Kapitel 88

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„Na komm schon, Allison," drängt Dad und kommt einen großen Schritt näher. Nicht in der Lage mich zu bewegen, bleibe ich stehen.

„Bereust du es," frage ich mit zitternder Stimme. Leicht irritiert mustert er mich. „All das, was du Sam und mir angetan hast, bereust du es?"

„Allison, wenn ich könnte, würde ich die Zeit zurückdrehen," mit großen Augen sieht er mich an. Er kommt mir noch einen Schritt näher und sieht mir fest in die Augen. Dann verändert sich sein Blick und eiskalte Züge bilden einen emotionslosen Blick.

„Und dafür sorgen, dass du uns niemals weggeholt wirst." Leicht schmunzelt er, jedoch voller Bosheit. Schwer schluckend weiche ich einen Schritt zurück. „Wir können wieder eine Familie sein, Allison. Du, dein Bruder, deine Mutter und ich. So, wie in alten Zeiten."

Mit glasigen Augen schüttele ich den Kopf.
„Ich werde Sam nicht einmal in deine Nähe lassen," sage ich entschlossen. Finster treffen seine Augen auf mich. „Du undankbares Luder!"
Seine lauter werdende Stimme lässt mich zusammenzucken. Ängstlich sehe ich mich um.

Als mein Dad wieder einen Schritt näher kommt, mache ich auf dem Absatz kehrt und renne um die Ecke, aus der Gasse heraus.

Das Adrenalin lässt mein Tempo steigern. Plötzlich zieht mich einen starke Hand in eine kleine Gasse hinein. Fest wird mir eine weitere Hand auf den Mund gepresst.

Leicht panisch versuche ich mich aus dem Griff zu befreien, doch dann rieche ich den vertrauten Pfefferminz Geruch und halte inne.
„Alles gut, Jones. Ich bin hier," haucht er in mein Ohr. Fest schließe ich meine Augen und lehne mich mit dem Rücken an ihn. Meine Hände krallen sich um seinen um mich geschlungenen Arm.

Leise schluchze ich, was durch Thomas Hand vor meinem Mund gedämpft wird.
Thomas drückt mich leicht nach rechts, als er links um die Ecke aus der Gasse lugt. Dann lässt er von mir ab. Worauf ich mich schnell zu ihm umdrehe.

Seine sonst blonden und weichen Haare kleben ihm nun bräunlich und nass auf der Stirn. Kurz kommt er mir näher, doch dann hält er inne und entfernt sich wieder. „Wir sollten zurück gehen."

Ich verharre in meiner Position und sehe ihm nach. „Thomas?" Meine Stimme bricht am Ende. Schnell dreht er sich um und kommt die wenigen Schritte wieder zurück zu mir. „Was ist los," fragt er und mustert mich schnell von oben bis unten. Als er nichts vorfindet, sieht er mir wieder ins Gesicht. Besorgnis bildet sich in seinen Augen.

Mit glasigen Augen lege ich meine Arme um ihn und drücke mein Gesicht in seine Brust. Schluchzend kralle ich mich in seinen Rücken, als würde man ihn mir wegnehmen. Zuerst ist Thomas perplex, doch dann drückt er mich fest an sich, so fern das noch möglich ist.

Sein Herz schlägt ganz schnell und beruhigt mich zusammen mit seinem Atem. Trotz seiner ausgehenden Wärme fange ich an zu zittern, was Thomas direkt merkt. Er löst sich und zieht seinen Pulli aus. „Hier, sonst wirst du noch krank."

Ehe ich widersprechen kann, rollt er mit den Augen und drückt ihn mir in die Hände. Im weißen Shirt dreht er sich um und geht langsam vor.

Lächelnd ziehe ich den, nach Thomas duftenden Pulli über und tapse ihm schnell hinterher. Als ich ihn eingeholt habe, gehe ich neben ihm her. Ein Schauer läuft mir über den Rücken, da sich unsere Hände streifen. Gleichzeitig sehen wir auf unsere Hände hinunter.

Thomas bewegt seine Hand zu meiner, doch er hält wieder inne und zieht sie dann zurück. Daher nehme ich meinen Mut zusammen und nehme seine Hand in meine und quetsche sie in die vordere Tasche des Pullis. Meine beiden Hände umschließen seine kühle Hand und wärmen diese auf.

Zusammen gehen wir, durch den inzwischen schwächer gewordenen Regen, zurück in Ricks Wohnung. Beinahe fühlt es sich so an, als würden wir, wie ein glückliches Paar, hier wohnen. Allerdings ist die Realität eine völlig andere.

„Thomas?"
Wartend sieht er mich von der Seite an.
„Was passiert, wenn wir zurückgehen," frage ich und umfahre seine Hand. Die Stirn in Falten gelegt sieht er nach vorne. „Darüber habe ich auch schon nachgedacht," er legt eine kurze Pause ein, bevor er fortfährt: „Aber ich denke, sie gehen vermutlich davon aus, ich hätte dich gekidnappt und ermordet. Deswegen wäre ich dir sehr verbunden, wenn du da ein gutes Wort für mich einlegen könntest."

Lachend lehne ich mich gegen ihn, worauf Thomas sanft meine Hand drückt. Ich weiß, dass er sein typisches Grinsen aufgesetzt hat und damit, wie immer, nicht aufhören kann.

Gefangen in London (tbs ff)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt