12 - Folter

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Ich sitze vorn über gebeugt in der Wanne und betrachte die rote Pfütze zu meinen Füßen. Meine Zehen sind verklebt und haben die gleiche Farbe wie der Rost auf der Emaille. Wer hätte gedacht, dass so viel Blut aus so kleinen Körperteilen kommen kann ... Der Schmerz ist abscheulich, aber nicht so schlimm wie die Muskelkrämpfe, die mich plagen.

Es ist der fünfte Tag meiner Gefangenschaft. Zumindest vermute ich das. Reyes ist zwei weitere Male wiedergekommen. Bei seiner zweiten Befragung hat er das Ertränken selbst übernommen. Gestern, zumindest glaube ich, dass es gestern war, wurde ihm das Wasser zu langweilig und er brachte eine Zange mit. Vielleicht gefiel ihm nicht, dass er mein leidendes Gesicht während des Ertränkens nicht sehen konnte oder dass meine Schreckenslaute durch das Wasser gedämpft wurden. Störende Faktoren, die er zu beheben wusste. Das war die dritte Befragung und sie endete mit vier gezogenen Fußnägeln und den abartigsten Schreien, die ich jemals in meinem Leben von mir gegeben habe. Ich glaube, noch immer ihr Echo zu hören, wenn ich die Augen schließe.

Trotzdem schließe ich die Augen, um das konstante Flackern der Deckenlampe auszublenden, dass mich in diesen qualvollen Tagen erfolgreich daran gehindert hat, Schlaf zu finden. Es ging nicht einmal, als ich mir die Hände vors Gesicht hielt. Neben der Schlaflosigkeit sind Kälte und Aushungerung ebenfalls Teil der Folter, die Reyes für mich vorgesehen hat. Mein Augenlicht hat sich in den vergangenen Tagen verschlechtert. Mein Kreislauf ist im Arsch und mein Körper hat sich in ein Wrack verwandelt.

Mein Kopf dröhnt. Meine halbtrockene Bluse klebt an meinem zitternden Oberkörper. Die Arme um meine Beine geschlungen, fokussiere ich meinen schwachen Blick auf meine blutigen Zehen, versuche, sie zu bewegen. Valeria konnte mich nie zur Maniküre überreden, also habe ich mich einmal als Kompromiss dazu erweichen lassen, dass sie meine Fußnägel lackieren durfte. Sie hat mir die Augen verbunden und statt dem unauffälligen Nude-Lack Neongrün mit Glitzer aufgetragen, um mich zu ärgern. Hat funktioniert. Ich war angepisst und sie hat gekichert. Jetzt gerade bereue ich, das Neongrün damals abgekratzt zu haben. Tränen laufen über meine Wangen. Ich werde Valeria niemals wiedersehen. Ich werde hier drinnen sterben.

Vom Gang her nähern sich unheilvolle Schritte, die mein Selbstmitleid unterbrechen. Ich muss schlucken und krümme mich. Neuer Tag, neue Qual ... Mir wird übel vor Hoffnungslosigkeit. Der Schlüssel dreht sich, die Tür öffnet sich, die schweren Schritte betreten meine Folterkammer. Plötzlich vergesse ich zu atmen.

Es ist nicht Reyes.

Der Mann, der vor mir steht, ist ein breitschultriger Muskelprotz. Die Personifikation eines Berges. Ich blinzle ein paar Mal und weiß endlich, an wen mich dieser Riese erinnert. Dwayne 'The Rock' Johnson. Die Ähnlichkeit ist verstörend. So verstörend, dass ich ihn kurzzeitig für das Produkt meines Fiebertraums halte. Sehr kurzzeitig, nur so lange, bis er ein paar Schritte auf mich zukommt und meine Angst wieder Herrscher meines Bewusstseins wird. Ich kauere mich zusammen und halte schützend die Arme vor meinen Körper.

Eine neue Foltereinheit. Was sonst. Dwayne wird mir die Scheiße aus dem Leib prügeln. Mir einen Arm abreißen. Oder ein Auge aus dem Kopf schlagen. Ich denke an Tattoogesicht und realisiere, dass ich ihn zutiefst beneide. Ihm war ein Kopfschuss vergönnt. Ein schneller Tod. Warum bin ich diejenige, die langsam und qualvoll sterben muss?!

Als sich Dwayne zu mir herunterbeugt, zucke ich krampfhaft zusammen und halte meine Arme vor mein Gesicht. Als seine Faust auf mich zusteuert, nimmt meine Verzweiflung Überhand und ich bettle panisch. "Bitte nicht! Ich kann das nicht mehr! Scheiße, ich sag alles, was ihr hören wollt!"

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Immer her mit Meinungen, Vermutungen, Feedback und Votes!! Und immer schön gespannt bleiben ;)



Deadly People  ✓Where stories live. Discover now