Winterspider

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~ Wieder einmal weiß ich nicht, was ich hier geschrieben habe xD

Es war bereits weit nach Mitternacht und stockdunkel draußen. Zumindest, wenn die hellen Lichter New Yorks nicht gewesen wären. Peter lag hellwach in seinem Bett und starrte die Zimmerdecke an, auf der ein Bild der Fensterscheibe projiziert war. Er wartete auf ein ganz bestimmtes Geräusch. Das leise Quietschen der Scharniere seiner Wohnungstür. Er wartete auf seine Rückkehr. Er meinte, irgendwo draußen eine Polizeisirene zu hören. Das machte ihm etwas Sorgen. Das passierte fast immer, wenn er Geräusche wie eben diese Sirene hörte. Aber eigentlich war seine Sorge unbegründet. Es war noch nie etwas passiert. Bis jetzt jedenfalls noch nicht. Und darüber war er auch froh. Jeden Tag spielte sich das gleiche Szenario bei ihnen ab. Er verschwand bei Tagesanbruch und für Peter begann ein immer währender Kreislauf. Wenn er am Morgen aufstand war er allein. Den Tag verbrachte er allein und hauptsächlich mit verzweifeltem Warten auf den Abend. Er würde allein zu Bett gehen und solange wachbleiben, bis er wiederkehrte, wo auch immer er gewesen war. Es war klar, dass sie nicht viel Zeit zusammen hatten. Lediglich die paar Stunden in der Nacht. Aber Peter würde das, was sie hatten, niemals wegwerfen wollen. Nur weil andere Menschen ihre Beziehung anders auslebten, hieß das nicht, dass zwischen ihnen nichts war. Ihn selbst hatte es ziemlich schwer erwischt. Bereits, als sie sich zum ersten Mal gesehen hatten, war er ihm ziemlich hart verfallen – und daran hatte sich auch nichts geändert. Peter richtete sich sofort kerzengerade auf, als er hörte, wie die Wohnungstür geöffnet und anschließend wieder geschlossen wurde. Endlich. Er warf die Beine über die Bettkante, sprang auf und eilte aus seinem Zimmer. Sein Freund hatte kein Licht angemacht. Wozu auch, die Stadt beleuchtete die gesamte Wohnung beinah genauso gut. Peter sah ihn im Flur stehen, die dunkle Kampfausrüstung noch am Körper. Sein Metallarm blitze bei jeder Bewegung silbrig auf. „Wo warst du so lange?", fragte Peter leise und trat auf ihn zu. Bucky schien ihn erst jetzt zu bemerken. „Du bist noch wach?", meinte er überrascht. Damit umging er die Frage. Beantworte eine Frage mit einer Gegenfrage, wenn die Antwort unangenehm werden könnte. „Ja.", sagte Peter, „Ich hab auf dich gewartet." Wie immer. Er könnte die Nacht kein Auge zu tun, wenn er wusste, dass sein Freund noch da draußen war. Bucky schüttelte sacht den Kopf. „Du solltest das doch nicht tun." Der jüngere zuckte nur mit den Schultern. „Ich konnte sowieso nicht schlafen.", meinte er ausweichend. Mittlerweile hatte er den Flur fast vollständig durchquert und stand vor Bucky. „Mission erfolgreich?" „Hm." Peter blickte ihn prüfend an. Dann wurde er von einer Sekunde auf die andere so bleich wie ein Blatt Papier. „Ist das Blut an deinen Händen?", fragte er mit zitternder Stimme. Bucky sah ihn schweigend an. Dieser Blick sagte alles. Peter wurde noch eine Spur blasser. „Grund gütiger." Er machte einen weiteren Schritt nach vorn und schlang seine Arme fest um Bucky und zog ihn in eine innige Umarmung. Er war nie ganz sicher gewesen, was genau sein Freund eigentlich tat, wenn er das Haus verließ. Das er gewisse Aufträge ausführte, das war ihm klar. Aber bis jetzt war das noch kein Mord gewesen – oder zumindest hatte er das nicht als solches mitbekommen. „Bucky . . .", murmelte Peter, während er sich fest an ihn drückte, „Halt mich fest!" Er war sich nicht sicher, ob er nicht gleich den Halt verlieren und umfallen würde. Er fühlte sich erst sicherer, als er die Arme seines Freundes um seine Taille spürte. Man könnte meinen, dass Peter den Verstand verlor, weil er sich in der Nähe eines Mörders sicher fühlte. Vielleicht war das auch so. Aber man musste immer beide Seiten der Geschichte hören, ehe man urteilen konnte. Peter für seinen Teil könnte sich sowieso