Strafarbeiten

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Oktober 1975

»Wie viel Zeit uns verloren geht! Zeit, in der ich hätte lernen können. Zeit, in der wir hätten Okklumentik üben können!«, jammerte Gwendolyn.

Severus folgte ihr stumm und mit schuldbewusster Miene, während sie die Stufen hinauf zur Eulerei erklommen. Heute Mittag würden sie zum ersten Mal ihre Strafarbeit verrichten müssen.

»Ich komme jetzt doch kaumnoch mit Muggelkunde hinterher. Dieses Wochenende wäre einfach perfekt gewesen!So viel Ruhe in der Bibliothek  hat man viel zu selten.«

Den ganzen Morgen ging das schon so. Severus verkniff sichjedoch den Kommentar, dass Muggelkunde eines der Fächer war, das Gwen genaugenommen nicht hätte lernen müssen und ergötze sich stattdessen an derTatsache, dass heute das Quidditch-Spiel Hufflepuff gegen Gryffindor stattfand.Das Spiel, das Gryffindor ohne ihren angeberischen Jäger meistern musste. Erkonnte sich ein hämisches Grinsen einfach nicht verkneifen, weil er wusste, wieviel Potter Quidditch bedeutete. Als die beiden Freunde die Eulerei erreichten,schien Gwendolyn in der Zeit, in der sie eine hübsche Eule für ihren Brief an Luciusauswählte, besänftigt zu sein. Doch leider dauerte dies nicht allzu lange. ImAnschluss machten sie sich auf den Weg zu Filchs Büro, der sie für ihreStrafarbeiten einteilen würde.

Noch bevor sie die Räumlichkeitihres Hausmeisters erreichen konnten, stießen sie auf ihn. Der miesepetrigeFilch, der seit wenigen Jahren den Posten von Apollyon Pringle übernommenhatte, weil dieser in den Ruhestand ging, war immerzu schlecht gelaunt.Gwendolyn hegte den Verdacht, dass er die Schüler insgeheim für ihr Talenthasste – die Fähigkeit, Magie zu wirken – denn der Anfang zwanzigJahre alte Filch war scheinbar ein Squib. Ein Kind, das ohne jegliche magischeBegabung in eine Zaubererfamilie geboren wurde. Squibs hatten einen schwerenStandpunkt in der magischen Gesellschaft, denn es gab keinen Weg, dieseunerwünschten Parias zu bekehren. Man wurde entweder mit oder ohne Magie imBlut geboren. Etwas dazwischen gab es nicht.

Gwen hatte nie verstanden, warum ihr Vater den Posten des Hausmeisters ausgerechnet an jemanden übergeben hatte, der keine magischen Fähigkeiten besaß, denn das erschwerte viele Arbeiten immens. Gerade aus diesem Grund waren die Strafarbeiten, die Argus Filch zuteilte, besonders unangenehm.

An seiner Seite stand Professor Beery, der sich wild gestikulierend mit Potter unterhielt und der Filchs düstere Miene nicht zu bemerken schien. Gwendolyn und Severus tauschten noch einmal Blicke aus, als sie beide ihre Erzfeinde erkannten und Gwen rollte demonstrativ mit den Augen.

»Oh, da sind sie ja. Dann wären wir nun ja vollständig«, rief Professor Beery aus, als er die beiden Slytherins bemerkt hatte. »Nun, dann können wir ja beginnen, nicht wahr, Argus?«

Das tiefe Brummen des Hausmeisters schien ›ja‹ zu bedeuten.

»Nun, Mr Potter«, fuhr ihr Kräuterkundelehrer fort, »es tut mir schrecklich leid, Ihnen das mitteilen zu müssen: Sie kommen leider nicht in den Genuss, die Gewächshäuser säubern zu dürfen, auch wenn Sie bestimmt froh wären, wenigstens ein paar Fetzen des Quidditch-Spiels erhaschen zu können!«

Gwendolyn fiel ein Stein vom Herzen. Das hieß also, Potter und Black würden Filchs Arbeit erledigen müssen. Ein bisschen Scheibenputzen im Gewächshaus war sicherlich das kleinere Übel.

»Schon in Ordnung, Professor!« Er sah wirklich niedergeschlagen aus, was Gwens Laune direkt etwas aufheiterte und ihr tatsächlich wieder ein Lächeln auf die Lippen zauberte.

»Nun Argus, seien Sie nicht so streng mit den Herren! Nun aber zügig, ich möchte das Spiel nicht verpassen. Folgen Sie mir, Miss Dumbledore, Mr Black!«

Das Lachen verschwand augenblicklich aus Gwendolyns Gesicht, als Sirius wehmütig an ihr vorbeitappte, um dem Lehrer zu folgen. Sie warf einen verwirrten Blick zu Severus, dessen Miene nun Filchs um Längen schlug.

Im Schatten eines großen NamensWhere stories live. Discover now