Teil 26

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Herakles:

"Ariana. Hör mir jetzt genau zu.", meine Stimme klang mutig und klar, doch in meinem Inneren wusste ich das es alles nur vorgetäuscht war. Ich hatte meine letzte Kraft in den Blitzschlag investiert. Meine letzte Kraft sollte uns hier raus holen, doch was nun? Nun mussten wir uns auf unseren Verstand, auf unsere Kraft und unseren Kampfgeist verlassen.

"Du musst mir vertrauen.", ich zitterte und meine Adern spannten sich unter dem belasteden Gewicht meines Schildes an, ich konnte mir ihre Antwort schon denken. Nein. Sie vertraute mir nicht. Sie wollte mir nicht trauen. Doch zu meiner Überraschung war alles anders als gedacht.

"Ich vertraue dir Herakles.", mit einem stürmischen Ausdruck im Gesicht griff sie nach ihrem Dolch.
Ein kleiner Funken an Misstrauen spiegelte sich dann jedoch in ihren Augen wieder. "Vergebe mir Mutter.", ihr Blick ruhte starr auf mir und es begann sich ein unangenehmes Gefühl in meinem Körper auszubreiten. Kalt und ungewohnt, fast schon fühlte es sich an als würde sie mir auch die Schuld daran geben hier zu sein.

Ariana:

Ich konnte es. Daran hielt ich stark fest. Ich würde mich gegen mein Leben auf dieser Insel, gegen den König und gegen all denen stellen die über mir waren. Ich würde gegen die
Wachen kämpfen und siegen. Auch wenn ich dann flüchten müsste und all meine Bemühungen ein Leben zu führen umsonst gewesen wären.

Doch mir war auch klar das ich nie die Chance gehabt hätte ein normales Leben zu führen, ich war eine Weise, ein Mädchen ohne Familie, ein Mädchen die nichts anderes konnte als zu kämpfen. Eine Seele die voller Kummer und Angst war.

Ich war bloß eines der vielen Götter kinder die kein Leben hatten. Eine Schachfigur, dessen jeder Spielzug ihr Ende bedeuten könnte.

Eine Marionette war ich, geführt von den Götter, in einem Spiel das größer war als ich es mir jetzt vorstellen konnte. Und in diesem Spiel sollte ich nun mitwirken ob ich wollte oder nicht.

Noch bevor ich etwas unternehmen konnte sprang Herakles nach vorne. Er verließ den Schutz des Schildes und rannte bewaffnet auf die Soldaten zu. Die Männer um ihm sahen ihn für einen kurzen Moment verwirrt an, doch griffen nach langem überlegen an.

Ich konnte es ihnen nicht verübeln, es erforderte großen Mut, aber auch viel Dummheit freiwillig gegen den Halbgott zu kämpfen. Nicht um sonst würden im ganzen Land Geschichten über seine glorreichen Siege verbreiten.

Doch diesmal verstand ich seinen Plan zum Sieg nicht. Man sah in seinen Kämpfen für gewöhnlich eine Taktik. Und was war sie jetzt? Breitbeinig und voller Stolz auf Soldaten los zu laufen.

Zwar war er Herakles, doch das war ein nicht durchdachter Zug. Und auch wenn er gut gebaut, kräftig und übermenschlich stark war, eine gute List ist immer stärker als jede Kraft.
Ich hatte gesagt ich vertraute ihn, doch blind vor Stolz brachte er uns in den Tod. Das wollte ich keineswegs.

Die Rädchen in meinem Kopf arbeiteten fleißig an einer Lösung. Wir waren in der Unterzahl, Bogenschützen zielten auf und eine große Menge von Soldaten versperrten uns den Weg zur Freiheit.

Wir brauchten einen anderen Weg hinaus. Am Ärmel seines weißen Hemdes zog ich Herakles zurück, gerade noch rechtzeitig, da sich vor seinen Füßen ein Pfeil in den Sand bohrte. Ich versuchte Herakles wieder zurück in den Schutz des Schildes zu bringen, doch anstatt mir Folge zu leisten, hob er bloß den scharf geschliffenen Pfeil auf.

Die Spitze glänzte in der heißen Sonne Chios, sodass sich jeder Blick auf sie lenkte. Doch dem Held kümmerte dies nicht. Er holte aus und warf. Der starke Wind dämmte den Druck des Wurfes ein. Doch trotz dessen, traf der Pfeil blitzschnell das Auge eines Soldaten.

Er krümmte sich, schrie und fiel zitternd zu Boden. Einige der um ihn stehenden Soldaten versuchten eine Schutzmauer aus Schildern zu halten. Doch keiner schien ihn helfen zu wollen, keiner schien seinen Tod verhindern zu wollen.

Ausgerechnet ein mir bekannter Schwarzschopf bahnte sich einen Weg zu den besiegten Soldat und kniete zu ihm zu Boden, bevor Herakles reagieren konnte.

Der junge Soldaten zuckte am ganzen Körper. Tief rotes Blut lief sein Gesicht hinunter und sammelte sich schließlich an seinem Kinn, bis das es beinahe langsam hinunter auf den Untergrund tropfte.

Beinahe behutsam hob der Schwarzhaarige den Verletzten am Kopf an. Ich lehnte mich etwas nach vorne und schliff das Schild hinter mir durch den Sand, um den merkwürdigen Neuling besser zu betrachten. Er kam mir bekannt vor und etwas in mir sagte mir das es nichts gutes zu bedeuten hatte.

An seinem langen Schwarzen Mantel den er über seiner Rüstung trug erkannte man weder sein Gesicht noch seine Körperstruktur und das gefiel mir nicht. Ich wollte meinen Gegner kennen und wenn er sich entschied mein Feind zu sein war es wichtig über ihn bescheid zu wissen.

Herakles etwas abseits von mir machte sich scheinbar wenigere Sorgen um ihm als ich es tat, schnurstracks rannte er auf die Armee zu, doch nicht mehr göttlich, nein diesmal sterblich so wie die eine Hälfte von ihm war. Schweiß glänzte auf seiner Haut, sein Körper wirkte angespannt und seine Atem war über Meilen zu hören.

Und in diesem Moment sah ich nicht mehr den Gottersohn in ihm nein, ich sah bloß den Sohn Alkmene's.

Die Verlorene Tochter Des Himmels [In Überarbeitung] Donde viven las historias. Descúbrelo ahora