KAPITEL 51

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Nächster Morgen, 10:03 Uhr

Langsam schlenderte ich die Treppen wieder hinunter und hielt mich bei jedem Schritt an dem silbernen Geländer fest um mein Bein nicht zu sehr belasten. Gähnend betrat ich das Esszimmer zur angrenzenden Küche und ließ mich auf einen der Stühle fallen um anschließend auch wieder mein rechtes Bein neben mich hoch zu legen. Ruckartig stellte jemand einen Teller vor mir ab und ich schüttelte kurz meinen Kopf um wieder gescheit in die Realität zu kommen. Es war Karl gewesen, der mich sanft an lächelte und mir ein Spiegelei zum Frühstück vor die Nase gestellt hatte. Ich erwiderte sein Lächeln müde und nahm schließlich das glänzende Besteck in die Hand und fing langsam an zu essen.
Plötzlich spürte ich wie mich jemand an zu starren schien und blickte nach rechts und sah Tinas verwirrte Mimik auf mir ruhen.
Irritierend sah ich mich um und erkannte, dass mein rechter Ärmel ein wenig nach unten gerutscht war und der dünne Stoff des Verbands ein wenig hervor spitzelte. Somit schob ich diesen hektisch wieder nach oben und hoffte einfach nur darauf, dass Tina mich nicht darauf ansprechen würde. Wieder einmal gähnte ich bevor ich mir ein Stück meines Essens in den Mund schob.

Die Nacht gestern wurde lang, denn ich konnte einfach nicht einschlafen. Anfangs saß ich noch eine lange Zeit einfach nur Stumm auf meinem Boden, doch mir liefen trotz dessen Tränen über die Wangen, weshalb meine Augen noch immer ein wenig brannten. Jedes Mal wenn ich mich selbst verletzte, fühlte es sich in diesem Moment mehr als befriedigend an, doch wenn ich fertig war, bereite ich es und ich würde es am liebsten einfach wieder rückgängig machen wollen. Doch leider ging das nicht, deshalb trug ich immer langärmelige Sachen. Als ich schließlich fertig war mit Gedanken darum zu machen, versuchte ich zu schlafen, doch war mich nur am hin und her drehen. Weshalb ich mir eine Ablenkung gesucht hatte und angefangen hatte mein Zimmer auf zu räumen. Nun und jetzt war es endlich mal wieder sauber, aber wer weiß für wie lange.

"Wenn wir fertig sind müssen wir zu eurem Vater und dann werdet ihr sehen, dass ich recht hatte", riss mich Alex aus meinen Gedanken und auf der einen Seite war ich ihm dafür dankbar, denn ich wollte nicht wieder in Selbstmitleid oder so etwa ähnlichem verfallen. Doch ich würde auch gerne wieder dort hin zurück kehren, denn meine Gedanken war mein sicherster Ort.

Der Mützenkopf grinste durch die Runde, weshalb ich mir selber auch ein kurzes Lächeln auf Zwang und die letzten Bissen noch in mich hinein stopfte. 

Kurz darauf machten wir uns direkt auf den Weg ins Büro unseres Vaters. Scheinbar hatte er schon sehnsüchtig auf uns gewartet, denn er tippte nur gelangweilt auf seinem Computer umeinander. Wir setzten uns gegenüber von ihm auf der Leserbank vor dem Schreibtisch ab und er blickte von seinem Bildschirm auf.

"Wie geht es deinem Bein?", es war das erste mal bis jetzt, dass mein Vater mich fragte wie es mir ging, nachdem Clay mich verletzt hatte. Doch tatsächlich war in der Frage nicht ein hauch von Sorge zu hören, so als hätte er sich zwingen müssen diese Frage zu stellen, weil es ihm eigentlich total egal ist was mit mir ist. Solange ich funktioniere und das tue was er von mir erwartet.

"Ganz gut", antwortete ich also und er nickte noch knapp bevor er anfing zu reden.

"So ich habe einen neuen Auftrag, viel größer als die letzten die ihr hattet", fing er an zu erzählen und wir reagierten alle nicht, sondern warteten bis er weiter redete.

"Ihr werdet wieder in die Stadt fahren und in die Shopping-Mall einbrechen. Hier ist noch eine Liste mit den Läden, in die ihr rein müsst! Ihr müsst euch aber beeilen, da einige Schlösser Alarm gesichert sind und auch wenn ihr alleine seid, verhaltet euch ruhig", erklärte er uns unsere Aufgabe und schob uns einen Zettel mit den gewünschten Läden rüber. Karl nahm diesen nickend entgegen und fing an sich diese durch zu lesen.

"Wann sollen wir das machen?", fragte Tina nach, da er kein Datum oder eine Uhrzeit gesagt hat.

"Morgen Nacht, drei stunden nach Schließung", beantwortete er ihre Frage und sein Blick huschte kurz wieder auf seinen Monitor. Ich seufzte innerlich, warum zum Teufel musste er uns immer so kurzfristig Bescheid geben. Nachdem wir noch die letzten Sachen besprochen hatten, verschwanden wir auch schon wieder aus seinem Büro und gingen alle hoch zu unseren Zimmern, da wir nichts anderes mehr zu tun hatten.

"Hat noch einer von euch vielleicht ein Desinfektionsmittel?", fragte ich nach dem ich mehrmals gezögert hatte, doch warum sollte diese Frage so schlimm sein, kann ja möglich sein, dass ich dieses für mein Bein benötige.
Tina bejahte meine Aussage und warf mir ihre Flasche zu, die sie eben schnell aus ihrem Zimmer geholt hatte.

Alex war daraufhin in sein Zimmer gegangen nachdem er bemerkt hatte das er mir nicht mehr behilflich sein kann und mein Bruder fing an mich kritisch zu mustern. Ich zog daraufhin nur eine komische Grimasse als ich es bemerkte und Karl fing an zu lachen und verdrehte belustigt die Augen bevor er in sein Zimmer verschwand und seine Tür hinter sich schloss. Zum glück war das nochmal gut gelaufen, somit ging ich auch in mein nun endlich aufgeräumtes Zimmer. Ein schöner Anblick musste ich echt zugeben, vielleicht sollte ich jetzt mal versuchen, es ordentlich zu halten.

Ich verstaute das Desinfektionsmittel in meinem Schrank, da meins gestern Abend leer geworden war.

Zögerlich schob ich einen meiner Ärmel ein wenig nach oben und betrachtete den Verband darunter. Seufzend schob ich ihn wieder nach unten, manchmal bereute ich es wirklich so leichtsinnig zu sein.

Meine Gedanken schweiften danach wieder zu dem Thema von gestern.

Karl hatte ihn wirklich erzählt was hier abging und wir wissen auch Bescheid was bei ihnen abgeht. Ich hab nur echt Bedenken davor, dass sie vielleicht reden würden, doch das war doch eher unwahrscheinlich oder? Niemals im Leben würden sie reden, wir haben ja wie Alex gestern gesagt hatte auch etwas gegen sie in der Hand.

Wieder einmal spielte ich mit dem Gedanken Clay anzurufen und ihn zu fragen ob wir uns treffen würden, denn ich muss zu geben es fühlte sich komisch an nach gestern, nach unseren Kuss nichts von ihm gehört zu haben. Doch die Angst siegte und somit spielte ich wieder meine Playlist über meine Musikbox, mit welcher ich mich zuvor verbunden hatte und machte mich daran an meinem Buch weiterzulesen, um die Zeit tot zu schlagen.

——

Huchh, also wenn ich George gewesen wäre, hätte ich Clay angerufen.

Fünf Kapitel später und das war's dann mit der Lesenacht, ich hoffe es hat euch gefallen. <3

Kiss me once Where stories live. Discover now