Teil 16

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Ariana:

Meine Wut war verdammt groß. Ein ungutes, mulmiges Gefühle hatte sich in meinen Magen angesammelt und drohte zu explodieren. Ich war blind vor Wut, reagierte naiv und unüberlegt. Ohne meinen Verstand zu benutzten.

Denn als ich verwundet und ruckartig auf Herakles lossprang, zog dieser rasch sein magisch funkelndes Schwert.

Meine Gedanken überschlugen sich, ich wusste, was nun passieren würde.Keine Sekunde später spürte ich nur noch, wie sich die Waffe in mein Fleisch bohrte. Mein Körper war wie gelähmt und ich wagte es nicht mich zu bewegen.

Stock steif stand ich keuchend vor Herakles, sein Schwert in meinem Oberkörper. Meine Augen weiteten sich und mein Atem war wie verschwunden.

Gierig versuchend nach Luft schnappend bemerkte ich nicht, wie Herakles indessen langsam sein Schwert aus mir zog und ich schlapp zur Seite fiel.

Auf der Seite landete ich auf dem Sandboden und die Umgebung um mich herum wurde verschwommen. Meine Augenglieder drohten sich zu schließen, als ich zwei kalte Hände unter meinen Armen spürte.

Ich drehte meinen Kopf mühsam über die Schulter und sah, wie Georgios hinter mir stand. Er flüsterte mir etwa zu, doch meine Ohren erreichte nichts. Ich hörte seine Worte nicht und Lippenlesen beherrschte ich nicht.

Plötzlich drückte er seine Hand gegen meine Wunde und ich schrie auf der Stelle los. Ignorierend presste er mir die andere Hand gegen den Mund und bearbeitete meine Wunde weiter.

Ich versuchte immer wieder, seine Hand wegzuschlagen. Zappelte wie verrückt und schlug, wie eine Irre um mich.

Doch er hörte nicht auf. Langsam bemerkte ich, wie sich die Stelle an meinem Bauch vor Schmerzen betäubt hatte und ich die Finger Georgios in meiner Wunde nicht mehr spürte.

Schlapp und dem Tode nahe lag ich in den Armen dieses kleinen Mannes. Doch was ich trotz meines Zustandes bemerkte war, dass ein helles, leuchtendes Licht um ihn ging. Als würde seine Haut leuchten.

Nach einigen weiteren Sekunden ließ er von mir ab. Er legte mich, wie er mich gefunden hatte auf dem Boden und leise hörte ich ein Schnipsel seinerseits.

Das Letzte, was ich von ihm hörte, waren folgende Worte:
»Du wirst aufblühen Schwester« Dann verschärfte sich mein Blick wieder und ich sah, wie das Publikum aufgestanden war.

Jubel, Freudenschreie und Glückwünsche waren überall zu hören, doch keiner von ihnen schenkte mir Beachtung. Mein Blick fuhr zum König, er lachte ausgelassen und unterhielt sich mit einem seiner Sklaven, der vor Freude strahlte.

"Nun denn, Herakles hätte eigentlich um meine Erlaubnis fragen müssen... Doch das ist jetzt auch nicht mehr vonnöten. Immerhin ist Ariana inzwischen Geschichte.", lachte er weiter.

Schnell richtete ich mich auf. Ich war tot? Ich fasste mir an den Kopf, der noch immer dröhnte und sah zu Herakles. Der im selben Moment geschockt zu mir blickte. Verwirrt stand ich auf und taumelte ein wenig herum, bis dass ich mein Gleichgewicht wieder fand.

Das Publikum verstummte und der König erhob sich langsam. In der nun stummen Arena konnte man hören, wie der König zu seinen Sklaven flüsterte: "Siehst du das Mädchen auch noch lebend?"
"Ja, mein König.", der Sklave rieb sich die Augen und kniff sich in den Arm.

Verwirrt schaute auch ich an mir hinab. Alles an mir sah lebend aus. Als wäre ich nie gestorben. Der König räusperte sich. "Na dann, haben wir uns scheinbar geirrt, Ariana lebt.", er zögerte einen Moment. "Lasst den Kampf weiter gehen.", fuhr er dann etwas zuversichtlicher weiter.

Herakles:

Das konnte nicht sein. Sie war tot. Ich hatte sie umgebracht. Sie war nicht mehr am Leben. Mein Schwert hatte ich in ihren Bauch gebohrt. Sofort fiel mein Blick auf ihren Bauch. Nichts. Nicht ein Tropfen Blut lag auf ihr.

Als hätte der Kampf nie stattgefunden. Als hätte sie nie gegen mich gekämpft.

Mit einem noch immer verwirrten Gesichtsausdruck griff Ariana zu ihrem Dolch. Sie stellte sich gegenüber mir und sah aus, als hätte sie noch immer nicht verstanden, was nun los war.

Ich hatte es jedoch schon längst verstanden. Sie war von den Toten wieder erwacht worden. Mit Sicherheit. Ich schluckte den Kloß in meinem Hals hinunter. Ich hatte vielleicht etwas Angst, immerhin kämpfte ich gegen eine Untote.
Und Untote kann man bekanntlich nicht besiegen.

Ariana:

Mit meinem kleinen Dolch versuchte ich die Schläge des Herakles abzublocken, es war schwierig, aber ich würde es schaffen. Hätte ich mein Schwert, würde es mir jedoch um einiges leichter fallen. Ich sah für einen kurzen Augenblick an Herakles vorbei auf den Sand. Dort lag es mein Schwert.

Im zwei Stücken geteilt, lag es da. Das Erste, was ich mir je gekauft hatte, war dieses Schwert gewesen. Ich hatte es von einem Händler, auf dem Markt bekommen. Es hatte mich augenblicklich in seinen Bann gezogen und bis auf gerade nicht losgelassen.

Wieder auf Herakles sehend, wehrte ich mit neuer Energie kraftvoll den nächsten Schlag ab. Immer weiter. Jeden Schlag von ihm war ein Scheitern. Ein Scheitern, welches ihn von Schlag zu Schlag wütender machte.

Erschöpfung und Verzweiflung spiegelten sich in seinen grauen Augen wider. Stumm kämpften wir jedoch weiter. Keiner verlor nur ein Wort. Es war still. Tode still in der Arena, nur das aufeinander prallen der Waffen war zu hören und zu fürchten.

Jeder Schlag des anderen könnte das Ende seines selbst sein. Jeder Schlag könnte den Tod bedeuten. Einen kurzen Augenblick passte ich nicht auf. Herakles drängte mich wie davor an die Wand und hielt dabei sein glänzendes Schwert an meine Kehle.

Das kühle Metall an meiner Haut fühlte sich unwohl und schrecklich an und ich wollte es am liebsten wegschlagen.

Herakles hielt mich fest und sah zum König hinauf, dieser nickte lächelnd. Der junge Halbgott setzte zum Schlag ein. Prompt löste ich mich aus meiner Schockstarre.

Meine Hand schoss hinauf und umfasste sein Handgelenk, welches versuchte sich zu lösen und das Schwert hinunterzudrücken. Doch ich hielt stand. Kraftvoll und energisch stieß ich seine Hand auf Seite und schubste ihn von mir weg.

Ohne dass ich auch nur eine Sekunde zum Nachdenken hatte, kam er wieder auf mich, reflexartig hob ich meinen Dolch und sein Schwert traf gegen meine Waffe.

Unsere Augen verdunkelten sich beinahe zeitgleich und mein Dolch wurde zu meinem Bedauern plötzlich rot. Auch Herakles Schwert passte sich der Farbe meines Dolches an.

Stumm betrachtete ich das Geschehen bloß. An meinen Hals zog der Adler sich nach oben und keine Sekunde später flog mir meine geliebte Halskette über den Kopf hinweg. Zum Stillstand kam sie über Herakles und mir.

Von unseren beider Waffe kam ein magisches rotes Licht aus und erhellte das Stadion in hellen Tönen. Das Publikum schwieg, der König schwieg und auch wir Kämpfer schwiegen.

Denn über uns in einem weißen Licht war ein Satz auf Griechisch geschrieben. Ein Satz, der alles verändern würde. Ein Satz, denn ich niemals glaubte, jemals zuhören.
"Τα παιδιά του Δία."
"Die Kinder des Zeus."

Die Verlorene Tochter Des Himmels [In Überarbeitung] Where stories live. Discover now