nie von Bucky loseisen. Er war sich sicher, dass er nicht in der Lage war, ohne ihn zu existieren. Er war ja so ein liebeskranker Idiot! „Bist du verletzt worden?", fragte Peter. Seine Stimme klang gedämpft, weil er sein Gesicht an Buckys Schulter vergraben hatte. Er würde ihn gern nie wieder loslassen, aber er bemerkte wohl, dass sich der Geruch von Blut, der an seinem Freund haftete, sich langsam in seiner Nase festsetzte. Vielleicht war es nicht nur Blut – ein Hauch von Tod mischte mit. „Nichts, womit ich nicht klarkommen würde." Als Peter der Meinung war, seine Fassung wenigstens zur Hälfte wiedererlangt zu haben, löste er sich aus der Umarmung und trat einen winzigen Schritt zurück. Der Abend, oder besser die Nacht, verlief meistens nach dem gleichen Schema. Bucky kam zurück nach Hause und zwischen ihnen entstand eine kleine Konversation, weil Peter immer die gleichen Fragen stellte – aber auch die gleichen Antworten bekam. Heute war alles etwas anders, ungewöhnlich. Weil Peter nicht weiter nachfragte. Er wollte nicht über reagieren. „Du solltest duschen gehen.", meinte er, drehte sich um und huschte zurück ins Schlafzimmer. Unter anderen Umständen wäre er vielleicht mitgegangen, aber heute war ihm nicht danach. Er kletterte zurück ins Bett, drehte sich auf die Seite und zog sich die Bettdecke fast bis zum Kinn hoch. Dann lauschte er auf die Geräusche, die sein Freund draußen im Flur veranstaltete, auch wenn das schwierig war, weil Bucky immer so leise war. Er hörte, wie er seine schweren Stiefel wegstellte und anschließend im Bad verschwand. Kurz darauf rauschte Wasser. Peter hatte das Fester geöffnet, um etwas Luft in den Raum zu bringen. Auch wenn Stadtluft meistens nur nach Abgasen roch. Das Heulen der Polizeisirene, welches er zuvor schon einmal vernommen hatte, wurde für einen Moment lauter. Erst hatte er Angst, sie würden hier her kommen, aber da wurde das Geräusch auch schon wieder leiser und verklang in der Nacht. Irgendwann gesellte Bucky sich zu ihm. Peter hörte seine Schritte auf dem Boden und kurz darauf das leise Rascheln der Bettdecke. Ihr Bett war klein, er spürte die Kälte, die von Buckys Metallarm ausging, nah vor seinem Rücken. Sie sprachen kein Wort. Peter tat nicht so, als würde er schon schlafen, das würde sein Freund so oder so durchschauen. Aber er versuchte trotzdem, tief und gleichmäßig ein und aus zu atmen. Das sollte angeblich beim Einschlafen helfen und entspannen. Bei ihm funktionierte es natürlich nicht. Seine Gedanken hingen an einer Frage fest, die er noch nicht gestellt hatte. Deren Antwort brauchte er aber, wenn er heute Nacht noch Ruhe finden wollte. Die Stille zwischen ihnen zog sich noch eine weitere Ewigkeit hin. Von draußen hörte man vereinzelt Gespräche von Menschen und laute Ausrufe, brummende Automotoren oder heulende Sirenen. Irgendwann war es Peter genug. Er konnte diese seltsame Stimmung zwischen ihnen nicht ausstehen. „Hatte diese Person den Tod wenigstens verdient?", fragte er leise, Bucky immer noch den Rücken zugedreht. „Er war es wert, zu sterben." Peter seufzte leise. „Und jetzt?" „Hör bitte auf, so viele Fragen zu stellen, Pete.", murmelte Bucky. Er klang müde. „Tut mir leid.", entschuldigte sich Peter. Dann drehte er sich um und sah seinen Freund an. Im Dämmerlicht, welches in dem Zimmer herrschte, konnte er deutlich sehen, dass er die Augen geschlossen hatte. Scheinbar war er wirklich erschöpft. Peter rutschte näher an ihn, legte einen Arm über seine Brust und schloss dann ebenfalls die Augen. Am Morgen, wenn er aufwachte, wäre er wieder allein und dann würde ihm die Nacht wie ein Traum vorkommen. Es war jedes Mal so. Er hoffte nur, dass Bucky nie wieder jemanden umbringen würde. "Ich liebe dich, das weißt du, ja?", meinte Peter leise. "Du solltest doch keine Fragen mehr stellen." Bucky seufzte leise. "Aber ja, ich weiß das. Ich liebe dich auch. Und jetzt: schlaf bitte." 

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