Der Preis

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Oktober 1978

Sein Blick ging zur Tür, die aufgestoßen wurde. Ein kalter Windstoß wirbelte die Sägespäne im Eingangsbereich auf und ließ die Dielen knarren, als der Neuankömmling darüber schritt. Die Tür knallte laut ins Schloss und ließ einige Gläser im Schrank erzittern. Der Fremde trug einen langen, weinroten Reiseumhang und hatte die Kapuze tief ins Gesicht gezogen. Als er näher kam, blitzten hellbraunen Wildlederstiefel unter seiner Robe hervor. Sein Auftreten war selbstsicher, doch er sah sich trotzdem kurz in dem leeren Pub um, bevor er auf dem Mann am hintersten Tisch zuging. Er war der einzige Besucher, die Kneipe war ansonsten leer, was für diese Zeit unüblich war, doch er war dankbar dafür. Der Fremde hatte seinen Tisch erreicht und er deutete ihm sich zu setzen. Eigentlich war er nicht fremd und nun, da es auch keine neugierigen Blicke hier gab, schenkte er ihm ein warmes Lächeln.

Sein Freund schüttelte ihm die Hand, zog den Stuhl zurück und nahm Platz, ohne sich die Kapuze vom Kopf zu ziehen. Sein Gesicht blieb im Schatten und Albus konnte weder den müden Ausdruck noch die Freude über ihr Treffen in seinem Gesicht lesen.

Er erkundigte sich nach dem Getränkewunsch seines Freundes und ging hinüber zur Theke, um ihm diesen zu erfüllen. Als er zurückkam, hatte sich der Neuankömmling bereits sichtlich entspannt und er nahm dankbar das Glas Gin an.

„Nun, mein alter Freund, was gibt es Neues zu berichten?" Albus nippte an seinem eigenen Glas.

Sein Gegenüber seufzte und nahm ebenfalls einen Schluck.

„Er hat mich nach Dundee ins magische Forschungszentrum geschickt. Ich sollte mich dort um eine Stelle bewerben und mir den Gebäuderiss merken."

„Bewerben? Als was?"

„Als Mentor in der Zauberkunstforschung, aber ich denke, die Stelle war nicht das Entscheidende. Sein Interesse galt dem Gebäudekomplex."

„Plant er einen Einbruch?" Albus legte die Stirn in Falten.

„Davon gehe ich aus." Er griff in die Tasche seines Umhangs und zog zwei ordentlich gefaltete Bögen Pergament hervor und klappte sie auf. „Sein Augenmerk lag auf der Bibliothek im dritten Untergeschoss. Ich bin bei der Führung leider nicht so weit gekommen. Man hat mir nur das Nötigste gezeigt."

„Die Bibliothek?", grübelte Albus und fuhr sich mit der Hand durch den ergrauten Bart, während er den Gebäudegrundriss musterte. „Hat er dir gegenüber irgendeine Andeutung gemacht, die darauf schließen lässt, was er dort sucht?"

Sein Gesprächspartner lachte.

„Nein! Er ist sehr bedacht auf seine Wortwahl und nicht jemand, dem etwas ‚aus Versehen' herausrutscht!"

Dumbledore nickte. Das war seine Art. So war Tom Riddle schon zu seinen Schulzeiten gewesen.

„Vielleicht", sprach der Fremde weiter, „besteht die Möglichkeit mit dem Forschungszentrum Kontakt aufzunehmen und herauszufinden, ob sich etwas Wertvolles oder Außergewöhnliches in ihrem Besitz befindet."

„Ich werde es sofort veranlassen."

Eine kurze Pause folgte, in der Dumbledore bereits überlegte, wem er diese Aufgabe übertragen konnte.

Meadowes hatte vermutlich die besten Kontakte. Albus würde sie direkt nach diesem Treffen aufsuchen.

Womöglich konnten sie schon am Ende der Woche ein Ergebnis liefern.

„Was war mit Amandas Apotheke? Weiß man nun, wer für das mysteriöse Verschwinden der Zutaten verantwortlich ist?"

„Das war eine Finte", seufzte Albus und stellte das leere Glas zur Seite. „Eileens Nachfolgerin, hat sich mit dem illegalen Verkauf ihren Lohn aufgebessert. Wir haben es nachgeprüft, es gab nie eine Verbindung zu den Todessern."

Im Schatten eines großen NamensWhere stories live. Discover now