87. Kapitel

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Dylan POV.

Ich lief den Flur entlang und hielt an meinem Schließfach, um meine Geschichtsbücher zu verstauen und mein Biologie Buch rauszunehmen. Als ich um mich herum sah, erkannte ich Ethan an seinem Schließfach stehen, neben ihm dieser Mike. Groß. Gutaussehend. Breite Schultern. Trainiert. Dunkle Haare. Dunklere Augen. Der perfekte Freund...

Er näherte sich Ethan und gab ihm einen leichten Kuss auf die Lippen, was mein Herz rasen ließ. Ich schlug meinen Spind zu und lief zu den Toiletten. Dort angekommen, spürte ich die Wut und den Frust in mir aufsteigen. Ich konnte es nicht kontrollieren. Ohne über die Konsequenzen nachzudenken, holte ich aus und schlug mit aller Kraft mit meiner Faust gegen den Spiegel. Er zerbrach und einzelne Splitter landeten im Waschbecken. Reflexartig zog ich meine Hand zurück. Sie blutete.

Am Waschbecken versuchte ich das Blut abzuwaschen. Kurz darauf lehnte ich mich seufzend gegen die Wand und zog meine Tasche näher an mich. Eine kleine Schachtel, lag ganz oben, nachdem ich sie öffnete. Vorsichtig nahm ich mir eine Zigarette aus der Packung und zündete sie an. So saß ich also am Boden der Toilette neben einem zerbrochenen Spiegel und rauchte eine Zigarette in der Schule. Ich konnte die Folgen hiervon bereits deutlich vor mir sehen.

Und trotzdem wars mir egal.

Es klingelte und die nächste Stunde würde jetzt beginnen. Ich beschloss nicht hinzugehen. Ich versuchte gerade meine Atmung durchs Rauchen zu regulieren, als jemand durch die Tür kam und ich aufsah.

"D-Dylan...", murmelte Thomas. "Was ist denn hier passiert?", entgegnete er schockiert, als er zum Spiegel und dann auf meine Hand starrte.

Ich sagte nichts.

"Und du rauchst hier drinnen? Bist du wahnsinnig? Wenn dich ein Lehrer sieht, bist du erledigt.", raunte er.

"Bin ich so oder so schon.", antwortete ich ruhig.

Er sah mich nur schockiert an. "Dylan, steh auf, ich bring dich zur Krankenschwester. Die sollte sich deine Wunde mal ansehen."

"Nein, danke. Mir geht's gut.", lehnte ich nur ab.

"Verdammt, was ist denn los mit dir?", raunte er.

"Ich bin nicht in der Stimmung über meine Gefühle zu reden.", entgegnete ich schnippisch.

Er schüttelte nur den Kopf. "Komm schon, Mann. Stell dich nicht so an."

"Thomas, geh bitte einfach.", entgegnete ich, ohne es auch nur ansatzweise böse zu meinen.

"Ich will nur helfen, Dyl.", widersprach er.

"Du kannst mir nicht helfen. Niemand kann mir helfen.", raunte ich nur und legte meinen Kopf in meinen Händen ab. Plötzlich setzte er sich einfach neben mich auf den kalten Boden und sagte nichts.

Ich sah zu ihm und er lächelte nur leicht.

"Wir müssen dir nicht helfen. Wir können auch einfach hier sitzen bleiben, bis du gehen willst.", warf er nur ein und lehnte sich dann gegen die Wand.

"Hast du keinen Unterricht?"

"Unterricht schwänzen hat mir noch nie was aus gemacht.", erklärte er.

Und ich spürte wie ein beinahe unbemerkbares Lächeln in mein Gesicht schlich.

-

Etwa eine halbe Stunde später kam mein Biologie Lehrer auf die grandiose Idee einen Mitschüler nach mir sehen zu lassen. Also kam ein genervter Biologie Nerd in die Toilette gestürmt und erkannte mich und Thomas auf dem Boden sitzend, neben einem zerbrochenen Badezimmer Spiegel.

Jetzt saßen wir beide vor der Tür des Direktors und warteten auf meine Eltern und seine Mutter.

"Tut mir leid, dass du meinetwegen Ärger bekommst.", entgegnete ich leise.

"Ich liebe Ärger.", scherzte er. Es schien ihm tatsächlich nichts auszumachen.

"Oh Gott, Dylan!", hörte ich meine Mom am Ende des Gangs rufen. Sie klackerte mit ihren hohen Schuhen durch die Gänge und warf mir nur einen enttäuschten Blick zu, als sie bei uns ankam und an der Tür des Direktors klopfte.

Ich stand auf, warf Thomas nochmal einen entschuldigenden Blick zu und folgte meiner Mom ins Direktorat.

-

Ich lag in meinem Zimmer auf dem Bett und kühlte meine Hand, als jemand an der Tür klopfte.

"Hey.", entgegnete Abby vorsichtig, während sie ihren Kopf durch meine Tür steckte.

"Hi."

"Ich hab mitbekommen was heute in der Schule passiert ist. Gehts dir gut?", wollte sie wissen. Ich nickte nur und setzte mich auf, während sie auf mich zu kam und sich ans Bett Ende setzte.

"Was ist passiert?", hakte sie nach.

"Du weißt doch schon was passiert ist.", murmelte ich.

"Aber nicht warum es passiert ist...", erwiderte sie. Ich seufzte.

"Ich hab die Kontrolle verloren.", gab ich schwerlich zu. Sie biss sich auf die Unterlippe.

"Du würdest suspendiert?", fragte sie. Ich nickte.

"Lags an Ethan?", hinterfragte sie weiter. Ich schluckte laut, bevor ich auch nur nicken konnte.

"Ich hab gesehen wie er Mike geküsst hat und die Wut ist einfach nur in mir aufgestiegen. Ich konnte nichts machen.", versuchte ich mich zu rechtfertigen.

Abby nickte nur. Und plötzlich hielt sie inne. Als ob sie über ihre nächsten Worte nachdenken würde.

"Ich sag das echt ungern, Dyl. Aber du kannst nicht jedes Mal aus ticken, sobald du auch nur mit dem Gedanken spielst jemanden zu verlieren. Nachdem Dad den Unfall hatte, warst du wochenlang wie gelähmt und als FP ins Gefängnis kam, konntest du kaum aufrecht stehen. Du hast dich vor einem Spiel betrunken, nur weil Ethan eine Pause wollte und du bist vollkommen ausgerastet, als du realisiert hast, dass Ava viel Zeit mit Colton verbringen würde und du sie dadurch an ihn verlieren könntest, genauso wie bei Thomas und mir. Du hast verdammt nochmal einen Spiegel mit deiner bloßen Hand zerbrochen, weil Ethan einen anderen Jungen geküsst hast! Dylan, ich liebe dich und genau deswegen musst du verstehen, dass du vielleicht Hilfe brauchst. Du kannst dich nicht jedes Mal wieder selbst zerstören, nur weil Menschen, die du liebst vielleicht auf Abstand gehen. Klar, ich verstehe, dass das Gefängnis dich verändert hat und das ganze vielleicht verstärkt hat, jetzt wo diese ganze Sache mit der Aggression dazu kommt, aber du kannst das nicht für immer als Ausrede verwenden, wenn du dein Leben wieder aufbauen willst. Ansonsten zieht dich das immer wieder runter."

Mir war nicht klar, wie das aussah. Mir war nicht klar, dass es schon immer irgendwie so war. Dass ich nicht loslassen konnte. Und dass das Gefängnis das alles nur verstärkt hatte. Und plötzlich spürte ich eine Träne meine Wange entlang laufen.

Abby hatte Recht. So weiter machen konnte ich nicht. Ich musste endlich anfangen was zu ändern. Von genau diesem Moment an.

Growing up in RiverdaleWhere stories live. Discover now