Kapitel 7

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„Wir würden jetzt noch eine Person schaffen. Da ich euch noch eine kleine Aufgabe über das Wochende geben möchte", erklärt Frau Caprano.

„Könnte ich vielleicht noch?", fragt Sophie zurückhaltend.

„Natürlich."

„Naja, also mein Bruder und ich verlieren immer mehr den Kontakt.
Obwohl er nach meinem Auszug aus der Wohnung versprochen hat, dass wir niemals den Kontakt verlieren werden", spricht Sophie weiter.

„Warum denkst du wird der Kontakt weniger?", fragt Frau Caprano.

„Ich denke er ist sauer auf mich, dass ich mich von unserer Familie getrennt habe.
Damals meinte er, er stehe auf meiner Seite, aber langsam denke ich das nicht mehr.
Kann sein, dass ihn meine Eltern beeinflusst haben oder so."

„Bist du nicht erst 17?", fragt Jeremy.

„Ja, bin ich", bestätigt sie

„Wann bist du ausgezogen?", fragt er weiter nach.

„Seit circa einem Jahr lebe ich alleine, also seitdem ich 16 bin."

Sprachlos sehe ich sie an.
Sie ist mit 16 ausgezogen und hat ihre Familie verlassen.
Ich bin 3 Jahre älter und lebe immernoch bei meiner Mum und meinen Geschwistern.

Sie, allerdings, hat ihr Leben komplett alleine aufgebaut und das in einem Alter, indem man es eigentlich nicht erwartet.

„Wieso bist du ausgezogen?", fragt Marcus, der die ganze Stunde lang, noch nichts gesagt hatte.

„Der Freund meiner Mum hat Sachen getan, welche mir weh getan haben.
Als ich mich meiner Mum anvertraut habe, hat sie sich komplett gegen mich gestellt.
Hat erzählt ich sei eine Schande für die Familie und ich würde nur schlecht über ihn reden, weil ich eine an der Klatsche habe.
Sie und ihr Freund haben dann beschlossen, mich aus der Familie zu werfen, als ich mich an die Polizei und Jugendamt wenden wollte.
Und das taten die beiden auch.
Während ich geschlafen habe, sind sie in der Nacht weggefahren und ich weiß bis heute nicht wohin.
Mein Bruder ist auch mitgefahren, obwohl er immer meinte, er sei auf meiner Seite", erzählt Sophie mit gesenkter Stimme.

Der Raum ist wieder einmal still und ich schätze, dass das daran liegt, dass niemand so etwas erwartet hat.

So eine Geschichte von einem 17 Jahre alten Mädchen.

,,Darf ich etwas dazu sagen?", frage ich vorsichtig.

,,Natürlich, gerne doch", entgegnet mir Frau Caprano.

,,Also, ich kenne deine Geschichte nicht ganz.
Aber ich bin mir zu hundert Prozent sicher, dass wenn ich dir jetzt sage, dass du ein echt starkes Mädchen bist, mir alle hier zustimmen werden.
Wenn ich daran denke, dass ich drei Jahre älter bin und du dich schon so selbstständig gemacht hast, obwohl du noch nicht mal fertig bist mit der Schule, verschlägt das mir die Sprache.
Ich glaube fest daran, dass der Halt deines Bruders dir sehr wichtig ist, da, wenn ich es richtig verstanden habe, er der Einzigste ist, der dir noch übrig geblieben ist.
Aber wenn er dich wirklich vom Herzen liebt, dann wird er dich nicht so einfach gehen lassen.
Dein Bruder steckt höchst wahrscheinlich in einer Zwickmühle.
Entweder den Eltern glauben oder dir.
Aber ich denke, dass egal wie er sich entscheiden wird, du es trotzdem überleben wirst.
Dafür bist du stark genug, schätze ich."

Gerührt schaut mich Sophie an, worauf ich ihr ein sanftes Lächeln schenke.

,,Das hast du sehr schön gesagt, Louis und ich würde euch bitten, selbst darüber mal nachzudenken.
Denn eure Aufgabe für Montag ist, dass ihr auf ein Blatt schreibt, wer ihr wirklich sein wollt, wie ihr sein wollt.
Wer ihr aber dann wirklich seid, werden wir in der Stunde dann besprechen", erklärt Frau Caprano.

𝑫𝒐𝒏'𝒕 𝒍𝒆𝒕 𝒎𝒆 𝒈𝒐Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt