Kapitel 18

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Ich sagte kein Wort. Es war, als hätte ich das Sprechen verlernt. Will ist tot. Nein, dass konnte nicht sein. Er konnte nicht tot sein. Gott, was ist mit Joyce und Jonathan. Haben sich es schon erfahren oder hoffen sie immer noch darauf, dass Will Zuhause anruft?

Dustin drehte sich zu mir um und ich konnte seinen Schmerz sehen. Sein Gesicht war blass, als hätte er einen Geist gesehen. Lediglich seine Augen waren rot und geschwollen.

Ich versuchte mich einigermaßen zu fassen und ging auf ihn zu. Dann setzte ich mich neben ihm auf den Boden und schwieg, da ich keine Ahnung hatte, wie ich das Gespräch anfangen sollte.

"Ich habe ihn gesehen," begann Dustin dann leise zu sprechen, "sein Körper...er...ich...ich meine wir...", seine Stimme brach und er schluchzte.

Sie haben ihn gesehen. Aber wie? War es bloßer Zufall oder hat Elf ihn gefunden und die Jungs zu ihm geführt?

Ich strich ihm über die Schulter, dann reichte ich ihm ein Taschentuch. Er nahm es an, atmete noch einmal tief durch und versuchte mit seiner Erzählung fort zu fahren:

"Lucas, Mike und ich haben gesehen, wie sie Will aus dem See gezogen haben."

"Wer waren sie?", fragte ich. Bitte nicht Joyce und Jonathan.

"Die Polizisten."

Ich hielt kurz inne, dann räusperte ich mich und schaute Dustin in die Augen: "Wo wurde er gefunden?"

"Der See am...am Steinbruch," erwiderte er und schniefte in sein Taschentuch.

Ich nahm ihn in den Arm und drückte ihn ganz fest an mich, als die Trauer aus ihm heraus brach. Ich versuchte ihn zu beruhigen und gleichzeitig meine Tränen zu unterdrücken, was mir jedoch nicht gänzlich gelang.

Es dauerte mehrere Stunden bis sich Dustin beruhigt hatte. In der Zwischenzeit hatten wir unser Gespräch auf das Bett verlegt, wo er schließlich auch einschlief.

Ich schlich daher aus seinem Zimmer raus und ging in meins. Als ich meine Tür schloss, fing ich an zu zittern. Meine Atmung wurde unregelmäßig und ich glitt mit dem Rücken an dem hellen Holz meiner Zimmertür entlang, sodass ich auf dem Boden saß. Ich brach in Tränen aus und versuchte nach Luft zu schnappen, während wieder einmal die Szenarien mit Barb und Benny vor meinem inneren Auge abgespielt wurden.

Benny ist tot.

Will ist tot.

Und Barb? Was ist mit ihr?

Ich weiß nicht wie lange ich dort saß, aber irgendwann war ich so erschöpft, dass ich an Ort und Stelle einschlief.

-

"Should I stay or should I go", hörte ich eine mir nur allzu bekannte Stimme. Ich schlug die Augen auf und sah ihn etwas weiter von mir entfernt, vor mir: Will!

Ich rief nach ihm und rannte auf ihn zu, da nahm ich eine weitere Stimme wahr, die ebenfalls nach Will rief. Es war Mike! Doch ich konnte ihn nirgends erblicken, ich drehte mich in jegliche Richtung, mit der Hoffnung, in doch noch zu sehen, aber es war erfolglos.

Als ich mich jedoch wieder Will widmen wollte war er weg. Ich rief noch einmal nach ihm, als...

Ich schreckte auf und fand mich in meinem Zimmer, auf dem Boden, vor meiner Tür wieder. Ich strich mir mit meiner Hand über meinen Mund und erblickte Blut. Mein häufiges Nasenbluten ist auch nicht normal, dachte ich und stand langsam auf.

Mein Kopf, mein Nacken und mein Rücken schmerzten. Das kam bestimmt von meiner Schlafposition.

Ich schnappte mir eine lockere, blaue Jeans und griff nach dem ersten Pullover, der in meinem Schrank hing. Es war der Beige mit der 'Jekyll Island Georgia' - Aufschrift. Ich schleppte mich ins Bad und machte mich soweit fertig. Meine Haare steckte ich mit einer Klammer hoch, dann band ich mir meine Uhr um mein Handgelenk und ging wieder in mein Zimmer. Dort packte ich mein Schulzeug zusammen und band mir meine weißen Schuhe.

Dann schrieb ich meiner Mum noch einen Zettel, welchen ich auf die Küchentheke legte. Ich wollte sie lediglich darüber informieren, dass ich heute später nach Hause kommen würde. Ehrlich gesagt, war ich mir selbst noch nicht sicher, was ich vor hatte. Doch...eigentlich wusste ich es ganz genau.

-

Ich betrat das Schulgebäude, im selben Moment, als die Glocke ertönte. Während ich durch die Gänge streifte, konnte ich vereinzelt aus den Klassenräumen hören, dass der Unterricht längst begonnen hatte.

Mit etwa 10 Minuten Verspätung betrat ich den Chemieraum und nahm hinten am Fenster platzt. Mr. Kaminsky sprach mich glücklicherweise nicht auf meine Verspätung an. Vielleicht hatte er die Sache mit Will mitbekommen oder es war ihm egal, da ich sonst nie zu spät kam.

Ich kramte meine Sachen heraus und versuchte mich zu konzentrieren, was mir jedoch nicht gelang. Stattdessen skizzierte ich meinen Traum von letzter Nacht und verlor mich dabei in meinen Gedanken.

Nummer 013 (StrangerThings FF)Where stories live. Discover now