dorf und der Clans. Tobirama war sein Clan sowie das Dorf sehr wichtig und deswegen war es auch nicht abwegig, dass ich nun bei ihm unten durch war. Ich seufzte erneut und schloss meine Augen. Es fiel mir schwer mich zu entspannen. Die ganze Situation zog an meinen Nerven und ich hatte Angst. Angst, dass ich gefunden wurde und verheiratet wurde. Angst davor, dass alle sauer auf mich sein würden und mich vermutlich nicht mehr mochten. War meine Entscheidung abzuhauen wirklich richtig? Hashirama hatte zwar Recht, dass man auch Opfer bringen musste, aber was hätte ich tun sollen? Ich lebte vorher in einer anderen Welt, einer anderen Zeit. Zwangsverheiratungen gab es schon lange nicht mehr. Zumindest nicht da, wo ich lebte. Ich war mit so einer Erziehung nicht groß geworden, nicht wie in denen Orten wo man es den Töchtern das ganze Leben lang eintrichterte und sie es als normal empfanden. Ich wünschte mir auf einmal, dass ich niemals hierhergekommen war. Dann hätte ich den ganzen Scheiß nicht am Hals.

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Am nächsten Morgen ging ich schon recht früh mit Bota raus auf die Wiese. Ai hüpfte uns fröhlich hinterher und setzte sich schließlich ein wenig abseits von uns unter einen Baum. „Also, ich werde dir zuerst Shōsen Jutsu beibringen", fing er an und erzählte mir etwas davon. Ich hörte angestrengt zu. Als er fertig war, holte er aus seiner Hosentasche ein Messer und schnitt sich in die Hand. Danach formte er das Fingerzeichen, sofort wurde seine eine Hand mit grünem Chakra umhüllt und heilte die Wunde. Mit großen Augen starrte ich ihn an. Es in Reallife zu sehen, war absolut genial. Zwar hatte ich in Konoha auch ein bisschen Unterricht im Heilen bekommen, aber es war trotzdem kein alltäglicher Anblick für jemanden wie mich. Wie ich es mir vorgestellt hatte, musste ich einen Fisch wiederbeleben. Und es war anstrengender und schwieriger als ich angenommen hatte. Zwischendurch viel Bota auch mal ein, dass ein bisschen theoretisches Wissen, bevor wir mit der Praxis anfingen, nicht schlecht wäre, weshalb wir auch bei der Hälfte des Tages wieder ins Haus gingen und dies nachholten. Da ich mich in Konoha schon mit dem Thema befasst hatte, konnten wir viele Lektionen nach einer kurzen Wiederholung überspringen. Als ich am Abend in meinem Bett lag, war es mehr als nur ein Segen Gottes. 

Verschollene SenjuWo Geschichten leben. Entdecke jetzt