~Kapitel 12~

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Am nächsten Morgen wachte ich mit Shawn's Arm um mich gewickelt auf und fuhr sanft die Tattoos auf seiner Haut nach. Ich genoss diesen kurzen Moment zwischen Schlaf und wach sein, in dem sich für einen Moment Alles anfühlte, als wäre es okay. Es war nur der Bruchteil einer Sekunde, bis die bösen Gedanken wieder auf einen einprasselten, doch für diesen einen Moment wachte ich jeden Morgen auf.

Ich richtete mich auf, als ich wieder an den anstehenden Test dachte und schob direkt wieder Panik, als wüsste ich nicht mehr, was überhaupt das Thema war. Dabei war ich in Physik, wie in jedem anderen Fach auch, ziemlich gut. Allerdings hätte ich das bis zum gestrigen Tag auch über Biologie behauptet und da hatte ich absolut versagt.

Shawn brummelte verschlafen vor sich hin, was mir ein sanftes Lächeln bescherte. Ich küsste kurz seine Wange, woraufhin er zu blinzeln begann und mich schließlich aus verschlafenen Augen musterte.

Er nahm eine meiner orangenen Strähnen zwischen die Finger und begann damit zu spielen, wie eine aufgeregte kleine Katze. Die Art, wie er mich ansah, ließ mich einen Moment lang so fühlen, als wäre ich gar nicht abstoßend und schlecht für ihn. Ich fühlte mich gut, wenn er mich so betrachtete, geliebt und bewundert.
Doch das war unmöglich.

Das Lächeln fuhr mir aus dem Gesicht und ich nahm Abstand zu ihm, um aufzustehen und mich für die Schule fertig zu machen. Wieder wählte ich eine einfache Jeanshose und einen Hoodie.
Immerhin würde ich nach dem Test wieder verschwinden und selbst wenn nicht, wäre mir mein Aussehen herzlich egal.

Shawn fuhr mich wie versprochen zur Schule und ließ mich auf dem Parkplatz aussteigen. Er küsste meine Wange und wünschte mir viel Glück.
Nachdem ich ausgestiegen bin, stellte er sich auf einen der freien Parkplätze, stieg aus und streckte sich gähnend, bevor er sich gegen das Auto lehnte.
Plötzlich ertappte er mich dabei, wie ich ihn beobachtete und zog eine Augenbraue nach oben.

Er würde wirklich hier warten, bis ich fertig war. Womit hatte ich einen derartigen Mann nur verdient?
Ich hob meine Hand kurz um ihm zu winken und er schüttelte lächelnd den Kopf.

Danach betrat ich das Schulgebäude, lief zu meinem Klassenzimmer und brachte die zweite Prüfung für diese Woche hinter mich.

Schließlich war ich mit meiner Leistung zwar nicht zufrieden, doch es lief wesentlich besser als der Test gestern.
Trotzdem konnte ich mich kein bisschen darüber freuen, ihn hinter mich gebracht zu haben. Im Gegenteil, ich begann mir sofort Gedanken darüber zu machen, dass ich wesentlich besser abgeschnitten hätte, wäre die komplette Situation gerade anders.

"Hey, hast du Physik oder Chemie geschrieben?", ertönte plötzlich eine Stimme hinter mir und ich drehte mich erschrocken zu Scarlett um.

Das konnte doch wohl nicht wahr sein, dachte sie wirklich ich würde auf ihren seltsamen Versuch mich zu verarschen, reinfallen? Zum Teufel, nein.
Ich verdrehte die Augen und ging einfach an ihr vorbei, doch sie folgte mir die Treppen hinunter, bis wir beim Ausgang der Schule ankamen.

"Also ich hab Chemie geschrieben, bin aber unglaublich schlecht gewesen", erzählte sie locker, als wären wir seit Jahren befreundet.
Okay, ich hatte keine Ahnung wie man sich verhielt, wenn man seit Jahren befreundet war, immerhin wurde mir diese Ehre nie zu Teil aber sie verhielt sich trotzdem komisch, soviel konnte selbst ich sagen.

"Wieso erzählst du mir das?", fragte ich also leicht genervt und wich ihrem Blickkontakt aus.
Sie zuckte mit den Schultern und nahm eine Wasserfalsche aus ihrer Handtasche, um daraus zu trinken.
Wieso nahm man eine Handtasche, um seine Schulsachen aufzubewahren? Das hatte ich nie verstanden. Ich konnte mir zwar nie eine richtige Handtasche leisten, doch ein Rucksack erschien mir sowieso viel praktischer.

"Wieso denn nicht? Ich führe Smalltalk", gab sie verwirrt von sich.

"Okay, also ich führe keinen Smalltalk", gab ich trocken von mir und bemerkte erst jetzt, dass ich mir scheinbar viel von Shawn abgeschaut hatte. Ich verhielt mich Fremden gegenüber, wie er sich mir gegenüber verhalten hatte.

"Wieso nicht? Das macht man so unter Freunden", sagte sie nun noch verwirrter und ich kniff die Augenbrauen zusammen.
Vielleicht machte sie das so, mit ihren Freunden. Doch ich hatte keine Freunde und ich führte auch kein Smalltalk.

"Alles okay bei dir?", fragte plötzlich Shawn, der aus dem Nichts neben mir auftauchte.
Also natürlich kam er vom Parkplatz, doch ich hatte nicht gemerkt, dass er zu uns gelaufen ist.

"Wir freunden uns nur gerade an", erzählte Scarlett und ich begann langsam wirklich an ihrem Verstand zu zweifeln.

Nichts hier wirkte danach, als würden wir uns anfreunden und das wollte ich auch gar nicht. Erst gestern hat sie sich über mich lustig gemacht.

"Nein tun wir nicht", murmelte ich überfordert, doch Scarlett ignorierte meine Worte und hielt Shawn plötzlich die rechte Hand hin.

"Ich bin Scarlett", sagte sie schließlich und Shawn schüttelte kurz ihre kleine, gebräunte Hand. Ich hingegen sah ihm an, dass ihn der Name dieses Mädchens genauso wenig interessierte, wie mich.

"Lass uns gehen", sagte ich leise an Shawn gerichtet und klammerte mich an seinem Arm fest, sodass wir zusammen zu seinem Auto laufen konnten.

In mir hatte sich schon wieder eine extreme Wut angesammelt und ich spürte, wie meine Hände vor Anspannung zitterten.

"Bis dann Nova!", rief Scarlett uns hinterher und ich biss fest die Zähne zusammen.

Was zum Teufel wollte sie von mir? Es war offensichtlich, dass sie irgendeinen Plan hatte und das machte mir Angst. Das letzte das ich gebrauchen konnte, war in irgendein Teenage Drama verwickelt zu werden. Dachten sie denn auch wirklich, ich wäre so dumm?
Es lag auf der Hand, dass Caroline Scarlett dazu aufgefordert hatte, sich mit mir anzufreunden, damit sie möglichst viele bloßstellende Informationen über mich in Erfahrung brachte.
Und darauf konnte ich gut und gerne verzichten.

"Also wo willst du essen gehen?", fragte Shawn als wir im Auto saßen und er vom Parkplatz fuhr.

Mein Blick richtete sich auf meine verkrampften Hände, die in meinem Schoß lagen und ich biss mir kurz auf die Lippe, bevor ich zu ihm rüber sah.

"Können wir einfach nach Hause?", fragte ich "Mir ist irgendwie nach.. können wir trainieren?", wollte ich wissen und Shawn sah kurz überrascht zu mir, bevor er nickte und den Weg nach Hause fuhr.

Auf dem Weg verstärkte sich die Wut in mir immer weiter, weil ich genau wusste, dass ich gleich die Möglichkeit hatte, sie rauszulassen.

Es fühlte sich an, als müsste ich gerade all die Wut sammeln, um so viel wie möglich gleich loswerden zu können.

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Sorry hab gestern vergessen zu updaten. Viel Spaß beim Kapitel. Wie wird das Training enden?

S.M.|| Saints - A Shawn Mendes FanfictionWhere stories live. Discover now