Kapitel 54

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Wie so oft in letzter Zeit wanderte mein Bewusstsein weiter zu Alistair. Verwundert stellte ich fest, dass wir uns wieder im Schwarzen Wald befanden. Verstohlen nahm ich alle Eindrücke in mich auf. Immerhin würden wir hier auch bald durchmarschieren müssen. Vielleicht hatte ich ja Glück und Alistair würde wieder zurück zum Schloss gehen. Doch leider war das Wohl nicht der Fall. Ich konnte die Wut in seinem Inneren brodeln fühlen, doch anders als sonst wusste ich auch den Grund dafür. Doch ich konnte nicht sagen, woher... Alistair war wütend auf seine Geschwister. Aber warum? Schnaufend stapfte er durch den Wald und riss einen Baum nach dem Anderen gewaltsam aus dem Boden. Ich wusste nicht, wie lange er schon hier draußen war, doch ich konnte sehen, dass er in dieser Zeit ein furchtbares Chaos angerichtet hatte. Überall lagen zerstörte Baume und einige von den noch Stehenden brannten lichterloh.

„Vater hätte mir schon längst ein eigenes Heer zugeteilt!", schrie er plötzlich laut hinaus und schlug auf einen Baum neben ihn ein. Anscheinend war das nicht das erste Mal, denn seine Knöchel waren alle schon blutig. Ein kalter Schauer lief meinen Rücken hinunter, als ich diese Wut in seiner Stimme hörte. ,,Ich dachte, ich hätte mich Damon bewiesen!", wütend blickte er in eine bestimmte Richtung, als würde sein Bruder plötzlich zwischen den Bäumen hervorkommen. ,,Und Azrael.... Wie konnte er mir nur so in den Rücken fallen? Ich hatte ihn schon immer vor Damon und Luzifer verteidigt.... Und dieses dreckige Schwein! Dieser Abschaum hält einfach zu Damon, obwohl er weiß, dass ich beriet dafür bin. ALLE WISSEN ES!", brüllte er. Wenn es in diesem Wald auch nur ein einziges Tier geben würde, wäre es spätestens bei diesem Schrei geflüchtet. Doch zu meiner Verwunderung spürte ich, wie Mitleid in mir aufkam, als ich eine wahnsinnige Enttäuschung in Alistairs Stimme heraus hörte.

„Ich werde diesen Idioten schon beweisen, dass ich zu mehr fähig bin als sie! Ich werde den Phönix eigenhändig beschaffen... Dann werden sie mir endlich den Respekt zeigen, den ich verdiene." Das waren die letzten Worte Alistairs, die ich noch hören konnte, bevor ich aus meinem Schlaf gerissen wurde.

Ich konnte spüren, wie mich jemand kräftig an den Schultern gepackt hielt und mich fest durchschüttelte. Genervt öffnete ich meine Augen und starrte geradewegs in Ryans Gesicht. „Was ist?", murrte ich genervt. Traurig sah er mich an, bevor alle Emotionen aus seinem Gesicht wichen und er mir monoton antwortete. Auch wenn ich es nicht zugeben wollte, vermisste ich den alten Ryan.... Den Jungen, der mich geküsst hatte.... Der Junge, der mich zum Lachen gebracht hatte.... Den Jungen, den ich immer noch liebte! Ich konnte wieder dieses schmerzhafte Stechen in meiner Brust spüren, als ich ihn so sah.

Dochschnell erinnerte ich mich daran, dass er eigentlich beauftragt worden war michauszuliefern... Obwohl ich schon des längeren Zweifel an dieser Aussage hatte. Erverhielt sich ganz anders. Und er hatte mich doch immer nur beschützt! Auch vorden Schattenwesen. Vielleicht war es langsam mal an der Zeit, mit ihm darüberzu reden. Über das Gespräch zwischen ihm und seinem Vater. 

„Leila! Hörst du mir überhaupt zu?", riss mich eine Stimme aus den Gedanken. Verwirrt blickte ich zu Ryan auf, der mich mittlerweile genervt anblickte. „Was hast du gesagt?", murmelte ich leicht verlegen. „Wir suchen uns einen Rastplatz.", schnaufte er. Erst jetzt bemerkte ich, dass die Sonne aufgegangen war. Jason und Moon schienen sich anscheinend schon angeregt zu unterhalten, wo wir landen würden. Neugierig widmete ich meiner Aufmerksamkeit der Landschaft unter uns, die stetig an uns vorbeizog. Unter uns befand sich ein dichter Wald, der es uns sicherlich schwer machen wird zu landen. Aber ich vertraute auf Cronos, dass er uns sicher nach unten bringen würde. Schnell suchte ich nach der Verbindung in meinem Innern.

Wie geht es dir Cronos?

Ich brauche eine Pause. Es ist schon lange her, dass ich so lange geflogen bin. Aber ich kann spüren, dass wir dem dunklen Wald näher kommen. Ich spüre seine Dunkelheit... Sie rückt immer näher. Macht euch bereit ich werde jetzt landen!

Bald standen wir auf dem Boden. Cronos hatte sich nicht weit von uns zusammengerollt und lag nun friedlich schlafend da. Fürsorglich strich ich über seine weichen Federn. Ryan, Jason und Moon hatten sich mittlerweile zusammen gesessen und hatten etwas Proviant herausgeholt. Jason kam mit einem Schmunzeln im Gesicht auf mich zu. In seiner Rechten hielt er einen kleinen Beutel, in dem sich wahrscheinlich getrocknete Früchte oder getrocknetes Fleisch befanden. „Du musst etwas essen. Setz dich doch zu uns.", sagte er sanft und nahm mich am Arm. Ein angenehmes Prickeln lief meinem Arm hinab, wo er mich berührte. Zuerst war ich etwas verwundert, doch dann ich ignorierte das Gefühl einfach. Seufzend ließ ich mich neben Moon nieder. Eigentlich wollte ich nicht schon wieder damit anfangen, doch es gab keinen Weg daran vorbei.

„Alistair wird mich suchen kommen! Genau in diesem Moment macht er sich auf den Weg..."

Legende des Phönix - Wiedergeboren (Bd. 1)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt