Nachhilfe

5.6K 396 18
                                    

Oktober 1976

Als die Schulglocke läutete, sprangen die meisten Schüler auf, denn der sonnige Tag lockte viele nach draußen in den Hof. Severus hatte angefangen, seine Sachen einzupacken, doch Gwen war noch damit beschäftigt sich Notizen zu machen. Die Feder kratzte über das Pergament und als sie fertig war, tippte sie vorsichtig mit dem Zauberstab darauf, um die Tinte zu versiegeln. Als sie ihre Unterlagen zusammenpackte, waren fast alle Schüler verschwunden. Severus wartete bereits neben ihr, als Professor McGonagalls Stimme durch den Klassensaal hallte.

»Miss Dumbledore, hätten Sie noch eine Minute für mich?«

Überrascht blickte Gwen auf. Was wollte ihre Verwandlungslehrerin von ihr?

»Ich warte vor der Tür«, Severus' Flüstern war kaum vernehmbar gewesen – hatte er überhaupt gesprochen oder hatte sie seine Stimme im Geiste gehört.

Gwen schloss die Schnallen ihrer Tasche, schulterte sie und ging nach vorne zum Lehrerpult. Die streng aussehende Hexe schenkte ihr ein Lächeln und deutete ihr, sich zu setzen.

»Möchten Sie einen Keks?« Sie zeigte auf eine karierte Metalldose, die auf der Ecke ihres Pults stand.

»Nein danke, Professor«, antwortete Gwen, die wollte, dass sie zur Sache kam.

»Nun Miss Dumbledore, da sie Leiterin der Arithmantik AG sind, wende ich mich direkt an Sie. Professor Vektor hat mit mir über einen Schüler meines Hauses gesprochen, er hat seinen ZAG imvergangenem Jahr gerade so erreicht, aber er wird in diesem Jahr nichtmithalten können, sofern er keine Unterstützung erhält.«

»Es gibt noch freie Plätze in der AG, falls Sie das«, doch McGonagall unterbrach sie.

»Die AG alleine wird nicht ausreichen. Ich denke, es werden einige Einzelstunden benötigt, bevor der Level erreicht ist, um in Ihrer AG wieder mitzukommen.« Die Lehrerin musterte sie aufmerksam. »Da Sie Vertrauensschülerin sind, sind Sie sich sicher Ihrer Pflicht bewusst, Hilfebedürftige zu unterstützen.«

»Selbstverständlich, Professor.« Gwen hatte ein ruhiges respektvolles Lächeln aufgesetzt, doch innerlich fluchte sie. Wie sollte sie in ihren sowieso schon engen Terminplan auch noch Privatstunden für einen Gryffindor einplanen?

»Das ist wirklich außerordentlich freundlich von Ihnen.« McGonagall schien Gwens aufopfernde Hilfsbereitschaft nicht anzuzweifeln. »Wenn Sie die Stunden auf Dienstagabend legen, könnten sie dieses Klassenzimmer nutzen. Ist Ihnen das recht?«

Gwen sah sich kurz um, für Arithmantik brauchte sie nicht mehr als einen Raum mit Tisch und Stuhl – doch vor allem Ruhe.

»Wäre halb sieben in Ordnung?«, fragte sie ihre Lehrerin.

»Natürlich!« Sie nickte und machte sich eine Notiz. »Dienstag halb sieben, Klassenzimmer für Verwandlung. Also gut, ich werde es Mr. Black mitteilen.«

Gwendolyn, die sich gerade erhoben hatte, erstarrte.

»Black?!«, wiederholte sie.

Für den Bruchteil einer Sekunde war ihre Fassade gefallen. Professor McGonagall sah auf, aber Gwen hatte ihre Selbstbeherrschung augenblicklich wiedererlangt.

»Ja«, bestätigte sie. »Doch wie ich schon sagte, ich werde ihm diese Nachricht zukommen lassen.«

»Vielen Dank, Professor.« Gwen lächelte, doch als sie ihrer Lehrerin den Rücken kehrte und auf die Tür zuging, hatte sie das dringende Bedürfnis etwas zu zerstören.

Severus hatte vor der Tür auf sie gewartet. Als Gwendolyn herauskam, erkannte er sofort ihre schlechte Laune.

»Was wollte sie?«, hakte der Sechstklässler nach und schlug sein Exemplar von Zaubertränke für Fortgeschrittene zu.

Im Schatten eines großen NamensWhere stories live. Discover now