Winterhawk Au (Teil1/4)

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Clint Barton mochte Regen nicht besonders. Er hasste das Gefühl von völlig durchnässter Kleidung, die ihn am Körper klebte, vollgesogen wie ein Schwamm. Wasser schmatzte bei jedem Schritt unter seinen Turnschuhen, die für dieses Mistwetter überhaupt nicht gemacht waren. Von seinen Haarspitzen rann ihm Wasser unablässig den Rücken hinab. Es war widerlich – und er fror. Clint verfluchte sich selbst, da er sich keinen Schirm mitgenommen hatte, obwohl er darüber informiert gewesen war, dass es für die nächsten Tage eine Regenwahrscheinlichkeit von sechsundsechzig Prozent gab. Aber er tat das Ganze hier schließlich für einen Kollegen und guten Freund. Steve Rogers war für heute verhindert und hatte ihn deshalb gebeten, für ihn bei seinem besten Freund vorbei zu schauen. Soweit er wusste, war James, oder Bucky wie ihn Steve nannte, ein ziemlicher Einzelgänger und isolierte sich von der Außenwelt. Er sollte nur mal kurz bei ihm klingeln und sich vergewissern, dass er auch noch alles da hatte, was er brauchte. Im Nachhinein fragte sich Clint, was Steve eigentlich zu tun hatte, wenn er nicht einmal die Zeit fand und bei Bucky anrufen konnte, wenn es ihm doch so wichtig war zu wissen, dass es ihm gut ging. Aber vielleicht hatte er als nicht sozialer Mensch kein Netzt. Eigentlich war es Clint vollkommen egal. Er wollte erst einmal raus aus dem Regen. Er war froh, als er den grün gestrichenen Wohnblock erreichte. Nach einigem Suchen fand er das richtige Klingelschild und drückte auf ‚Barnes'. Steve hatte ihm nicht gesagt, ob er ein bestimmtes Klingelzeichen benutzen sollte, und so wartete Clint geschlagene drei Minuten, ehe er es erneut versuchte. Keine Regung. Er versuchte es ein drittes Mal und klingelte jetzt Sturm. Immer noch nichts. Grimmig begann er, auf die anderen Klingeln zu drücken und irgendwann summte die Tür und er konnte eintreten. Im Treppenhaus war es stickig, aber warm. Er rieb sich die Hände, die während des Wartens ebenfalls kalt geworden waren und machte sich daran, die Treppen hinaufzusteigen. Er musste schließlich fit bleiben. Clint erreichte mühelos den vierten Stock und fand – Dank Steves vorheriger Beschreibung – auch die Wohnung seines besten Freundes. Wenn der Typ schon nicht beim Klingeln reagierte, würde er ihm dann überhaupt die Tür aufmachen? Ein bisschen nervös hob er die Hand und klopfte. Energisch und laut. „Hallo? Hier ist Clint. Ich bin ein Freund von Steve!", rief er, obwohl er sich nicht sicher war, ob ‚Bucky' ihn überhaupt hörte. Steve hatte nicht gesagt, was er tun sollte, wenn sein Freund nicht aufmachte. Kurzerhand beschloss Clint, einfach bei Steve anzurufen. Vielleicht hatte er ja kurzfristig doch noch die Zeit gefunden und konnte vorbeikommen – oder Bucky anrufen. Dann wäre sein Job hier erledigt. Gegenüber von Clint befand sich ein Fenster in der Wand. Während er nach seinem Handy kramte und es schließlich aus seiner Tasche zog, warf er einen Blick hinaus und bemerkte, dass es immer noch aus Eimern regnete. Vielleicht sollte er abwarten, bis der Schauer aufhörte? Er könnte sich unten vor dem Eingang auf die Treppenstufen setzten – oder warten, bis Steves Freund doch endlich mal das Erbarmen hatte, ihm die verdammte Tür aufzumachen. Er durchsuchte seine Kontakte nach Steves Nummer und rief ihn an. „Hier ist die Mailbox von Steve Rogers. Bitte hinterlassen Sie eine Nachricht na – " Ohne das Ende des Satzes abzuwarten, legte Clint auf. „Mistkerl.", murmelte er, packte das Handy wieder weg und trat erneut zur Tür. Dass Bucky einfach nicht da war schloss er aus, so eigenbrötlerisch wie Steve ihn beschrieben hatte. „Hallo, Barnes! Mach jetzt diese Tür auf!" Clint hämmerte erneut gegen das dunkle Holz. „Oder ich rufe Steve an!" Vielleicht wusste der andere ja nicht, dass der blonde nicht an sein Telefon ging. Gerade, als Clint ein letztes Mal die Hand hob, um zu klopfen, hörte er ein Klicken, wie als würde die Verriegelung einer Tür beiseitegeschoben werden. Das Ganze passierte mehrmals, bis endlich ein Geräusch ertönte, das wie ein Schlüssel in einem Schloss klang. Mit wie vielen Sachen hatte der Typ denn seine Tür bitte gesichert? Und vor allem warum? Als die Tür endlich ein kleines Stück aufging ließ Clint seinen Arm sinken. Er beschloss, beide Arme vor der Brust zu verschränken und etwas mit dem Fuß auf den Boden zu tippen, um seine Ungeduld zu unterstreichen. „Steve geht heute nicht ans Telefon." Clint hatte sich Bucky irgendwie wie einen Obdachlosen vorgestellt – völlig verwahrlost in einer Wohnung voller Müll und Chaos. Aber das, was er durch den Türspalt sehen konnte, sah sehr aufgeräumt und ordentlich aus. Auch war Bucky selber das komplette Gegenteil eines Obdachlosen. Clint fand ihn auf Anhieb sympathisch, auch wenn er nicht viel von ihm sehen konnte. Und attraktiv war er auch noch. Sofort verflog seine gereizte Laune. „Ich bin Clint.", sagte er und streckte ihm die Hand hin, völlig den Fakt auslassend, dass Bucky höchstwahrscheinlich gewusst hatte, dass er hier auftauchen würde und ihn mit Absicht zu ignorieren versucht hatte. Vielleicht hatte er dadurch erreichen wollen, ihn loszuwerden. Clints ausgestreckte Hand wurde ebenfalls ignoriert und etwas verlegen ließ er sie nach mehreren Sekunden wieder sinken. Stahlblaue Augen fixierten ihn, ehe Buckys Blick einmal über seine komplette Statur glitt. Er war es nicht gewohnt, ausgecheckt zu werden, aber es war wohl eine Angewohnheit von Steves Freund. Zumindest hatte dieser das einmal angedeutet. Im Allgemeinen war Bucky in ihrer Freundesgruppe ein großes Mysterium und niemand hatte ihn je gesehen. Neben Steves Erzählungen hatten sie keinerlei Beweise dafür gehabt, dass er tatsächlich echt war. Clint war sich sicher, nach seinem Besuch hier allerlei Fragen zu ihm gestellt zu bekommen. „Du weißt wer ich bin.", erklärte Bucky leise und richtete seinen Blick wieder auf Clints Gesicht. Dieser begann sich langsam, etwas unwohl zu fühlen. Ein kurzer Blick zum Fenster, um Barnes brennendem für einen Moment aus dem Weg zu gehen, sagte ihm, dass der Regen nachließ – aber leider nicht aufhörte. Hoffentlich blieb das Wetter wenigstens so. Clint sah zurück zu seinem Gegenüber und steckte seine Hände in die Hosentaschen. „Also . . .", begann er erneut und erinnerte sich daran, warum er überhaupt hier war, „Du hast alles was du brauchst, ja?" Ein stummes Nicken war die Antwort. „Okay. Gut dann ist mein Job hier ja erledigt, richtig?" „Kommt darauf an, was dein Job war." „Zu checken, ob du alles hast denke ich." „Dann ist er wohl erledigt." Clint nickte. „Gut dann . . .", er ließ den Satz in der Luft hängen und drehte sich um, um zu gehen. Plötzlich machte er auf dem Absatz kehrt und drehte sich noch einmal um. „Ich kann dir meine Nummer geben, falls Steve mal wieder verhindert sein sollte.", platze es aus ihm heraus. Bucky blieb stumm, also kramte Clint nach den kleinen Zetteln, von denen er normalerweise immer ein paar einstecken hatte und auf denen seine Nummer stand. Er wusste gar nicht, woher diese Angewohnheit kam, immer welche dabei zu haben. Er suchte den heraus, der am trockensten war und am wenigsten wegen des Regens gelitten hatte und reichte ihn Bucky durch den Türspalt. Steves Freund nahm in nach kurzem Zögern tatsächlich entgegen. Clint hob zum Abschied noch kurz die Hand, ehe er sich daran machte, die Treppen herunter zu sprinten und sich auf den Weg nach Hause zu machen, ehe der Regen wieder stärker wurde. Aber auch dort kreisten seine Gedanken nur noch um Steves rätselhaften und seltsamen Freund, der so isoliert lebte.

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„Du hast ihm Angst gemacht.", sagte Steve und verschränkte die Arme, während er Clint einen tadelnden Blick zuwarf. „Es war eher anders herum!", verteidigte sich dieser. Zwei Tage nach seinem kurzen Treffen mit dem besten Freund seines guten Freundes hatte er sich mit Steve verabredet, um sich über das Ganze zu unterhalten. „Bucky ist . . . sensibel. Wenn du wie ein Verrückter gegen seine Tür hämmerst, brauchst du dich doch nicht wundern, dass er dir nicht antwortet! Ich frage mich sowieso, warum er dir überhaupt geöffnet hat." Clint zuckte mit den Schultern. „Das weiß ich auch nicht." Er nahm einen Schluck aus seiner Kaffeetasse, die vor ihm auf dem Tisch stand. Ein Geschenk zu seinem Geburtstag letztes Jahr. Darauf war ein Bild von ihm mit seinen Freunden drauf. Sie waren alle zusammen in einen Vergnügungspark gewesen. Clint erinnerte sich gern an ihre gemeinsamen Ausflüge zusammen. „Was hattest du eigentlich so wichtiges zu tun? Ich bin mir sicher, dass du deinen Freund eigentlich um keinen Preis allein lassen würdest. Also wo warst du vor zwei Tagen?", lenkte er das Thema auf Steve. Dieser wurde rot wie eine Tomate. „Denkst du ich habe Bucky versetzt?", fragte er und stierte mit plötzlichem Interesse auf die Tischplatte, als wäre das Muster darauf etwas, was er sich unbedingt einprägen musste. „Vielleicht. Ich habe keine Ahnung von eurem Verhältnis zueinander.", antwortete Clint. „Aber versuche nicht vom Thema abzulenken, Rogers!" Steve wurde noch röter. „Ach komm, wir sind doch Freunde. Du kannst mit mir über alles reden." Clint grinste, ehe er theatralisch die Arme in die Luft warf und seine nächsten Worte mit dramatischer Stimme rief. „Wir sind doch beste Freunde Stevie! Enttäusch mich nicht!" Sein Gegenüber konnte sich das Grinsen darauf nicht verkneifen. „Ist schon gut. Es ist mir nur ein bisschen peinlich." Steve senkte die Stimme bei dem letzten Wort so stark, dass sich Clint anstrengen musste, um etwas zu verstehen. Interessiert und abwartend hob er die Augenbrauen, um anzuzeigen, dass er weiterreden sollte. Steve besah sich wieder die Tischplatte. „Ich war gestern mit jemandem zusammen . . .", erzählte er stockend. „Also kurz gesagt hatte ich ein Date." Clint klappte der Mund vor Erstaunen auf. Steve hatte zuvor nie wirklich Interesse an einem Liebesleben gezeigt. Aber dann konnte er sich ein schelmisches Grinsen nicht mehr verkneifen. „Mach da doch kein Drama draus Steve. Solange alles gut gelaufen ist." „Ich habe ihre Nummer und wir wollen uns wieder treffen!", erklärte sein Gegenüber, während sein Gesicht zu strahlen anfing. Dass es bei ihm und der Frau gefunkt hatte, war nicht zu übersehen. Er freute sich sehr für Steve. „Heißt das, ich muss öfter bei deinem Kumpel Barnes vorbei schauen?" Steves Gesichtsausdruck wechselte vom einen auf den anderen Moment in tiefe Besorgnis. „Wenn das nicht okay für dich ist, dann – " „Nein, nein. Alles ist gut. Ich mach das gern für dich." „Danke Clint." Die Erleichterung war deutlich aus Steves Stimme herauszuhören, während er ihm herzlich auf die Schulter schlug. 

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