Eine neue Wolke Rauch, die meine Augen zum Brennen bringt. "Was für eine Erklärung ..."

"Über eine Sache, die ich mir nicht erklären kann." Die Ruhe in seiner Stimme verstört mich. "In den vergangenen Wochen wurdest du durchs Höllenfeuer geschleift. Aber jetzt gerade siehst du deprimierter aus als jemals zuvor." Seine Augen funkeln. "Woran liegt das?" Ich denke an Pacos Leiche. An Lunas Handy. Die gescheiterten Anrufe. Juans Hinrichtung. Die Vernichtung meiner letzten Chance auf Freiheit. Das Foto von Juan und seinem Sohn. Und natürlich an mein Gebet, das nicht erhört wurde.

"Das liegt daran, dass du blind bist.", lüge ich.

Er geht vor mir in die Hocke und ist nun auf meiner Augenhöhe. "Das denke ich nicht."

Ich halte seinem Blick stand, auch wenn sein Rauch meine Augen quält. "Mir ist egal, was du denkst." Ich sehe zu dem Foto von Francos Gesicht, das an einen Baumstamm genagelt wurde. "Interessante Kunstinstallation.", murmle ich mit Blick auf die Wurfsterne und das Messer in Francos Visage und finde ein bestimmtes Objekt wirklich interessant.

Reyes nickt. "Eine Hommage an unseren Erzfeind."

Ich rapple mich auf und gehe zur Hommage. Muss schlucken. "Ach ja? Wie eine Huldigung sieht das Ganze nicht aus." Aber in meinem bescheuerten, vernebelten Kopf sieht es aus wie eine Möglichkeit.

"Ich schätze, in meinen Kreisen ist das die Art, einander zu würdigen." Ich höre das Lächeln aus seiner Stimme. Taumle. Überlege. Dann ziehe ich das Taschenmesser aus Francos Stirn. "Wirklich speziell."

Reyes zieht eine Braue nach oben. "Was wird das, Ally?"

Ich zucke mit den Schultern und betrachte das Messer. "Mir gefällt es."

Als ein wissendes Glitzern in seine Augen tritt, beginnt ein neues Lied im Hintergrund.

La luz entra en tu casa cuando no la esperas

Ich kenne das Lied. Immer wenn ich es höre, fühlt es sich an wie ein geheimnisvoller Traum, aus dem ich nicht mehr aufwachen will. Für einen winzigen Moment versinke ich in den hypnotischen Klängen, dann fahre ich mit den Fingern über die Klinge des Messers und tauche wieder auf.

Reyes drückt seine Zigarette aus. "Le Jardin." Er schnaubt belustigt. "Wie romantisch." Vielleicht. Wenn das Lied in einer komplett anderen Situation für komplett andere Menschen gespielt werden würde.

Er kommt näher. "Also ..." Seine Stimme ist ruhig. "Am Abend unserer Feier ... Warum bist du ausgerechnet heute so niedergeschlagen?"

Verträumt streiche ich über die Klinge. Lasse mich in meine Verneblung fallen. Dann wage ich den Blick in seine kalten Augen. "Ist das nicht offensichtlich?", frage ich. "Weil du zu Francos Basis aufgebrochen bist und ..." Leise vollende ich die Beschreibung meiner Seelennot. "... und nicht verreckt bist."

Er lacht. "Oh, das tut mir leid." Nimmt meine Hand, aber mein Griff um das Messer bleibt eisern. Er wirkt fasziniert. "Und was willst du jetzt machen?"

Ich überlege nicht lange. Meine Stimme ist noch immer schwach, aber voller Klarheit. "Ich würde dich gern umbringen."

Er lächelt. "Interessant." Lässt meine Hand wieder los. "Aber ich schätze, das wird nichts. Du hattest schon beim letzten Mal keinen Erfolg."

O quizás en mis abrazos, en un jardín de albaricoques

Die Musik elektrisiert mich. Meine Glieder entspannen sich. "Stimmt." Nachdenklich lege ich den Kopf schief. "Dann muss ich mich diesmal mehr anstrengen."

Die warmen Klänge umhüllen uns. Reyes bewegt sich im Takt der Musik. "Tanz mit mir, Ally." Ich starre ihn misstrauisch an, aber er offenbart nicht das kleinste Zeichen der Unsicherheit in seinem Gesicht. Sein Lächeln ist einnehmend, seine Stimme dunkel. "Tu nicht so steif. Zu Lento konntest du es noch, schon vergessen?"

Deadly People  ✓Where stories live. Discover now