Kapitel 1

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Tris

Als ich meine Augen aufschlug war es noch dunkel, weshalb ich kaum etwas erkennen konnte. Nachdem sich meine Augen an das fahle Licht gewöhnt hatten konnte ich das Bett meiner Schwester Chris erkennen. Chris ist meine Zwillingsschwester. Dennoch sehen wir uns alles andere als ähnlich. Wenn man mal von unserem Charakter absieht, denn der ist ziemlich gleich. Trotzdem schaffen es immer wieder Leute uns zu verwechseln... Chris hat rote Haare die ihr über die Schultern gehen, im Gegensatz dazu habe ich lange braune Haare. Ich muss schon zugeben Chris und ich sehen uns in den Gesichtszügen sehr ähnlich, doch wenn sie schlief wirkten ihre Gesichtszüge so wie die von unserer Mutter.

Wenn ich sie beim Schlafen beobachtete, könnte ich manchmal Stunden einfach nur sitzen und sie beobachten. (Das soll jetzt nicht irgendwie creepy rüberkommen, oder so...). Chris erinnerte mich so sehr an unsere Mutter. Sie war verstorben, wie sie in die Schlucht gestürzt ist, als wir noch klein waren. Chris beim Schlafen anzusehen erinnerte mich an sie.

Obwohl ich nur ein paar Minuten älter als Chris war, hatte ich trotzdem ein Beschützerinstinkt ihr gegenüber. Meiner kleinen Schwester. Dem Stück Mum das in ihr steckte.

Ich war so in Gedanken versunken, dass ich gar nicht gemerkt hatte, dass die Sonne bereits aufging. Sie tauchte alles in ein schönes Orange und ließ die Fenster der kaputten Hausruinen glühen. Es war ein wunderschöner Anblick. Es sah so aus als ob die Stadt brannte. Eine gleichermaßen erschreckende als auch faszinierende Vorstellung.

Nun wachte auch Chris auf und sah sich schläfrig um. „Guten Morgen! " rief ich ihr zu und trat vom Fenster weg.

„Du brauchst nicht gleich zu schreien!", murmelte sie schlaftrunken. „Wir müssen bald los.", informierte ich sie und trat zu unserem Schrank. „Also zieh dich an " Mit diesen Worten öffnete ich den Kleiderschrank und holte eine schwarze Hose raus und ein schwarzes Top. Ich holte ihr ebenfalls eine Hose (auch in schwarz) und ein top (ebenfalls in schwarz) raus und warf es ihr aufs Bett. Schnell hatte ich meine Kleidung an und ging runter, während sie sich noch umzog.

Als Chris fertig angezogen war frühstückten wir und liefen mit den anderen Ferox in unserem Alter zum Zug, um zum Gebäude zu fahren, in dem wir den Eignungstest machen würde. Chris alberte mit einigen Ferox rum, aber ich saß am Eingang und starrte raus. In der Ferne sah man schon das große Hochhaus und wir machten uns alle bereit.

Der Zug näherte sich dem großen Haus, vor dem bereits alle anderen Fraktionen standen und wir sprangen alle ab. Gekonnte rollten wir uns im Gras ab und ich lief neben Chris zu den anderen, die sich bereits mehr oder minder aufgestellt hatten. Wenn man das so nennen wollte. Im Vergleich zu den anderen Fraktionen war es ein ziemlicher Haufen, der sich am Eingang für die Ferox tummelte. Die anderen Fraktionen standen geordnet da und bildeten jeweils eine hauptsächlich einfarbige Reihe. Die der Amite war orange und gelb, die der Ken waren blau, die der Candor war schwarz-Weiß und die der Altruan war einfach ein schlichtes, dreckiges Grau. Diese Farbe war nicht so schön, meiner Meinung nach, aber das war den Altruan schließlich egal. Sie schauten ja nicht mal in den Spiegel! Jede Fraktion stand vor dem Eingang, über dem das jeweilige Zeichen zu sehen war. Die Amite vor dem Baum, die Ken vor dem Auge, die Candor vor der Waage, die Altruan vor den Händen und wir, die Ferox, vor der Flamme.

Schließlich kam der Moment, in dem jeder in das Gebäude trat und sich vor unterschiedlichen Türen reihte. „Und, was denkst du, kommt bei dir raus?", fragte Chris und ich lachte auf. „Wenn nicht Ferox rauskommt, dann muss da bestimmt etwas ganzgewaltig schiefgelaufen sein!", lachte ich und Chris stieg mit ein.

