Besichtigung

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ELLA POV

Ich musste mir eingestehen, dass ich mich tatsächlich  über den Besichtigungstermin freute. Hier werde ich einen Neuanfang starten, dachte ich und genoss die Sonne, die auf mein Gesicht schien. Ich saß an meinem Balkon. Ich habe die Wärme der Sonne vermisst, zu lange war ich in diesem Landhaus eingesperrt. Es war Hochsommer. Draußen war es heiß. In einer halben Stunde würde Jacob mich abholen. Ich war noch immer nicht angezogen. 

Ich entschied mich für ein rotes kurzes Sommerkleid, das mir einst meiner Mutter schenkte. Ich ließ meine Haare offen und trug eine braune Sonnenbrille, um meine schrecklichen Augen zu verdecken. Dazu noch passende offene Schuhe. Fertig angezogen, verbrachte ich die restliche Zeit am Balkon, bis es schließlich klopfte. 

Ich öffnete und sah Jacob. Zum ersten Mal lächelte ich automatisch ohne dabei Schuldgefühle zu haben. Jacob tat mir gut. Wenn er bei mir ist, fühle ich meinen inneren Frieden. Wenn ich weiß, dass es Jacob gut geht, dann ging es mir automatisch auch gut. Er war mein Seelenfrieden und ich weiß, dass ich keinen anderen Mann jemals so lieben kann wie Jacob.  

Jacob fand sie in ihrem Sommerkleid wunderschön. 

"Bist du fertig?", fragte er mich. Ich nickte und nahm meine Tasche. 

Gemeinsam stiegen wir in seinem teuren Auto und ich nannte ihm die Adresse. "Du willst in einem Dorf umziehen?", fragte Jacob mich verblüfft.

"Die Stadt ist nichts für mich", antwortete ich ihm. 

"Ich möchte nur ein kleines Häuschen am Rande Italiens.", fuhr ich fort. "Du lebst noch immer im Palast?", fragte ich ihn. 

Er nickte. "Wie war dein Tag?", fragte Jacob mich. Ich wusste nicht, was ich darauf antworten soll. Mein Tag war wie jeder anderer, bedeutungslos. Ich gab ihm keine Antwort. 

Doch Jacob ließ sich nicht so leicht abwimmeln. "Ich hatte noch einen anstrengenden Termin mit den Amerikanern. Wie läuft die Arbeit bei dir? Du bist ja schließlich Milliardärin". 

"Edward nimmt die Sache gut in der Hand. Ich schaue nur manchmal über seine Schulter", erwähnte ich. "Antigua läuft gut".

"Wie geht's deiner Familie?", fragte Jacob mich. Ich schluckte bei dem Gedanke, dass Ladek mit meiner Familie nach Amerika durchgebrannt ist. Das konnte ich ihm unmöglich erzählen, doch anlügen wollte ich ihn auch nicht.

"Ihnen geht's gut. Wir haben uns entschieden, getrennte Wege zu gehen.", gestand ich Jacob.

 Und wieder aufs Neue wurde Jacob bewusst, wie zerbrochen Ella war, dass sie nicht einmal ihrer Familie entgegentreten konnte. Jacob sprach sie nicht näher auf ihre Familie an. 

Die restliche Fahrt verbrachten wir schweigend. Ich lehnte mich zurück, nahm die Sonnenbrille ab, schloss die Augen und genoss die Sonne, die auf mein Gesicht schien. Es schien als könnte nur die Sonne ihren Schmerz heilen. 

Jacob schaute ab und zu sie an. Im Sonnenlicht sah sie gut aus, nahe schon zufrieden. 

"Wir sind da", sagte Jacob und stellte den Motor aus. Ich richtete mich auf, zog die Sonnenbrille wieder an und nahm meine Tasche. 

Vor dem Haus stand schon der Makler. Das Haus war nicht außerordentlich groß. Es hatte aber einen großen Garten. Wir stiegen die Stufen nach oben auf. 

"Herr Medici, ich wusste gar nicht, dass Sie ebenso erscheinen werden", sagte der Makler irritierend.

"alte Freunde", erklärte ich ihm und machte ihm deutlich, dass er keine Fragen stellen sollte, was er auch wahrnahm. 

"Es sieht hier schön aus", wechselte ich das Thema. Wir waren  hier nur von einem Feld umgehen, die nächste Straße war weit entfernt. 

Der Gedanke, das Ella hier allein wohnen sollte, wo jeder sie überfallen konnte, behagte Jacob  nicht. Man sah noch von hier einen entfernten Spielplatz. 

"Ganz schön weg von jeglicher Zivilisation", erwiderte Jacob. 

"Kommen Sie rein", sagte der Makler. 

"Die Möbel hier können sie dazu haben, wenn Sie das wünschen". 

Wenn man die Haustür betrat, sah man rechts schon eine offene große Küche, davor war ein großes Wohnzimmer mit einem Kamin. Überraschenderweise war das Haus modern eingerichtet. Links von der Haustür gab es einen Gäste-WC. Am Wohnzimmer sah man die Veranda, die sehr groß war. Sie stiegen die Treppen nach oben und sahen das Schlafzimmer mit einem Bad integriert. Vollkommen ausreichend für eine Person. 

Ella ließ den Makler sprechen und beobachtete das Häuschen. Sie fand es schön, schon immer hat sie sich so ein Häuschen gewünscht. 

"Ich nehme das Haus", unterbrach Ella den Makler und Jacob sowie der Makler waren überrascht, da sie nicht mehr als 10 Minuten im Haus waren. 

"Sind Sie sicher?", fragte der Makler sie ungläubig. Doch Ella war sich noch nie so sicher, wie sie es jetzt war. Sie nickte. 

"Dann meinen Glückwunsch. Wollen Sie die Möbel drin haben?", fragte er. 

"Gerne. Mein Notar wird sich mit ihnen in Verbindung setzen", sagte Ella. 

Der Makler überreichte ihr großzügiger Weise schon die Schlüssel und verabschiedete sich. 

"Findest du nicht, dass die Entscheidung etwas übereilt war? Du hättest dir auch andere Häuser anschauen können, die nicht so weit weg sind.", sagte Jacob. 

"Es gefällt mir hier, dir nicht?", entgegnete ich. 

"Ziemlich abgeschottet", erklärte Jacob sein Missbehagen. 

Zum ersten Mal verspürte Ella Appetit und Hunger. Aber keinen Alkohol. 

 Italien tat ihr gut, oder war es Jacob, der ihr gut tat?. 





Die modernen Medicis.Where stories live. Discover now