Unwissenheit

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Ellas Mutter POV

Spät nachts ging ich zu der großen Küche um mir ein Glas Milch mit Honig warm zu machen. Ich konnte nicht einschlafen. Ich wusste aber nicht wieso. Ich mache das Licht an, der Anblick der schönen Küche überrascht mich immer wieder. An dem Luxus musste ich mich noch immer gewöhnen.
Ich nahm die Milch aus dem Kühlschrank und suchte einen Topf. Ich öffnete die Milch und goss sie in den Topf hinein.

„Sie sind ja noch wach?", hörte ich die Stimme des Herrn Ladeks.

„Ja, ich konnte nicht einschlafen. Möchten Sie auch ein Glas Milch", fragte ich Ihn höflich.

„Gerne", antwortet er höflich und nahm am Tisch Platz.

„Warum sind Sie denn noch wach?", fragte ich ihn, während ich mich zu ihm gesellte und die Milch kochte.

„Die Arbeit", antwortete er knapp.

Ich nickte. Mehr interessierte mich auch nicht. Ich habe im Leben gelernt, dass es besser ist nicht zu viel zu wissen. Wir zerbrechen uns nur damit den Kopf. Er schien mir auch ziemlich kompliziert zu sein und ich möchte mich da auch nicht einmischen.

„Warum haben Sie nicht noch einmal geheiratet," wechselte er das Thema. Mich überraschte diese persönliche Ebene.

„Als mein Mann sich sein Leben nahm, waren meine Kinder das wichtigste. Es mag grausam klingeln, aber sein Tod war für alle das beste. Er ist krank geworden. Die Kinder bemerkten es nicht. Er hat sich verändert und war nicht mehr der Mann, den ich einst liebte. Aber ich bin ihm unendlich dankbar für die Kinder, die er mir schenkte. Danach war es wichtig, dass wir uns über Wasser halten können. Mein Mann hatte nämlich viele Schulden gemacht. Und mit Ellas Dienstmädchenwahl verschwanden alle Sorgen über Nacht und jeden Tag bete ich für Sie, dass es ihr gut geht. Sie hat diese Familie gerettet, deren Eltern nicht imstande waren zu helfen. Und jetzt sitze ich in einer schönen Küche, die ich bis jetzt nur in Werbungen sah", erklärte ich ihn traurig.

„Oh, die Milch muss schon fertig sein", fuhr ich fort und holte zwei Tassen. Ich achtete nicht besonders auf seine Reaktion.
Ich schenkte uns ein und tat noch Honig dazu. Er schaute mich verwundert an.
„Möchten Sie auch?", fragte ich ihn.

„Wieso nicht?"

Stillschweigend tranken wir die Milch.

„Warum haben Sie keine Kinder?", fragte ich ihn.

„Vielleicht habe ich Kinder und weiß es einfach nicht".

Ich lächelte. Und erst jetzt bemerkte ich, wie er mich begierig anschaute. Meine Haaren waren etwas zerzaust. Ich hatte nur ein kurzes schon fast durchsichtiges Nachthemd an und meine schwarze Unterwäsche. Die durch das Hemd ziemlich hervorstach. Ich sah gut aus. Das wusste ich. Genauso wie ich weiß, dass Ella als Dienstmädchen gewisse Dienste ablegen muss, für die ich mich als Mutter schäme, weil sie es wegen der Familie tat. Sie tat es, damit ich wieder einschlafen kann. Dabei kann ich noch immer nicht einschlafen. Ich als Mutter mache mir Vorwürfe, für das, was ich getan habe. Für Geld habe ich meine Tochter verkauft. Es war zwar Ellas Idee und Entscheidung. Aber ich ließ es zu. Da Ella auch sein Dienstmädchen war, kann auch er diese Dienste beansprucht haben. Ich weiß aber nicht, was zwischen ihnen fiel. Trotzdem erleichtert es mich, dass Ella jetzt kein Dienstmädchen ist. Sogar lernen kann. Und was aus sich machen kann. Selbst Geld verdienen. Diese Abhängigkeit zu diesem Mann ist gefährlich.

„Sie sind eine schöne Frau", unterbrach er meine Gedanken.

Mir war klar, dass er mit mir schlafen will. Ich bin eine erwachsene Frau. Und kein Teenager, das sich hier eine ganz große Liebe daraus vorstellt. Mir ist es wichtig, dass die Beziehung professionell und distanzierend bleibt. Ich habe es Ella angesehen, dass sie ihn nicht mag. Eine Mutter kennt ihre Tochter. Ich bin nicht nur ihre Mutter, wir haben uns auch zu besten Freundinnen entwickelt. Und irgendwas läuft hier falsch.

Wieso hat dieser Herr keine Bediensteten?
Wieso leben wir von jeglicher Zivilisation entfernt? Wieso gibt es keinen Telefon-Anschluss? Woher kommt das Essen, wenn keiner doch einkaufen geht?

Dieser Mann muss sich und Ella anscheinend verstecken. Es ist aber besser, unwissend zu sein anstatt unter seiner permanenten Beobachtung.

„Danke für das Kompliment", reagierte ich auf seine Bemerkung. Und trank meine Milch aus.

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Ladeks Sicht

Ellas Mutter reizte mich sehr. Am liebsten hätte ich sie jetzt auf diesem Küchentisch genommen. Aber irgendetwas hinderte mich dran. Wegen Ella? Wohl kaum. Von mir aus könnte sie sogar zuschauen. Ich würde vor ihr ihre Mutter vergewaltigen. Mir macht es nichts aus, diese Familie zu zerbrechen. Falls Sie es schon nicht ist.

War es die Art, wie sie mich anlächelt? In ihrer Nähe fühle ich mich wie ein Mensch. Und nicht wie das Monster, was aus mir geworden ist. Ich habe die Medici zerstört, meinen Bruder durch Ellas Hand umgebracht und mich mit Frauen abgegeben, die meine Töchter hätten sein könnten.

Wir schauten uns beide in die Augen. Keiner wendete sich ab. Wir schwiegen.

„Gefällt es Ihnen hier?", fragte ich sie.

„Sehr sogar, nicht mal im Traum habe ich mir so was schönes vorgestellt", sagte sie fröhlich.

„Ich bin dankbar dafür, sehr sogar", fügte sie ernsthaft hinzu.

„Es ist schon spät.", neigte ich dem Gespräch ein Ende zu setzen.

Sie nickte zustimmend. „Ja das stimmt"

„Gute Nacht.", verabschiedete ich mich von ihr.

„Schlafen Sie gut", flüsterte sie und nahm die Gläser vom Esstisch weg und legte sie in der Spüle.

Die modernen Medicis.Where stories live. Discover now