Da wurde mein Name aufgerufen und ich ging in den Raum vor mir. Als ich rein kam war Tori gerade an irgendwelchen Geräten beschäftigt. Interessiert was sie da mache wollte ich ihr über die Schulter schauen. „Setz dich!" befahl sie mir und ich ging auf die Liege, die im Raum stand zu. „Du warst ja ewig nicht mehr bei mir im Studio!", murmelte sie- Tori arbeitete im Tattoo-Studio. „Ich schaue demnächst vorbei, wenn ich dann noch bei den Ferox bin. Was wahrscheinlich der Fall sein wird.", antwortete ich und sah mich im Raum um. Bis auf den Stuhl und die kleine Ecke mit den Bildschirmen und ein paar anderen Dingen stand nichts im Raum. Wirklich groß war er zwar nicht, aber durch die Spiegel, die die Wand bedeckten schien er um einiges größer. „Also ich hoffe sehr, dass du bald weiterhin zu den Ferox gehören wirst.", grinste sie und hielt mir ein kleines Glas mit einer blauen Flüssigkeit hin. „Trink das.", befahl sie. Ich nahm es in die Hand und roch dran. Zuerst beäugte ich die Flüssigkeit misstrauisch, trank sie aber dann schnell aus. Der Geschmack war seltsam, doch ich konnte mir nicht lange darüber Gedanken machen, denn alles wurde schwarz und ich dämmerte Weg.

Als ich wieder aufwachte starrte Tori mich komisch an. „Was ist? " fragte ich und nachdem sie sich wieder gefasst hatte antwortete sie: „Dein Ergebnis war nicht eindeutig!" Ich warf ihr einen verwirrten Blick zu. „Du bist Ferox..." Ich zuckte mit den Schultern und sah sie fragend an. „Und was daran ist nicht eindeutig?" Sie nickte kurz und schluckte. „Du bist auch Ken...", murmelte sie und ich sah sie verdattert an, doch sie zählte weiter auf: „Und Altruan...Und Amite." „Vier Fraktionen?!", fragte ich und sah sie fassungslos an. Sie nickte und ich sah langsam zu Boden. „Aber das bedeutete, dass ich eine...", flüsterte ich und sie redete mir rein. „Dass du eine unbestimmte bist. Ja. Du bist eine Unbestimmte, Tris." Ich hatte schonmal von unbestimmten gehört, aber nie erwartet jemals eine zu treffen geschweige denn selbst eine zu sein. Unbestimmte sind angeblich gefährlich, aber war ich das denn?! Tor war in der Zwischenzeit zu den Computern gegangen und tippte eilig darauf rum. „Tori, was...was soll ich jetzt tun?" Diese ganze Situation überforderte mich gerade sehr und ich hoffte, dass Tori mir helfen könnte, wenn sie davon wusste. Sie fuhr zu mir herum und sah mich eindringlich an. „Es ist gefährlich. Die beste Lösung ist, dass du es niemandem sagst und jetzt gehst. Je weniger du weißt, desto besser!" Mit diesen Worten wurde ich rausgeschoben und die Tür wurde mir vor der Nase zugeknallt. Ich war so verwirrt! In diesem Moment sollten mir wahrscheinlich hunderte Fragen auf der Zunge liegen, aber mein Kopf war leer. Wie die Ruhe vor dem Sturm. Unbestimmt. Dieses Wort ging nicht aus meinem Kopf! Immer wieder schwebte es hin und her, als würde es mich verhöhnen, dass ich nichts darüber wusste und auch nichts wissen würde. Ich brauche dringend frische Luft, sonst werde ich verrückt!, dachte ich mir und ging schnell aus dem Gebäude raus. Draußen stand niemand und ich konnte endlich ausatmen. Ich atmete die Luft ein und spürte, wie mein Kopf langsam klarer wurde. Da wurden mir von hinten die Augen zugehalten. Ich wusste sofort, wer es war. „Uriah!", rief ich aus und drehte mich um. Die Hände verschwanden und ich sah vor mir Uriah, der mich breit angrinste.

„Wartest du noch auf Chris? Oder kommst du mit uns mit?" Er zeigte auf Lynn und Marlene und noch ein paar andere Ferox die bei ihm standen. „Nein, ich warte besser, sonst wird sie sauer und das will bestimmt niemand von uns." Ich sah ihn vielsagen an und wir lachten los. Wenn Chris sauer wurde konnte das ziemlich anstrengend werden... Er wusste genau, wie sie sein konnte.

„Früher hast du sie absichtlich geärgert damit sie wütend wird!", beschwerte er sich und verschränkte die Arme vor der Brust. Ich lächelte ihn an. „Wann anders mach ich mit, aber heute nicht.", winkte ich ab und er grinste verschmitzt. „Deine Schuld! Du verpasst was!" Mit einem Schulterzucken gingen er und die anderen davon, während ich weiterhin auf Chris wartete.

Ich brauchte nicht lange zu warten da kam auch schon Chris aus der Tür spaziert. Sobald sie mich erblickte lächelte sie breit und wir gingen gemeinsam zum Zug. Schweigend warteten wir und sprangen schließlich auf. Ich setzte mich erneut an den Ausgang und starrte nach draußen, während Chris sich ebenfalls in eine Ecke setzte. Auf einmal kamen alle Gedanken wieder und stürzten auf mich ein. Ein Sturm brodelte und Wellen von Fragen schwappten in meinem Kopf und fluteten ihn. Nur ein Satz war klar erkennbar und wiederholte sich in Dauerschleife: "du bist eine Unbestimmte!"


So das war jetzt das erste Kapitel. Ich weiß es ist kurz aber es kommen Noch längere.

Lg Falke22

I'm Divergent- DauntlessTahanan ng mga kuwento. Tumuklas ngayon