Kapitel 19

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Ludmilas Sicht

<<Na, wenn ihr das jetzt nicht klärt, dann geht bitte in eure Klassenzimmer.>> hörte ich die Stimme von Gregorio. Jemand zog mich mit, und ich bemerkte, das es Fede war. <<Komm!>> sagte er, und führte mich in den Klassenraum. Wir setzten uns nebeneinander, und ich bemerkte, das er immer noch meine Hand festhielt. Schnell löste ich mich von ihm, und hörte, was Pablo uns zu sagen hatte. <<Ich muss in einer viertel Stunde los, zu einer Weiterbildung. Das heißt, ihr habt heute keinen Unterricht, aber ich will, das ihr für die Duette probt.>> Er verabschiedete sich, und Fede zog mich weiter in einen Musikraum. <<Ich habe nachgedacht.>> sagte er, während ich mich an das Klavier setzte. Ich schaute ihn an. Er lächelte freundlich, und seine Augen strahlten. <<Wir könnten den Text auf italienisch singen. Das wäre mal was anderes, und wir würden uns von den anderen unterscheiden.>> Bei dem Wort: wir, spürte ich ein warmes Gefühl, das sich vom Herzen immer weiter ausbreitete. <<Ja, das ist eine sehr gute Idee.>> sagte ich, mit einem Lächeln auf den Lippen, das breiter wurde, als er sich neben mich ans Klavier setzte. Ich spielte die ersten Noten, und Fede umschloss meine Hand mit seiner. Ich riss mich von ihm los, stand auf, und nahm mir ein paar Blätter und Stifte. Als ich zu Fede sah, saß dieser niedergeschlagen am Klavier. <<Okay, du machst die Übersetzung, und ich die Einteilung des Textes. Können wir anfangen?>> Ich biss mir auf die Lippe. Ich wollte ihn nicht verletzen. Wir begannen, unsere Aufgaben zu erledigen, und immer wieder trafen sich unsere Blicke. <<Bist du fertig?>> fragte ich nach einiger Zeit. <<Ja.>> antwortet er knapp. <<Wollen wir den Text jetzt singen?>> fragte er. Wir sangen, und kamen und dabei immer näher. Als wir fertig waren, befanden wir uns nur noch wenige Zentimeter von einander entfernt. Auf einmal legte er die Arme um meine Taille, und zog mich noch näher. Er beugte sich vor, und wollte mich küssen, doch ich wisch aus. <<Es tut mir leid, aber...>> sagte ich. Wie konnte ich ihm nur erklären, das ich ihn nicht küssen kann, wenn in meinem Kopf gerade so ein Caos war. <<Nein, mir tut es leid, ich hätte dich nicht so unter Druck setzten dürfen.>> sagte er, und strich mir sanft über die Wange. Ich weiß nicht, was ich fühle, wahrscheinlich, weil mir das noch nie passiert ist, aber ich weiß, das ich jede seiner Berührungen genieße, und das ich immer in seiner Nähe sein will. Er strich mein Haar zurück, und machte einen schockierten Laut, der mich zusammenzucken ließ.<<Was hast du den da gemacht? Die Stelle ist ja total entzündet.>> Erschrocken, riss ich mich von ich los, und ließ mein Haar wieder auf die Wunde fallen, die ich meiner Mutter zu verdanken hatte. <<Das? Ach nichts. Ich muss jetzt gehen.>> sagte ich, und rannte aus dem Raum. Auf dem Gang traf ich auf Naty. Ich riss sie mit mir, und zog sie in eine Abstellkammer, in der ich mich vor Fede verstecken wollte. Das war kindisch, das wusste ich, aber ich wollte nicht, das er mein Geheimnis erfährt. Er wäre schockiert. Wenn meine Mutter erfahren würde, das er bescheid weiß, dann würde sie ihm auch etwas antun, und das muss ich mit allen Möglichkeiten, die es gibt verhindern. Ich schloss die Tür ab, und ließ mich erschöpft auf den Boden sinken. <<Was ist den passiert?>> fragte Naty besorgt. Sie setzte sich neben mich. <<Ich verstecke mich vor Federico. Wie waren die Proben mit Maxi?>> Sie sah verträumt, in keine bestimmte Richtung. <<Toll, er kann richtig gut tanzen, und er ist auch richtig nett, also wenn wir allen sind, und...>> Auf einmal wurde ihr klar, das wir vorher über etwas ganz anderes geredet hatten. <<Hey, Lenk nicht vom Thema ab! Wieso versteckst du dich vor Fede?>> fragte sie, und sah mich neugierig an. <<Er wollte mich küssen!>> sagte ich verzweifelt. Das war zwar nicht der alleinige Grund, aber auch wichtig. <<Wollte? Heißt das ihr habt euch nicht geküsst?>> fragte sie. <<Nein, ich hab den Kuss abgebrochen, und er hat sich entschuldigt, und irgendwas gesagt, von: Ich hätte dich nicht unter Druck setzen sollen.>> sagte ich, und eine Träne rollte mir die Wange herab. <<Und wieso bist du dann abgehauen?>> fragte sie. Mist, das hatte ich nicht durchdacht gehabt. Verzweifelt suchte ich nach einer einigermaßen plausiblen Erklärung, aber mir fiel einfach keine ein. Ich rieb mir müde, und erschöpft über die Stirn. Ich schätze, jetzt ist die Zeit gekommen, in der ich nicht mehr Lügen sollte. Ich sollte ihr die Wahrheit sagen. Sie hat bis jetzt zu mir gehalten, und ich habe sie immer angelogen. <<Wenn ich dir das erzähle, dann musst du mir versprechen, das du es niemanden sagen wirst.>> beschwörte ich sie.<<Ja, natürlich, wenn es dein Geheimnis ist, verrate ich es niemanden.>> sagte sie, und legte mir ihre Hand auf den Arm. Ich atmete tief durch, und strich mir dann die Haare hinters Ohr. Sie holte erschrocken Luft. Ich musste lachen, aber es war kein fröhliches Lachen, sondern ein verbittertes. <<Ja, so hat Fede auch reagiert, als er es gesehen hat.>> sagte ich. <<Aber wie ist den das passiert?>> fragte sie, und begutachtete die sicherlich mittlerweile blau gewordene Wunde. <<'Seit mein Vater gestorben ist, hatte meine Mutter schwere Depressionen. Danach fing sie an, mir an allem die Schuld zu geben. Das ihre Karriere als Tänzerin vorbei ist, oder ihr scheitern bei allem. Ich bin ihr größter Fehler. Das weiß ich mittlerweile. Irgendwann fing sie an mich zu bestrafen.>> sagte ich. Naty hatte mir aufmerksam, und mit geschockten Gesichtsausdruck zugehört. <<Weiß Diego es?>> fragte sie nach einer Weile. <<Ja, das und noch viel mehr.>> sagte ich leis. <<Noch viel mehr?>> Ich sah, wie verwirrt sie aussah. Langsam griff ich nach dem Saum meines Oberteils. Dann zog ich es ein Stück weit hoch, und zeigte ihr meinen Rücken. Sie schrie auf. <<Oh Gott.>> sagte sie nur. Ihre Augen waren weit aufgerissen.

Fedemila - Ich liebe dichWhere stories live. Discover now