Kapitel 81

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Thomas P.O.V.

Unsicher und voller Skepsis nehme ich den Hörer der Telefonzelle in die Hand. Ein großer Kloß bildet sich in meinem Hals und erschwert mir das Schlucken. Mit jeder Zahlentaste, die ich drücke, zieht sich meine Brust mehr zusammen.
Tief atme ich durch.
Ich will nur wissen, wie es ihnen geht. Nur ihre Stimmen hören.

„Hallo?"
Mein Mund öffnet sich zwar, allerdings kommt nicht ein einziges Wort heraus. „Hallo," wiederholt sie genervt und schnaubt. Nach wenigen Sekunden höre ich sie nach Luft japsen. „Thomas bist du das?"

Kurz schließen sich meine Augen. Anscheinend geht es ihr gut.
„Thomas, wenn du das bist, es ist alles gut. Mum und mir geht's gut! Also, abgesehen davon, dass wir uns Sorgen um dich machen. Große Sorgen...", kurzzeitig scheint sie sich in ihren Gedanken zu verlieren. „Wir dachten dir wäre irgendwas passiert, du Vollidiot! Du hättest uns wenigstens sagen können, dass du wieder eine Weile weg bist!"
Meine Atmung gerät außer Kontrolle, sodass ich mich selbst nicht mehr beruhigen kann. Schnell blinzele ich die kleine Träne in meinem Auge weg.

„Du weißt, dass ich dir versprochen habe, sowas nie wieder zutun," sage ich tonlos. Schwer schluchzt sie und atmet schwer ein. „Und trotzdem bist du einfach so weggegangen! Trotzdem hast Mum alleine gelassen! Du hast mich alleine gelassen! Mit ihm," zischt aufgebracht sie mit brüchiger Stimme. Ich versuche die hochkommenden Erinnerungen nicht vor meinen Augen aufblitzen zu lassen, kann es aber nicht verhindern.

Schuldgefühle kommen wieder über mich und erdrücken mich beinahe. „Ich bin deine Schwester, Thomas. Du kannst nicht einfach immer wieder spurlos verschwinden. Du kannst nicht immer nur an dich denken," krächzt sie.

Hierbei denke ich doch gar nicht an mich, verdammt! Das alles tue ich doch nur für sie! Für Sky! Frustriert atme ich hörbar aus und raufe mir die Haare. Was soll ich jetzt verdammt nochmal machen?! Ich kann Sky nicht hier alleine zurücklassen und ich kann meine Mum und Ana nicht im Stich lassen. Auch, wenn ich das schon längst habe...
Fuck!

„Es tut mir leid, Ana," sage ich verzweifelt. „Ich habs verbockt. Schon wieder... Und ich werde dir jetzt kein Versprechen machen, das ich sowieso nicht einhalten kann. Aber ich komme bald wieder nach Hause. Dann erklär ich dir alles, was du wissen willst, okay?"

Die darauffolgende Stille bringt mich fast um. Ana kann zwar ziemlich nerven, aber trotzdem ist sie meine Schwester. Wenn es hart auf hart kommt, stehe ich ihr bei und sie kann sich auf mich verlassen. Normalerweise...

„Okay, aber bitte erledige das, was auch immer du so dringend erledigen musst, schnell."

Erleichtert atme ich aus, bevor wir uns verabschieden und auflegen. Hoffentlich können Sky und ich bald nach Hause fliegen.

***

„Jones?" Ich schiebe das Fenster zu und sehe mich im Raum um. „Es tut mir leid. Ich hab überreagiert, ich weiß, aber-"
Wo ist sie? Sonst kommt sie doch auch immer direkt, wenn ich sie rufe.

"Jones", rufe ich erneut.

Schwer schlucke ich und sehe in jedem Raum nach. Aber kein Zweifel, Sky ist nicht hier. Panisch raufe ich meine Haare und laufe zurück zum Fenster. Mein Herz verkrampft sich bei dem Gedanken, ihr könnte etwas zugestoßen sein oder, dass sie gerade meine Hilfe braucht und ich nicht da bin.

Fuck, ich weiß nicht, was ich tun soll! Sie kann überall sein!

Skylar P.O.V.

Überall riecht es nach Grass und anderen Drogen. Eigentlich müsste ich schon, alleine von der Anwesenheit im Club, high sein. Vielleicht dauert das auch gar nicht mehr so lange. Wenigstens lenkt es mich ab darauf zu hoffen, dass Thomas, wenn ich wieder zurückkomme, in der Wohnung auf mich wartet.

„Also, Kleine," grinst Bruce und deutet mir mich zu setzten. Bestimmt sieht der Club ohne den ganzen Rauch nicht so heruntergekommen aus. „Samuel müsste in ein paar Minuten vorbeikommen. Solange kannst du dich hier gerne vergnügen!" Als er seine gelben Zähne für ein Lächeln entblößt, versuche ich nicht angeekelt zu würgen oder das Gesicht zu verziehen.

Gezwungen schmunzelnd lehne ich den Join ab, den er mir anbietet. Darauf zuckt er mit den Schultern und zündet ihn sich selbst an. „Na sieh mal einer an," Bruce breitet seine Arme aus und sieht erfreut die Richtung der Tür, bevor er mich ansieht.

Das muss Sam sein.

Gefangen in London (tbs ff)Where stories live. Discover now