Kapitel 17

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(Ryan POV)

Während sich Leila umzog, sah ich mich in ihrem Zimmer um. Ich war zwar schon einmal hier gewesen, aber da hatte ich nur auf sie geachtet. Ich musste an den Augenblick von gerade eben zurück denken. Sie hat so hilflos und verloren ausgeschaut, als ich ihr erzählt hatte, was ich vorhatte und sie wusste, dass sie nichts dagegen tun konnte. Sogar so hilflos sah sie wunderschön aus. Ganz anders als alle anderen Mädchen, die sich immer an mich ranschmissen. Leila hatte eine ganz besondere Ausstrahlung, doch ich wusste nicht genau warum. Vielleicht war es aus demselben Grund, weshalb ich sie zur Liga der Schwarzen bringen sollte. Als ich meine Mission bekommen hatte, hatte mir keiner den Grund genannt, warum ich sie ihnen ausliefern sollte. Aber als ihr bester Mann sollte man die Befehle nicht hinterfragen sondern ausführen. Und genau deshalb stand ich hier in diesem Zimmer. Schnell vertrieb ich die Gedanken von Leilas wundervollen blauen Augen und konzentrierte mich auf das, warum ich hier war! Ich durfte mir keine Fehler erlauben. Ich musste ihr Vertrauen für mich gewinnen und das hieß, ihr näher zu kommen. Und ich musste aufpassen, dass ich meine Gefühle wegsperrte. Diese durften meine Mission nicht behindern! Als ich hörte, dass die Tür vom Bad geöffnet wurde, drehte ich mich in Leilas Richtung. Sie hatte eine schwarze enge Hose an und ein weißes Top an, welches unten an der Naht mit Ranken verziert hat. Ihre schwarzen Locken umrahmten ihr Gesicht. Die Spotklamotten brachten ihren kurvigen schlanken Körper gut zu Geltung.
Du musst deine Gefühle wegsperren, du Idiot!!
„Folge mir!"
Damit machten wir uns auf den Weg. Ich hoffte, dass ich meine Idee nicht bereuen würde. Abgesehen davon brauchte Leila sowieso Training sonst würde einer der Lehrer das Training übernehmen. Und das durfte nicht passieren sonst hatte ich die beste Chance, die ich haben werde, verspielt.

(Leila POV)

Leise schlichen wir durch das Schulgebäude. Einmal mussten wir uns in einer Nische verstecken, weil eine der Putzfrauen an uns vorbei ging. Danach schlichen wir in einen Gang. „Wo sind wir? Ich war hier noch nie.", fragte ich flüsternd. „Das hier ist der Zugang der Lehrer zu den Hallen. „, erklärte Ryan. Ich ging zur Tür und wollte sie öffnen. Doch sie blieb verschlossen. Fragend sah ich Ryan an, der mit einem Finger auf die Wand neben mir deutete. Er ging auf die Wand zu und murmelte irgendwas. Kurz drauf war er verschwunden.
Scheiße!? Wo ist er hin??
Verzweifelt rief ich so leise wie möglich nach ihm. Er war zwar ein Idiot. Trotzdem machte ich mir Sorgen um ihn. „SCH! Schrei doch nicht so. Leila mir geht es gut.", hörte ich Ryans Stimme. Ich drehte mich zu der Stelle, an welcher er verschwunden war. Ryan stand putzmunter vor mir. „Aber...wie..?", stotterte ich vor mich hin und zeigte auf die Wand. „Das hier ist ein Notfallausgang für die Kampfhalle. Wenn man das Codewort sagt, kommt man hindurch. Eigentlich wissen nur die Kampflehrer und der Direktor das Wort, aber zu meinem Glück habe ich es mal bei einem Gespräch aufgeschnappt. Also komm!", sagte er und bot mir seine Hand. Skeptisch legte ich meine Hand in seine. Kaum hatte ich das gemacht, zog er mich auch schon durch die Wand. Es war ein komisches Gefühl. Wie kalter Schleim der über die Haut fährt. In der Halle angekommen, war es sehr finster. Ryan holte eine Fackel raus und entzündete sie mit einem einfachen Schnippen. Erstaunt sah ich ihn an. „Was schaust du denn so? Das kannst du doch auch.", sagte er lachend. Verblüfft sah ich in an. Ich hatte ihn noch nie lachen hören. Also ein echtes Lachen, kein verächtliches. Es klang tief und warm. Auch das Lächeln auf seinem Gesicht war wunderschön. Ich hatte gar nicht gemerkt, dass ich ihn auch anlächelte. „Ähm...was machen wir jetzt?", fragte ich verlegen. „Also als erstes erkläre ich dir mal, wie man kämpfen kann.", meinte er. „Du hast ja gesehen, dass wir mit unseren Waffen trainieren und natürlich auch mit unseren Elementen. Aber um eine größere Gefahr im Kampf darzustellen, kann man auch beides kombinieren. Das heißt, du kämpfst mit Element und Waffe gleichzeitig.", meinte er grinsend. „Da du dein Element schon gut beherrscht, müssen wir uns mit den Waffen beschäftigen.", sagte er ehrlich. „Können wir mal eine andere Waffe benutzten? Ich mag Schwerter nicht.", gab ich zu. Verlegen blickte ich zu Boden. „Das muss dir bestimmt nicht peinlich sein. Ich hätte sowieso mit was anderem begonnen. Das Schwert ist für dich schwer zu führen, da du noch nicht die Kraft dafür hast. Deshalb wirst du träge und langsam. Also habe ich mir überlegt, dass wir mit denen hier beginnen.", lächelte er und griff hinter sich. Er zog zwei schimmernde Klingen hervor. „Das hier sind Dolche und ich hoffe, dass du damit besser zu Recht kommst. Da sie nicht schwer zu führen sind, kannst du dich auf deine Bewegungen konzentrieren und auf die deines Gegners.", erklärte er mir, während er mir die Dolche hinhielt. Ehrfürchtig nahm ich sie in die Hände. Ich betrachtete sie eingehend. Von der Spitze der Klinge bis zu ihrem Griff war sie mit den Zeichen der Elemente verziert. „Danke!", hauchte ich gerade laut genug, dass er es verstand. „Nichts zu danken.", flüsterte er hinter mir. Ich konnte seinen Atem im Nacken spüren. Ein kleiner Schauer lief mir den Rücken hinunter. Ich hatte überhaupt nicht gemerkt, dass er an mich heran getreten war. Langsam ging er um mich herum und blickte mir dabei durchgehend in die Augen. Ich wurde knallrot im Gesicht, da mir die Situation unangenehm wurde. „Also, wie fangen wir an?", fragte ich schnell. Ryan schien meinen Versuch, mich aus dieser Situation zu retten, zu merken. Aber anstatt mich zu ärgern wie sonst immer, ging er zu einem Regal und holte sich auch zwei Dolche. „Als Erstes zeige ich dir, wie man sie hält und danach bringe ich dir ein paar Bewegungsabläufe bei.", erklärte er und kam wieder zu mir. „Und noch eine Sache! Es ist sehr schwierig mit Dolchen zu blocken, also würde ich dir davon abraten. Außerdem hast du keine große Reichweite, weshalb du dich immer in Bewegung halten musst. Du musst versuchen auszuweichen und Schwachstellen in der Deckung deines Gegners suchen. Sollte es brenzlig werden, bring dich außerhalb der Reichweite deines Gegners.", erklärte er sachgemäß. „Na dann! Fangen wir mal an.", sagte ich motiviert.

Es stellte sich heraus, dass ich doch keine Niete war im Kampfsport. Schnell hatte ich die Bewegungsabläufe gelernt und angewandt. Also zeigte mir Ryan noch, wie man die Schwachstellen bei seinem Gegenüber erkennt. „Ich gebe es auf!", sagte ich frustriert. „Nein, dass solltest du nicht! Du hast doch heute erst angefangen, also gib dir ein bisschen Zeit. Du warst doch sehr gut!", munterte er mich auf. Dankend sah ich zu ihm. Zwar war ich immer noch verwirrt, warum er auf einmal so nett zu mir war, aber ich mochte diesen Ryan viel lieber.

Er hat ja Recht. Ich war wirklich gar nicht übel für den Anfang.

„Wir sollten für heute aufhören. Aber das ganze Wiederholen wir

jeden Abend bis ich sage, dass es reicht.", sagte er streng. Ich nickte ihm nur lächelnd zu. Leise schlichen wir uns wieder aus dem Gebäude. „Also gute Nacht. Du musst mich nicht begleiten. Ich schaff, dass schon." Bevor Ryan noch etwas erwidern konnte, drehte ich mich um und lief schnell in mein Zimmer. Dort angekommen ging ich schnell unter die Dusche. Ich war total fertig. Danach schlüpfte ich unter die Decke und schlief auf der Stelle ein.

***

Die nächsten drei Monate vergingen wie im Flug. Dank des Zusatztrainings am Abend mit Ryan machte ich große Fortschritte im Kampfsport. Es dauerte jetzt meistens 7 Minuten, bevor Ryan es schaffte, mich auf den Boden zu schicken. Außerdem gelang es mir immer öfter ein paar Treffer zu landen, also war ich nicht mehr die Einzige mit Kratzern und blauen Flecken. Was mein Element anging, schaffte ich es langsam mit Ryan mitzuhalten. Jason war genauso wie ich begeistert von meinen Fortschritten. Zum Glück konnten wir auch wieder normal miteinander umgehen. Er meinte auch, dass er drüber hinweg sei, dass ich seine Gefühle nicht erwidere. Dank Victorias Gerüchten wurde ich weiterhin mit verächtlichen Blicken bestraft. Aber ich ignorierte es so gut wie möglich. Langsam glaubte ich, dass Ryan und ich Freunde sein könnte. Im Unterricht war er zwar immer noch etwas abweisend, aber sobald wir allein waren war er immer sehr nett. Ich war sehr froh endlich diese Seite an ihm zu sehen. In den Weihnachtsferien besuchte ich Livia und Jacob. Natürlich verbrachte ich auf viel Zeit mit Alex und Liam. Leider verging die Zeit viel zu schnell.

Heute war der 28. Februar und wir hatten nur noch drei Wochen bis zu den Turnieren. Ryan und ich trainierten wieder heimlich. „Komm schon, Leila. Das kannst du besser!", sagte er enttäuscht. Er hatte mich gerade zum 10ten Mal am heutigen Abend entwaffnet. Frustriert blickte ich auf die beiden Dolche zu meinen Füßen. „Man, es tut mir leid. Ich muss nur die ganze Zeit an das Turnier denken.", gab ich zu. „Ich meine, ich halte da doch keine fünf Minuten durch. Ich wette mit dir ich bin nach der ersten Runde rausgeflogen." Lächelnd sah er mich an und kam auf mich zu. „Du gehst mit dir viel zu hart ins Gericht! Du bist heute nicht bei der Sache. Das ist alles! Außerdem kannst du ja auch dein Element benutzten. Und dann bist du den meisten viel Schritte voraus.", munterte er mich auf. „Wenn du willst können wir für heute aufhören." Seine Stimme war voller Wärme.

Nein, ich konzentriere mich jetzt. Ich will einmal gegen ihn gewinnen! Das nehme ich mir jetzt schon seit Wochen vor!

„Nein! Wir machen weiter. Ich schaffe das!", sagte ich mehr zu mir selbst als zu ihm. Ryan verstand es aber trotzdem und ging in Stellung. Ich schnappte mir meine Dolche und baute mich wachsam vor Ryan auf. Immer darauf bedacht jedes noch so kleine Zucken zu bemerken. DA! Kaum nachdem ich ein leichtes Zucken in seinem rechten Bein bemerkt hatte, sprang er schon auf mich zu. Schnell duckte ich mich unter seinem Arm hindurch und drehte mich so, dass sein Rücken frei vor mir lag. Ich sprang und hängte mich um seinen Hals. Schnell legte ich einen Dolch an seinen Hals und hielt mit dem Anderen seinen Schwertarm fest. „Jetzt wärst du tot.", flüsterte ich ihm ins Ohr. Langsam ließ ich mich von seinem Rücken gleiten. Triumphierend sah ich ihn an, als er sich lächelnd zu mir umdrehte. „Na schau! Es geht doch.", sagte er stolz. „Und jetzt wiederholen wir das Ganze und ich halte mich mal kein bisschen zurück.", sagte er geheimnisvoll. Voller Tatendrang ging ich vor ihm in Stellung. Leider verlief es dieses Mal nicht so leicht. Ich schaffte es zwar, Ryans Schlägen auszuweichen, aber ich fand keine Schwachstelle in seiner Deckung. Er drängte mich immer weiter zurück. Gerade als ich nicht aufpasste holte er mit dem Schwert aus. Panisch sah ich auf das herabsausende Schwert. Ich konnte es nicht blocken. Plötzlich spürte ich einen Impuls aus meinem Inneren. Schnell ließ ich mich auf die Knie fallen und schlag Ryan seine Beine unter dem Körper weg. Er landete krachend auf dem Boden. Bevor er sich auf die Seite rollen konnte, hielt ich ihm einen Dolch an die Brust. „Ergibst du dich?", fragte ich süffisant. Ryan fing laut an zu lachen. „Ja, ich ergebe mich. Gut gemacht, Prinzessin.", lobte er mich. Perplex sah ich ihn an. Das war das erste Mal seit Langem, dass er mich so nannte. Und es war das erste Mal, wo es mich nicht störte.




Legende des Phönix - Wiedergeboren (Bd. 1)Where stories live. Discover now