Kapitel 86

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Thomas P.O.V

Wieder mal bin ich völlig im Zwiespalt.
Weil ich's wieder mal verkackt habe.
Weil ich sie wieder mal verletzen wollte.

Eigentlich müssen wir beide inzwischen daran gewohnt sein. Dabei hatten wir noch nie eine Beziehung. Alleine das Wort lässt mich die Stirn runzeln. Ich war noch nie ein richtiger Beziehungsmensch und das werde ich vermutlich auch nie sein.

Das alles ist mir einfach viel zu stressig. Wir streiten uns ja jetzt schon andauernd. Wie soll das bitte in einer Beziehung aussehen?
Und auf eine on-off Beziehung habe ich auch überhaupt keine Lust. Also würde das zwischen uns sowieso so nie klappen. Sky hat ohnehin jemand viel besseren verdient.

Nie hätte ich gedacht, jemals so, schon beinahe, depressive Gedanken zu haben. Was ist eigentlich falsch mit mir? Nicht mal 10 Meter von mir, sitzt das wahrscheinlich einzige Mädchen, für das ich jemals sowas fühlen werde.

Skylar P.O.V

Thomas und ich hatten wirklich schon oft Streit.
Aber das... Das ist einfach zu viel. Wieso schmeißt er mir sowas gegen den Kopf?

Wenn Thomas wirklich so über all das denkt, über uns denkt, dann frage ich mich wirklich, wieso er überhaupt mitgekommen ist.

Aber, wenn er es so möchte, will ich ihm nicht im Weg stehen. Soll er doch zurückfliegen.

Entschloss stehe ich auf, wische mir die Tränen aus dem Gesicht und klopfe an der Tür des Badezimmers. Als ich sie öffne, sitzt Sam an der Heizung gelehnt auf dem Boden. „Komm, wir müssen reden," sage ich und bekomme augenblicklich eine Gänsehaut.

Fragend zieht er eine Augenbraue in die Höhe. „Wohin?" Sam steht auf und ist anscheinend bereit zum Aufbruch. Nervös schlucke ich und deute ihm, mir zu folgen. Im Wohnzimmer sehe ich, die bereits vermutete Verwüstung von Thomas. Auch das Fenster steht, wie vermutet, offen.

Das letzte bisschen Hoffnung, er sei geblieben ist, ist nun auch fort.

Ich setzte mich an das Geländer der Feuerleiter und lasse meine Beine runterbaumeln. Sam macht es mir gleich und wartet schweigend, bis ich den ersten Schritt mache und beginne ihm das zu sagen, was er wissen muss.

„Ich bin aus einem Grund hierher gekommen, weißt du? Ich bin auf der Suche nach jemanden gewesen. Jemanden, den ich das letzte Mal vor ungefähr 10 Jahren gesehen habe."
Samuel sieht in die Ferne. Als er ein Schweigen von mir wahrnimmt, sieht er mich an.

„Und was willst du damit sagen?"
Schwer schlucke ich. „Ich suche meinen Bruder. Das habe ich jedenfalls, denn ich habe ihn gefunden. Sammy, du-"

„Nein! Wer du auch bist, du bist auf keinen Fall meine Schwester, kapiert?!" Aufgebracht sieht er mich an. „Aber Sam, ich-"

„Allison ist tot! Du kannst jetzt aufhören zu lügen," beginnt er laut und wird mit jedem Wort leiser. Er will aufstehen, doch ich halte ihn fest. Schnell ziehe ich meinen Ärmel nach oben und mache auf meine Narben deutlich.

„Der Heizkeller unten. Dort, wo er mich fast täglich geschlagen und verbrannt hat, musste ich leben. Du wolltest immer zu mir, aber Dad hat es nie zugelassen. Jedenfalls nicht, wenn er da war."

Mit großen Augen sieht Sam mich an.

„Du warst noch so klein damals. Ich bin mir zwar nicht sicher, ob du dich noch daran erinnern kannst, aber früher, wenn Dad nicht da war, habe ich dir immer Geschichten vorgelesen und wir sind zusammen verreist."

Starr sieht Sam ins Ferne. „Das muss ein Zufall sein. Meine Schwester ist tot," wiederholt er tonlos als würde er versuchen, sich selbst davon zu überzeugen.

Kopfschüttelnd sehe ich meinen kleinen Bruder an. „Sam, ich-"

„Hör auf jetzt! Sie ist tot, kapiert?! Mum und Dad haben es mir erzählt!" Verletzlich sieht er mich an.

„Glaubst du wirklich, dass nach alle dem, was passiert ist, sie dir die Wahrheit sagen würden," frage ich ihn musternd.

Sam zuckt jedoch bloß mit den Schultern.
„So langsam weiß ich überhaupt nicht mehr, was wahr ist und was nicht."

Gefangen in London (tbs ff)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt