Teil 8

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TW: Mord Tod

Lamia

Meine Stimme versagte langsam, sie wurde kratzig, leise und schwach. Doch trotzdem verstummte sie nicht.
Traurig blickte ich nach oben, wo nichts zu sehen war, außer Dunkelheit.

Ich musste es versuchen. Ich musste versuchen, dort hochzukommen. Meine linke Hand umfasste einen herausstehenden, tiefschwarzen Stein. Erschrocken stellte ich fest, dass er nass war. Meine andere Hand legte ich an einen trockenen Stein an und zog mich nach oben.

Automatisch fanden meine Beine halt an einer Spalte. Mit Kraft und Ehrgeiz kletterte ich nach oben. Die Steine wurden nasser, unangenehmer und unerreichbarer. Gedankenverloren passte ich nicht auf.

Meine Hand rutschte vom Stein ab. Hilflos hielt ich mich an der noch verbliebenden Hand fest. Ich rieß meine Augen auf, als ich den großen Abstand zum Boden sah. Diesen Sturz würde ich nicht überleben.

Das Herz klopfte in meinen Ohren und meine Kehle wurde trocken. Ich würde sterben und zu meinem Glück war ich schon in der Unterwelt, ich musste keinen langen Weg auf mich nehmen, um ins Jenseits zu kommen.
Ich schüttelte über meine eigenen, naiven Gedanken den Kopf.

Ich durfte nicht sterben, ich musste zu Ariana. Ich wollte ihr nur zu gern alles erklären. Ihr erklärten, wieso ich hier war, ihr sagen wie sehr ich sie liebte.

Meine Augenglieder fielen wie von alleine zu, vor mir war meine Energie. Der Mensch, der mich vorantrieb. Ein strahlendes Lächeln hatte sie aufgesetzt und ihre silbergrauen Augen sahen mich ruhig an.

Ihre dunkelbraunen Haare fielen in leichten Wellen ihre Schultern hinunter und ihr Körper steckte in einem weißen Gewand. Das war sie, so wie ich sie mir die ganzen neun Jahre vorgestellt hatte, meine Ariana.

Mit ihr das Leben zu führen, welches wir uns immer gewünscht hatten, dass war mein Wunsch. Dafür würde ich kämpfen. Nicht einmal die höchste Wand konnte mich davon abhalten, auch keine Monster, Beamte, Menschen oder der Göttervater Zeus.

Der Gott des Himmels hatte schon zu viel eingerichtet. Schon zu viel hatte ich ihn gegeben. Mehr als es mir lieb war. Ich habe mein Herz an diesen Gott verloren, es zurückholen, das wollte ich.

Doch meine Tochter würde er mir nicht wegnehmen können, dafür würde ich sorgen. Meine Hand fand von alleine einen Stein zum Halten und ich zog mich hoch.
Ich würde rauskommen, dass wusste ich.

Ariana:

Diesmal ertönte kein Jubeln, keiner wurde gefeiert und es war zum ersten Mal in dieser großen Stadt kein einziger Mucks zu hören.

Verwirrt stand ich auf, meine Füße liefen wie von alleine zu der Tür. Leise öffnete ich sie und blickte durch die Spalte nach draußen. Mein Atem stockte. Ein kopfloser Mann lag umzingelt von Sklaven am Boden.

Meine Augen schlossen sich schnell, ich wollte es nicht sehen.
War es wirklich nötig, seinen Gegner so leiden zu lassen? Einen schmerzhaften und langsamen Tod verdiente niemand.

Ich unterdrückte die Tränen als ich Rufe hörte. Die Rufe seiner verletzten Frau. "Petros! Das ist mein Mann!", ihre Rufe hallten in meinen Ohren weiter. Es lag so viel Trauer und Leid in ihrem Klang.

Langsam öffnete ich meine glasigen Augen wieder. Die junge Frau lehnte über den Oberkörper ihres Mannes. Immer wieder strich sie mit zitternder Hand über seine Brust und legte ihren Kopf auf die Stelle seines Herzens.

Ihre Kleidung zerrissen, ihre Stimme am Versagen und ihre Seele zerstört.
Ich wollte schon die Tür schließen, doch plötzlich sah ich eine kleine Gestalt im Schatten hinter ihr.

Ein Junge, Petros Sohn. Seine blauen Augen hatten ihren Glanz verloren und er kniete hinter seiner Mutter. Sein Blick starr nach vorne.

Immer wieder kullerten auch ihm die Tränen herunter. Diese Familie hatte es nicht verdient. Nicht verdient, den Vater und Ehemann zu verlieren.

Mit einem leisen Geräusch schloss ich die Tür wieder. Meine Finger umschlossen die kühle Türklinge und ließ sie durch meine Körperwärme heiß werden.
Mit der anderen Hand wischte ich mir sanft über meine rosigen Wangen.

Wieder etwas beruhigt, setzte ich mich zurück auf die Bank.
Doch mein Atem beschleunigte sich jedes Mal als ich die Namen der nächsten Kämpfer hörte.

Immer mehr Männer gingen raus und nur einer der beiden kam zurück. Den anderen würde keiner von uns wieder sehen.

Zu meinem Erstaunen hat auch der gutaussehende Helm Dieb seinen Kampf gewonnen. Ich fand heraus, dass er Ariston heißt. Ein Name mit Bedeutung.

Der Tüchtige hieß es, Ariston der mit der guten Leistung, der Name passte zu ihm. Immerhin hatte er sein Duell gewonnen. Er hatte es schon hinter sich. Ich war noch an der Reihe.

Instinktiv umfasste ich meine Kette. Der goldene Adler glänzte im Licht der Kerze. Gedankenverloren fuhr ich die Umrisse seiner Flügel entlang, jeder einzelne Umriss stach sich in meinen Finger.

Der Kopf war nach unten gebeugt und die Augen enthielten fast übersehende blaue Diamanten. Die Kühle der Kette ging mir bis ins Mark der Knochen und ließ meinen Körper erschaudern.

Immer noch von der Schönheit meines Schmuckstückes abgelenkt hörte ich nicht, wie man meinen Namen rief. Erst als mich Georgos an der Schulter packte, sah ich nach oben.

"Ariana, du bist am Zug." "Richtig", murmelte ich und schnappte mir den Dolch neben mir.
Sofort erwärmt sich mein Dolch und ich stellte fest wie meine Waffe wie am Abend zuvor rot anlief.

Unauffällig versteckte ich ihn hinter meinen Schild und bewegte mich auf die Tür zu.
Überlegen lächelte mich Georgos an.
"Er wird dich finden.", seine Augen wurden golden und leichte Lachfalten bildeten sich neben seinen Augen.

Geschockt schaute ich in seine Augen. "Wer?", doch bevor er es beantworten konnte, fragte der König wann der Kampf beginnen würde.
Einen kurzen Augenblick drehte ich mich zum Tor und sah meinen Gegner vor der Tür auf mich warten.

Dann drehte ich mich zu Georgos, doch dieser war schon verschwunden. Übrig blieb ein funkelnder Staub.

Leicht schüttelte ich den Kopf.
Darüber würde ich mir später den Kopf zerbrechen.
Jetzt war erst mal mein Schicksal dran und das sollte ich nicht warten lassen.

Die Verlorene Tochter Des Himmels [In Überarbeitung] Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt