82. Kapitel

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"Dein Zimmer sieht genauso aus, wie du es in Erinnerung hast. Die Küche haben wir renoviert, der Rest ist wie gewohnt.", erzählte meine Mutter so schnell, dass ich kaum ein Wort verstand. Ich nickte nur und wartete darauf, dass sie ihre Schlüssel aus der Tasche kramte.

Als sie die Tür endlich öffnete, lief ich ins Haus  und sah mich um. Tatsächlich. Alles genauso wie ich es in Erinnerung hatte. Ein ganzes Jahr. Ich seufzte.

Ohne etwas zu sagen, lief ich die Treppen hoch in mein Zimmer. Ich ließ mich einfach auf mein Bett fallen und starrte die Decke an.

Jemand klopfte vorsichtig gegen den Türrahmen, weswegen ich mich aufsetzte.

"Alles okay, Schatz?", hinterfragte meine Mom. Ich nickte.

"Falls du irgendwas brauchst, sag Bescheid.", versicherte sie noch. Ich lächelte. "Danke Mom, aber mir geht's gut."

Sie nickte und verließ mein Zimmer.

Ich schoss die Tür und sprang unter die Dusche. Danach zog ich mir frische Klamotten an und eilte wieder die Treppen runter. Mein Dad bemerkte mich und sah mich fragend an.

"Wohin gehst du schon so früh?", hakte er nach.

"Ich muss nur schnell was klären, Dad. Bin vorm Abendessen wieder da.", versicherte ich, während ich in meine Schuhe schlüpfte.

"Pass auf dich auf.", rief er mir noch hinterher. Ich nickte nur, obwohl mir klar war, dass er mich nicht sehen konnte und eilte dann aus dem Haus.

Ich lief direkt auf das Haus nebenan zu. Es gab eine Person mit der ich unbedingt reden wollte. Ava Andrews. Ich stand vor der Haustür und räusperte mich, bevor ich auf die Klingel drückte.

Ich wusste gar nicht was ich sagen sollte.

Die Tür wurde mit einem Schwung geöffnet und vor mir stand Ava's Mutter, Betty. Ich lächelte sie an.

"Hi, Mrs. Andrews.", begrüßte ich sie höflich.

"Dylan, du bist..."

"... wieder raus. Ja.", unterbrach ich sie. Sie nickte etwas überrascht. Ich räusperte mich.

"Ist Ava da?", hinterfragte ich dann.

"Öhm... j-ja klar.", entgegnete sie etwas unsicher. Ich spürte, dass sie sich nicht wohl fühlte in meiner Gegenwart. Ich seufzte.

"Sie ist oben. Geh einfach hoch.", erkläre sie und trat zur Seite. Ich nickte und bedankte mich höflich. So wie sie mich ansah, wärs ihr lieber gewesen, wenn Ava nicht zuhause gewesen wär.

Ich lief die Treppen ziemlich eilig hoch und klopfte an Ava's Zimmertür, bis ich sie rufen hörte, dass ich rein kommen darf.

Ich spürte wie mein Herzschlag sich beschleunigte. Lange war ich nicht mehr so aufgeregt gewesen.

Ich betrat das Zimmer vorsichtig und erkannte sie auf dem Bett sitzen. Sie sah zu mir auf und ihr Mund klappte beinahe automatisch auf.

"D-Dylan...", murmelte sie vor sich hin. Ich lächelte. "Hey, A."

Für eine kurze Sekunde bereute ich es her zu kommen, doch dann stieg sie vom Bett und lief auf mich zu. Sie schloss mich in eine Umarmung und ich legte meinen Kopf auf ihrem ab. Sie drückte mich beinahe zu Tode und es tat unglaublich weh, da sie meine ganzen Verletzungen nicht kannte, doch das war alles egal. Sie umarmte mich und sie verurteilte mich nicht. Sie hatte mich vermisst und das war alles was ich mir erhofft hatte.

Eine Minute oder länger standen wir so da und bewegten uns nicht, bis sie sich von mir löste und ich eine Träne auf ihrer Wange erkannte. Vorsichtig wischte ich sie weg und lächelte sie unbemerkt an.

"Es gibt keinen Grund mehr zu weinen.", murmelte ich.

"Verdammt, ich hab dich so vermisst...", schluchzte sie.

Ich atmete erleichtert auf. "Ich hab dich auch vermisst, A."

Sie zog mich zum Bett und wir setzen uns einander gegenüber hin. "Erzähl mir alles was ich verpasst habe.", grinste ich.

"Deine Schwester und Tommy sind irgendwie ein Paar, Colton und ich haben seit Monaten kein Wort miteinander gewechselt, Sophia und Nick sind komplett kein Teil unserer Gruppe mehr. Naja, irgendwie gibt es ohne dich keine Gruppe. Carl Matthews hat ein paar legendäre Partys geschmissen. Und... dann gibts da noch..."

"Ethan.", vervollständigte ich ihren Satz. "Wie geht's ihm?"

"Wie lange hat er dich nicht mehr gesehen?", stellte sie eine Gegenfrage.

"Ca. 6 Monate.", erklärte ich. Sie seufzte.

"Wie geht's ihm?", fragte ich wieder.

"Dyl, e-er hat einen... Freund.", berichtete sie direkt, ohne auf meine eigentlich frage einzugehen. Ich hielt inne. Er hat einen Freund.

"Einen festen Freund.", murmelte ich vor mich hin.

"Tut mir so leid, Dylan.", entgegnete sie vorsichtig.

"Nein, er hat das Recht dazu. Er hat mir gesagt, dass es vorbei ist. Ich hatte nur nicht erwartet, dass...", ich beendete den Satz nicht.

"Willst du ihn sehen?", fragte Ava.

"Mehr als alles andere... aber ich kann nicht.", seufzte ich. Sie schien ziemlich überfordert, als ob sie nicht wusste, was sie sagen soll.

"Ich sollte gehen, meine Eltern machen sich sonst wieder unnötig sorgen um mich.", erklärte ich. Sie nickte und bevor ich ging, hielt sie mich nochmal auf.

"Ich bin froh, dass du wieder da bist.", murmelte sie. "Und... es tut mir leid, dass du das durchstehen musstest, Dyl. Ich hoffe wirklich, dass sie beweisen können, dass du nichts mit diesem Mord zu tun hattest."

Ich hielt inne. Sie denkt immer noch, dass ich nichts damit zu tun hatte... Ich schluckte laut.

"Danke, A.", entgegnete ich noch, bevor ich ging.

Sie lächelte nochmal und ich verließ ihr Zimmer.

-

"Wo warst du?", fragte Abby, als ich das Haus betrat.

"Bei Ava.", erklärte ich kurz und lief dann die Treppen hoch an ihr vorbei. Sie sah mir hinterher und folgte mir aus irgendeinem Grund.

"Was gibt's?", fragte ich etwas erschöpft.

"Ich hab was für dich.", entgegnete sie nur und lief in ihr Zimmer. Ich blieb im Flur stehen und wartete.

Sie kam aus dem Zimmer gelaufen. In der Hand hielt sie eine kleine Box.

"Ein ganzes Jahr, Dylan. Ich weiß, dass es verdammt schwer für dich war und du eine Menge durchmachen musstest. Und ich weiß auch, dass du verdammt stark warst und das ganze durchstehen konntest. Ich hab so viele offene Fragen und trotzdem kann und will ich sie nicht stellen, weil ich weiß, dass du sie nicht beantworten möchtest. Was du durchgemacht hast ist jetzt ein Teil von dir aber trotzdem deine Vergangenheit. Du bist wieder zuhause. Du darfst endlich wieder Luft holen. Und alles was ich tun will, ist dir das hier zu schenken. Mein älterer Bruder ist im Gefängnis 18 Jahre alt geworden und hatte niemanden, mit dem er das feiern konnte. Happy Birthday, Dylan."

Ich schluckte laut. Ich war so unglaublich überfordert, dass ich nicht wusste, was ich sagen sollte. Stattdessen umarmte ich sie einfach. Ich drückte sie an mich und schloss die Augen. "Danke.", flüsterte ich. Sie drückte mich nur und legte mir die Box in die Hand, nachdem sie sich von mir löste.

Sie verschwand in ihrem Zimmer und ließ mich mit der kleinen Box stehen. Ich öffnete sie und erkannte einen kleinen Anhänger. Und darunter ein Stück Papier. Der Anhänger war ein Anker. Ich lächelte.

Auf dem Papier stand eine Nummer, als ich es umdrehte erkannte ich eine Aufschrift.

'Ethan's neue Nummer. Er liebt dich noch.'

Ich holte tief Luft. Ich war mir nicht sicher, ob das stimmte. Alles was ich wusste, war dass ich mich bei ihm entschuldigen wollte, ihm sagen wollte wie verdammt wichtig er mir ist und dass ich ihn liebe. Wie ich das anstellen wollte, stand noch offen.

Growing up in RiverdaleDove le storie prendono vita. Scoprilo ora